Im Rahmen des Projektes sollen Modelle für das Wachstum von Geweben und Blutgefäßen entwickelt und mathematisch untersucht werden. Modelle in der Zellbiologie basieren in der Regel auf heuristische Herleitungen, die jedoch zu physikalischen Inkompatibilitäten und damit zu einer inkorrekten Beschreibung der biologischen Phänomene führen können. Ein besonderer Fokus ist auf Modelle gerichtet, die das Wachstum von Tumoren und die gerichtete Bewegung von Zellen aufgrund chemischer Konzentrationen (Chemotaxis) modellieren.
Der Ansatz des Projektes ist die Verwendung sogenannter Multiphasen-Modelle. Dabei wird angenommen, dass die zeitliche Entwicklung der biologischen Komponenten (z. B. Zellen, Fasern, Nährstoffe, Wasser) durch fluiddynamische Gleichungen beschrieben werden, bei denen die Spannungskräfte der Mischung durch die Kräfte zwischen den Komponenten und durch Reibungskräfte ausgeglichen werden. Dies führt auf hochkomplexe sogenannte Kreuzdiffusionsgleichungen, die im vorliegenden Projekt analysiert und numerisch gelöst werden sollen.
Die Herausforderung dieser Gleichungen ist neben der Komplexität die Tatsache, dass die Diffusionsmatrizen nicht die notwendigen mathematischen Voraussetzungen (positive Definitheit) erfüllen. Diese Problematik kann durch die inhärent vorhandene physikalische Energie- oder Entropiestruktur überwunden werden, was die physikalische Konsistenz unterstreicht und in mathematische Methoden übertragen werden kann. Im analytischen Teil des Projekts soll untersucht werden, unter welchen biologischen Bedingungen die Modelle tatsächlich physikalisch konsistent sind, und das qualitative Verhalten der Lösungen der Modelle wird studiert. Struktur-erhaltende Finite-Volumen-Verfahren und Zeitdiskretisierungen höherer Ordnung erlauben die quantitative Berechnung der Lösungen und den Vergleich mit biologisch zu erwartenden Ergebnissen. Diese Ziele sollen mit Kooperationspartner_innen in Italien, Frankreich, Kroatien und Deutschland erreicht werden.