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Kolloidales Lignin als umweltfreundlicher Sonnenschutz

Viele alltägliche Produkte, etwa Hautcremes oder Lacke, enthalten synthetische UV-Blocker. Die Firma Lignovations, ein Spin-off der TU Wien, entwickelt biobasierte Alternativen.

Drei Personen im Labor, dahinter eine Anlage mit Röhren und einem Bildschirm

Martin Miltner, Angela Miltner und Stefan Beisl (von links)

Lignin gehört zu den häufigsten organischen Verbindungen überhaupt. Es ist ein Biopolymer, das in die Zellwände von Pflanzen eingelagert wird und eine Verholzung bewirkt. Aus technischen und wirtschaftlichen Gründen wird das Material heute aber stofflich kaum genützt und meist nur zur Energiegewinnung in der Papier- und Zellstoffindustrie verbrannt. Wie sich zeigt, kann man Lignin aber auch einsetzen, um Aufgaben zu erfüllen, für die man bisher synthetische Substanzen benötigt hat – etwa in der Kosmetikindustrie. Im Gegensatz zu vielen synthetischen Substanzen, die wir heute verwenden, ist Lignin nachhaltig, biologisch vollständig abbaubar, sowie ökologisch und auch für den Menschen unbedenklich.

An der TU Wien wurden im Team von Prof. Anton Friedl Ideen dazu entwickelt: Dank einer Finanzierung durch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung im Rahmen eines von der FFG abgewickelten Spin-off Fellowship Projekts konnte gezeigt werden, wie man kolloidale Partikel aus Lignin für industrielle Zwecke herstellen und nutzen kann. Nun wird das Spin-off „Lignovations“ gegründet, welches die Ideen gewinnbringend vermarkten soll.

Gesund und umweltfreundlich

Jeder Sonnencreme werden Substanzen beigemischt, die UV-Strahlung absorbieren, reflektieren oder streuen. Dabei handelt es sich um Chemikalien, die teilweise auf Produkten der Erdölindustrie basieren. Ein ähnlicher Effekt lässt sich aber auch mit kolloidalen Partikeln aus Lignin erzeugen. „Unsere Lignin-Partikel sind umwelttechnisch unbedenklich, sie sind auch für den Menschen gesünder. Sie haben antioxidative Eigenschaften, dadurch können sie vorzeitiger Hautalterung vorbeugen. Sogar antimikrobiell wirken diese Partikel – sie vereinen also gleich mehrere sehr positive Eigenschaften“, sagt Stefan Beisl.

Nicht nur in Kosmetikprodukten, sondern auch in Lacken und in Verpackungsmaterial könnten die Lignin-Partikel zum Einsatz kommen. Gewinnen kann man das Lignin aus biologischen Reststoffen, wie z.B. Sägemehl oder auch Weizenstroh.

„Lignin Partikel könnten eine zentrale Rolle dabei spielen, unsere Wirtschaft umzustellen, von einer ölbasierten Wirtschaft auf eine biobasierte Wirtschaft“, sagt Martin Miltner. Wie sich die Partikel herstellen und verwenden lassen, konnte im Forschungsprojekt bereits gezeigt werden. Nun geht es darum, das Verfahren vom Pilotmaßstab auf industriellen Maßstab hochzuskalieren und die Anwendungen, wie Sonnencremen und Lacke, mit Firmenpartnern zur Marktreife zu bringen. „Ehrgeiziges Ziel ist es, im Jahr 2023 ligninhaltige Endprodukte im Geschäft kaufen zu können“, erklärt Angela Miltner. Dazu soll ab Herbst 2021 in Niederösterreich ein Firmenstandort mit einer Produktionsanlage entstehen.

Kontakt

Dr. Stefan Beisl
Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften
Technische Universität Wien
+43 1 58801 166258
stefan.beisl@tuwien.ac.at