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Nachhaltige Stahlindustrie: 5 Fragen an Victor Ruela

Im Rahmen der Zusammenarbeit mit Tata Steel Netherlands leitet das Institut für Energietechnik und Thermodynamik der TU Wien das Arbeitspaket WP4 im CESAREF-Projekt, das sich auf die Verbesserung der Energieeffizienz und Langlebigkeit in der Stahlproduktion konzentriert. Die Forschung von Doktorand Victor Sao Paulo Ruela im Rahmen dieser Initiative untersucht, wie die Optimierung des Einsatzes von Gießpfannen eine Schlüsselrolle beim Übergang zu grünem Stahl spielen und zu einem nachhaltigeren sowie effizienteren Produktionsprozess beitragen kann.

Foto mit Victor Ruela

© IET

Wie sind Sie als Forscher bei Tata Steel gelandet?

„Ich habe schon immer an der Schnittstelle zwischen Ingenieurwesen, Daten und Prozessoptimierung gearbeitet“, sagt Victor Ruela. Der brasilianische Forscher war bei Unternehmen wie Primetals Technologies und Anglo American tätig, bevor er 2022 an der TU Wien mit seiner Doktorarbeit begann. „Als ich auf ein Doktoratsprojekt zur Logistik von Gießpfannen in Zusammenarbeit mit Tata Steel stieß, war ich sofort begeistert. Das Thema passte perfekt zu meinem Hintergrund und gab mir die Möglichkeit, in einem industriellen Umfeld wirklich etwas zu bewirken.“ Victors Forschung ist Teil von CESAREF, einem europäischen Forschungsnetzwerk für nachhaltige Feuerfestmaterialien.

Woran arbeiten Sie derzeit?

Victor erforscht, wie der Einsatz von Pfannen nachhaltiger und effizienter gestaltet werden kann. Das Wort „Gießpfanne“ bedeutet auf Niederländisch wörtlich „Schöpflöffel“, aber in der Stahlindustrie bezieht es sich auf die großen Stahlbehälter mit feuerfesten Auskleidungen, die zum Transport von geschmolzenem Stahl innerhalb des Werks verwendet werden. „Es geht nicht nur um den Transport. Gießpfannen spielen eine entscheidende Rolle bei der Temperaturregelung und der Stahlqualität. Meine Arbeit konzentriert sich auf drei Bereiche: die Identifizierung von Mustern beim Verschleiß von Feuerfestmaterialien anhand historischer Daten, die Modellierung von Entscheidungsprozessen im kurz- und langfristigen Einsatz von Pfannen sowie die Entwicklung eines Systems, das Echtzeitdaten zur Vorhersage und Beratung nutzt. Auf diese Weise wird die Auswirkung jeder Entscheidung sichtbar.”

Wie trägt dies zum Übergang zu grünem Stahl bei?

„Pfannen werden oft unterschätzt, sind aber entscheidend für den Energieverbrauch und die Emissionen eines Werks. Wenn man sie nicht effizient nutzt, geht viel Wärme verloren, die feuerfeste Auskleidung nutzt sich schneller ab, und es kommt zu Prozessverzögerungen. Das bedeutet höhere Kosten und zusätzliche CO₂-Emissionen. Da die Stahlindustrie nun verstärkt auf grünen Stahl umstellt, mit neuen Produktionswegen, strengeren Umweltvorgaben und steigenden Energiekosten, ist es wichtiger denn je, jede Kilowattstunde und jede Minute optimal zu nutzen. Auch in zukünftigen Produktionsprozessen bleiben Pfannen essenziell. Meine Forschung hilft dabei, diesen Teil des Prozesses so effizient und nachhaltig wie möglich zu gestalten.“

Was ist das Faszinierendste, das Sie entdeckt haben?

„Das intelligente Algorithmen helfen, bessere Entscheidungen zu treffen, selbst bei unvollständigen oder unübersichtlichen Daten. Maschinelles Lernen hilft, Muster zu erkennen, zum Beispiel wie schnell eine Pfanne verschleißt. Optimierungsmodelle übersetzen diese Erkenntnisse dann in konkrete Entscheidungen: Welche Pfanne wird wann eingesetzt? Wann ist Wartung erforderlich? Es ist faszinierend zu sehen, wie Technologie, die oft abstrakt wirkt, direkt zu einer saubereren und effizienteren Stahlproduktion beitragen kann.“

Was sollen die Menschen über Ihre Arbeit bei Tata Steel wissen?

„In diesem Prozess gibt es so viele bewegliche Teile und alles muss perfekt aufeinander abgestimmt sein. Nehmen wir die Pfannen, sie sind keine einfachen Transportbehälter, sie sind ein entscheidender Bestandteil des gesamten Betriebs. Die Verwaltung einer gesamten Pfannenflotte unter ständig wechselnden Bedingungen ist äußerst komplex, aber genau hier kann intelligente Technologie einen großen Unterschied machen.“

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