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Von Atomkern-Uhren und den Grundkonstanten der Natur

Der lange gesuchte Thorium-Übergang ist gefunden – was kann man nun damit machen? Ganz unterschiedliche Bereiche der Technik könnten davon profitieren.

Atomkern

Die Atomkern-Uhr: eine der spektakulären Anwendungsmöglichkeiten, die der nun entdeckte Thorium-Übergang eröffnet

Erstmals gelang es nun, Thorium-Kerne mit einem Laser von einem Zustand in einen anderen zu versetzen – doch schon seit Jahrzehnten wurde spekuliert, welche technischen Möglichkeiten sich ergeben würden, wenn dieses Kunststück eines Tages möglich werden würde. Die Erwartungen sind hoch: Die wohl bekannteste Idee ist die Atomkern-Uhr, doch in ganz anderen Bereichen der Forschung könnten Präzisionsmessungen, die auf dem Thorium-Übergang beruhen, neue Möglichkeiten eröffnen.

Zeitmessung

Die exaktesten Zeitmessgeräte sind heute Atomuhren – sie haben sogar die Definition unserer Zeiteinheiten verändert. Die Sekunde ist heute als jene Zeitdauer definiert, die einer ganz bestimmten Zahl von Schwingungen jenes Lichts entspricht, das auf ein Cäsium-Atom eingestrahlt werden muss, um seine Elektronen zum Wechsel von einem Zustand zu einem anderen zu bewegen.

Ähnlich wie das Pendel einer Pendeluhr spielt die Lichtschwingung der Cäsium-Atome die Rolle des Taktgebers, der das regelmäßige Ticken für eine möglichst exakte Zeitmessung liefert. Atomuhren kommen heute zum Beispiel bei der Koordination von Satelliten zum Einsatz, sie ermöglichen die hohe Genauigkeit von GPS-Signalen, auch in der Telekommunikation spielen sie eine Rolle.

Statt der Cäsium-Atome kann man nun aber auch Thorium-Atomkerne als Taktgeber verwenden. Nur wenn man die Thorium-Kerne mit einem Laserstrahl der exakt richtigen Frequenz bestrahlt, wechseln sie ihren Zustand. Ändert der Laser (etwa wegen Störungen von außen) seine Frequenz ein kleines bisschen, äußert sich das sofort in einer veränderten Antwort der Thorium-Kerne. Somit kann man durch die Kombination von Laser und Thorium-Kernen die Laserfrequenz extrem stabil halten und sicher sein, dass die Laserfrequenz nicht davondriftet.

Weil Atomkerne noch viel kleiner sind als Atome und viel weniger sensibel auf elektromagnetische Störungen reagieren, kann man mit Atomkernen eine noch viel höhere Präzision erreichen als mit Atomen, wenn es um Zeitmessungen geht.

Alles wird besser mit besseren Uhren

Mit besserer Zeitmessung kann man auch andere physikalische Größen genauer messen – das ist ein altbekanntes Phänomen: In der Seefahrt etwa hatte man lange mit dem Problem zu kämpfen, dass man zwar den Breitengrad anhand des Sonnenstandes gut ermitteln kann, um den Längengrad richtig anzugeben, braucht man aber zusätzlich eine exakte Uhr. Bessere Zeitmessung macht andere Messungen oft erst möglich.

So sagt Einsteins Relativitätstheorie beispielsweise, dass die Zeit nicht überall gleich schnell vergeht: Der Fluss der Zeit hängt vom Gravitationsfeld ab. Auf diese Weise könnte also eine extrem präzise Uhr verwendet werden, um das Gravitationsfeld der Erde genau zu vermessen – mit vielen möglichen Anwendungen, die von der Suche nach Bodenschätzen bis hin zur Forschung an Plattentektonik und Erdbebenvorhersage reichen.

Große Hoffnung setzt man auch auf die Möglichkeit, dass neue, bessere Uhren bisher ungelöste Grundsatzfragen der Physik klären könnten: Wenn es gelingt, die Naturkonstanten noch deutlich genauer zu messen als bisher, dann könnte man auch die These testen, dass diese Naturkonstanten vielleicht gar nicht perfekt konstant sind. Vielleicht ändern sie sich im lauf der Zeit? Auch in der Forschung an dunkler Materie erhofft man sich neue Aufschlüsse durch noch präzisere Messungen.

Den fundamentalen Gesetzen der Natur kommt man nicht immer nur mit einem Blick auf die kleinsten Teilchen im Teilchenbeschleuniger näher, oder mit einem Blick in die entferntesten Gegenden des Alls. Manchmal braucht man einfach nur eine höhere Präzision – und dabei soll der neuentdeckte Thorium-Übergang mit all seinen Anwendungsmöglichkeiten in den nächsten Jahren und Jahrzehnten helfen.

 

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Lange erhoffter Durchbruch: Erstmals Atomkern mit Laser angeregt, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster