Richtlinien für die Bewertung der wissenschaftlichen Qualifikation bei Habilitationsansuchen und Hinweise für die Arbeit der Habilitationskommissionen an der Fakultät für Maschinenwesen und Betriebswissenschaften der TU Wien
Diese Richtlinien finden Anwendung für alle Habilitationsverfahren an der Fakultät für Maschinenwesen und Betriebswissenschaften der TU Wien, welche ab Oktober 2011 mit dem Antrag des Bewerbers / der Bewerberin eingeleitet werden. Hier und im Folgenden ist unter „Bewerber/in“ jene Person zu verstehen, die um Erteilung einer Lehrbefugnis ansucht.
Vorbemerkungen:
- Die „venia docendi“ stellt ein wissenschaftliches Qualifikationsmerkmal dar, welches mit großer Sorgfalt vergeben werden muss. Schließlich haben Dozent/inn/en das Recht, an unserer Universität in ihrem Habilitationsfach die wissenschaftliche Lehre frei auszuüben, Lehrveranstaltungen – auch ohne Beauftragung – anzukündigen und wissenschaftliche Arbeiten zu vergeben, zu betreuen und zu beurteilen. Es handelt sich demnach um den Erwerb substantieller akademischer Rechte.
- Es gibt drei Wege zur Erreichung dieses Qualifikationsmerkmals:
a) durch Berufung zum Universitätsprofessor/zur Universitätsprofessorin (für das Gebiet der Professur),
b) durch Bestellung zum Honorarprofessor/zur Honorarprofessorin (ehrenhalber verliehene Lehrbefugnis; eingeschränkt auf ein spezielles Gebiet),
c) durch Habilitation.
Um Letzteres soll es in dieser Richtlinie gehen. - Das Habilitationsverfahren ist im UG2002 allgemein und in der Satzung der TU Wien speziell für die TU Wien geregelt. Insofern haben diese Richtlinien Empfehlungscharakter, um zu vermeiden, dass potentielle Bewerber/innen sich auf der Grundlage unzureichender Informationen und damit womöglich unter falschen Voraussetzungen um die Einleitung eines Habilitationsverfahrens bewerben. Da in der Regel potentielle Bewerber/innen vom Leiter bzw. von der Leiterin der Arbeitsgruppe, der sie angehören, vor der Einreichung zur Habilitation beraten werden, sollen diese Richtlinien auch als Orientierung für diese Dozent/inn/en und Professor/inn/en dienen sowie dazu beitragen, für alle Bewerber/innen etwa gleiche und somit faire Voraussetzungen zu schaffen. Nicht zuletzt sollen diese Richtlinien der Qualitätssicherung dienen. Schließlich richtet sich diese Richtlinie natürlich auch an die Mitglieder der Habilitationskommissionen.
- Im Habilitationsverfahren wird geprüft und beurteilt, ob die gesetzesgemäß geforderte hervorragende wissenschaftliche Qualifikation sowie die erforderlichen didaktischen Fähigkeiten des/der Bewerber/in/s vorliegen. Dabei steht die Forschungsleistung gegenüber den didaktischen Fähigkeiten im Vordergrund.
- Es wird von potentiellen Bewerber/inne/n erwartet, dass sie sich vor der geplanten Einreichung zur Habilitation den Mitgliedern der Fakultät in einer kleinen Veranstaltung, die vom Dekanat organisiert wird, persönlich im Rahmen eines Vortrages vorstellen. Der Vortrag soll nicht länger als 20 Minuten dauern und Folgendes beinhalten:
- Motivation für ein allfälliges Habilitationsansuchen,
- Kurze Darstellung des wissenschaftlichen Werdegangs,
- Wissenschaftliches Arbeitsgebiet inkl. Übersicht über bisherige eigene wissenschaftliche Veröffentlichungen,
- Benennung des Fachgebietes, für welches die Habilitation angestrebt wird,
- Bezug zur TU Wien bzw. zur Fakultät,
- Übersicht über die bisher abgehaltenen Lehrveranstaltungen
Kriterium „hervorragende wissenschaftliche Qualifikation“:
Es ist im akademischen Bereich üblich, die wissenschaftliche Qualifikation hauptsächlich an Hand der Anzahl und der Qualität der wissenschaftlichen Publikationen (inklusive Patente mit wissenschaftlichem Inhalt) zu bewerten. Ferner können auch wissenschaftliche Projekte, die aufgrund eines inhaltlich positiv referierten Antrages zustande gekommen sind (zur Förderung angenommene, derzeit laufende, bereits abgeschlossene Projekte) in die Bewertung mit einfließen, wobei es ausschließlich auf den wissenschaftlichen Gehalt des Projektes ankommt.
Die Habilitationsschrift wird in zunehmendem Maß kumulativ, also als ein konsistentes Sammelwerk wissenschaftlich begutachteter und in angesehenen Fachzeitschriften erschienener bzw. zum Druck angenommener Publikationen erstellt (bzw. kann ein Teil dieser Veröffentlichungen auch Proceedings von renommierten, internationalen, wissenschaftlichen Fachtagungen entstammen bzw. aus substantiellen Beiträgen zu anderen wissenschaftlichen Sammelwerken bestehen), welche durch eine zusätzliche Erläuterung der thematischen Zusammenhänge der einzelnen Publikationen und des Zusammenhangs mit dem angestrebten Habilitationsfach ergänzt werden (z.B. in Form eines einleitenden Kapitels in der Habilitationsschrift).
Wird eine eigenständige Habilitationsschrift (Monografie, also kein Sammelwerk) eingereicht, so fordert die Satzung der TU Wien, dass diese bei einem wissenschaftlichen Verlag erschienen oder zur Veröffentlichung angenommen sein muss. Als wissenschaftliche Verlage gelten Verlage, die Manuskripte nicht nur auf formale, sondern auch auf inhaltliche wissenschaftliche Kriterien prüfen bzw. in einem Verfahren von Peers beurteilen lassen.
Ferner wird in der Satzung die Vorlage „sonstiger wissenschaftlicher Arbeiten“ verlangt, wobei natürlich die ggf. in der Habilitationsschrift verwendeten Arbeiten nicht zu diesen gezählt werden können.
Bei Vorhandensein von weiteren (Mit-)Autoren der eingereichten Publikationen ist in geeigneter Form nachzuweisen, dass der/die Bewerber/in substanzielle Beiträge zu den eingereichten Arbeiten geleistet hat.
Zur „Qualität der wissenschaftlichen Arbeiten“:
Dem Gesetz entsprechend, müssen die wissenschaftlichen Arbeiten in einem wissenschaftlichen Verlag erschienen bzw. zur Veröffentlichung angenommen sein. Folgende Kriterien gelten für vorliegende Habilitationsrichtlinien als wissenschaftliche Standards für Journale bzw. Konferenz-Bände:
Für Journale:
- Das Journal muss den üblichen wissenschaftlichen Standards genügen. Um als „referiert“ zu gelten, muss es insbesondere ein mindestens einfach-blindes Begutachtungsverfahren vorweisen.
- Das Journal muss zum Zeitpunkt der Einreichung der Unterlagen seit mindestens zwei Jahren regelmäßig mindestens zwei Mal pro Jahr erscheinen.
- Das Journal muss über ein öffentlich bekanntes sowie in wesentlichen und überwiegenden Anteilen über ein mehrjährig stabiles Editorial Board verfügen.
- Das Journal sollte über eine internationale Ausrichtung verfügen (internationales Editorial Board, Publikationssprache Englisch).
- Das Journal muss zumindest eine Evaluierungsreferenz (beispielsweise in einer einschlägigen Rankingliste) oder einen Impactfactor (z.B. aus ISI Web of Knowledge) vorweisen können.
Für Publikationen in Konferenz-Bänden (Proceedings) und Lecture Notes:
- Die Konferenzen müssen, damit die Veröffentlichung in den Proceedings als „referiert“ gewertet werden kann, ein zumindest einfach-blindes Begutachtungsverfahren der eingereichten Manuskripte (Full-Papers, nicht allein Abstracts) realisieren.
- Die Konferenzen müssen regelmäßig stattfinden.
- Sie müssen einen facheinschlägigen, wissenschaftlichen Anspruch haben und sollten ein breiteres wissenschaftliches Publikum ansprechen.
- Die Konferenzen sollten über eine internationale Ausrichtung verfügen (internationales Programmkomitee, Konferenzsprache Englisch).
Zur „Quantität der wissenschaftlichen Arbeiten“:
Die Habilitation gibt es in dieser Form nur in wenigen Ländern (z.B. in Deutschland, Schweiz, Frankreich). Somit kann es sein, dass es ausländischen Fachleuten schwerfällt, die ausreichende Quantität der Einreichung zu beurteilen. Um hier den Gutachter/inn/en einen Hinweis zu geben, könnte man die Frage stellen, ob mit dieser Leistung an der Heimatuniversität des/der Gutachter/in/s eine Habilitation realistisch wäre, bzw. ob die vorgelegte Leistung an dessen/deren Universität für Tenure reichte.
Innerhalb der MWB-Fakultät ist die Art der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse je nach Fachgebieten unterschiedlich. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, kann die erforderliche Quantität durch Festlegen einer Mindestzahl an Veröffentlichungen nicht strikt fixiert werden. Als Richtschnur1 gilt jedoch, dass ein/e Bewerber/in zumindest 5 Publikationen in facheinschlägigen, referierten Journalen (wobei auch zum Druck angenommene Manuskripte zählen) vorzuweisen hat.
In stark anwendungsorientierten Fächern können für nicht ausreichend viele Publikationen in referierten Journalen auch Veröffentlichungen (nicht Abstracts) in Proceedings renommierter, internationaler, wissenschaftlicher Fachtagungen bzw. substantiellen Beiträgen zu anderen wissenschaftlichen Sammelwerken mit eingerechnet werden, wobei für jede nicht erbrachte Journal-Publikation 1,5 Proceedings-Publikationen bzw. Beiträge zu wissenschaftlichen Sammelwerken zu erbringen sind; allerdings müssen dann zumindest drei der eingereichten Veröffentlichungen in referierten Journalen erschienen bzw. zum Druck angenommen sein.
Darüber hinaus können auch andere Publikationen (z.B. in nicht referierten wissenschaftlichen Journalen oder wissenschaftlichen Sammelwerken, jedenfalls in öffentlich zugänglichen Medien) und weitere wissenschaftliche Leistungen, wie zum Beispiel die eingangs erwähnten, inhaltlich positiv evaluierten wissenschaftlichen Projekte (zur Förderung angenommene, derzeit laufende, bereits abgeschlossene Projekte) in die Bewertung der wissenschaftlichen Qualität mit einfließen. Die Durchführung bzw. Betreuung von Projekten, die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Firmen, das Schreiben von reinen Lehrbüchern usw. sind, obgleich sie keinesfalls den Kern der wissenschaftlichen Qualifikation ausmachen dürfen, ebenfalls als positiv zu bewerten.
Zur Auswahl der Gutachter/innen:
Satzungsgemäß wird gefordert, dass die vorgelegte Habilitationsschrift sowie die sonstigen wissenschaftlichen Arbeiten von mindestens zwei Vertreter/inne/n des angestrebten Habilitationsfaches, darunter mindestens ein/e externe/r, begutachtet werden. Jedenfalls ist darauf zu achten, dass Gutachter/innen kein Naheverhältnis zum/zur Habilitationswerber/in haben; d.h., dass sie sich weder positiv noch negativ gegenüber dem/der Bewerber/in befangen fühlen. Wenn auch als Mindestmaß nur ein/e externe/r Gutachter/in gefordert wird, so ist es dennoch erstrebenswert, dass alle Gutachter/innen von auswärts kommen.
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1Die Erfüllung dieser quantitativen „Richtschnur“ präjudiziert aber keinesfalls die Beurteilung der wissenschaftlichen Qualifikation des/der Bewerbers/Bewerberin durch die Gutachter/innen und durch die Kommission.
Allgemeine Hinweise:
Um Habilitation wird über das Dekanat beim Rektorat angesucht. Habilitationswerbern wird empfohlen vor der offiziellen Einreichung das Einverständnis mit dem Dekan herzustellen.
Das Habilitationsverfahren ist im § 103 des UG 2002 und im Satzungsteil geregelt.
Die Einreichung erfolgt am Dekanat, mitzubringen sind:
- Ansuchen um Habilitation (Brief an das Rektorat)
- Lebenslauf (inkl. Publikationsliste und Darstellung der bisher ausgeübten wissenschaftlichen Tätigkeit und Lehrtätigkeit)
- Habilitationsschrift – kumulativ oder als Monografie (3 hartgebundene Exemplare und 2 Arbeitskopien)
- zusätzlichen Publikationen (2 hartgebundene Exemplare und 3 Arbeitskopien)
- Erklärung darüber, dass zum Zeitpunkt der Einreichung bereits 5 Publikationen (wobei auch zum Druck angenommene Manuskripte zählen), davon mindestens 3 in SCI-gelisteten Journalen und 5 als Erstautor erstellt wurden. Zusatz: Sollten im ggstl. Fachgebiet keine SCI-Listungen üblich sein, so können an deren Stelle international anerkannte peer reviewte Publikationen treten (z.B. SAE, AAET oder dgl.).
- Erklärung über den Eigenanteil an der Habilitationsschrift und den zusätzlichen Publikationen (sofern der Antragsteller nicht der Alleinautor ist).
- Nachweis über den Abschluss eines Doktoratsstudiums oder einer gleichzuhaltenden wissenschaftlichen Qualifikation
Den Habilitationswerbern wird empfohlen, nach Terminabsprache, vormittags einzureichen.