Projektbeschreibung

Produktionsprozesse in der Kunststofftechnik werden durch eine Vielzahl an Größen beeinflusst und zeigen generell ein nichtlineares und zeitlich veränderliches Verhalten. Diese hohe Komplexität erschwert eine systematische Prozessautomatisierung und Qualitätsüberwachung. Überdies weisen moderne Extrusionsverfahren für Rohre zusätzliche Verfahrensschritte auf (siehe Abbildung unten), was diese Problematik verschärft. Im vorliegenden Projekt werden die methodischen Grundlagen geschaffen, um diese neuen Extrusionsprozesse einerseits durch datengetriebene Modelle zu beschreiben, andererseits soll das vorhandene Expertenwissen in diese Modelle integriert werden. Alle Methoden werden generisch entwickelt, so dass eine Anwendung auf andere Extrusionslinien mit ähnlichen Prozessen möglich wird.

Im Projekt werden die folgenden Inhalte bearbeitet: Die vorhandenen Daten des Produktionsprozesses werden gesichtet, aufbereitet und anschließend einer Sensitivitätsanalyse zugeführt. Beginnend mit klassischen Methoden der Statistik soll über robuste und nichtlineare Methoden eine erste Erkenntnis über die stärksten Prozesseinflüsse gewonnen werden. Diese Ergebnisse sind mit dem Expertenwissen an der Produktionsanlage abzugleichen. Darauf basierend wird ein statisches Prozessmodell aufgebaut, welches mit geeigneter Optimierung an verschiedene Modellstrukturen angepasst wird. In der Folge wird ein dynamisches Prozessmodell erstellt, welches transiente Vorgänge und die zeitlichen Abfolgen der Prozessschritte beschreibt. Das Prozessmodell soll als Resultat alle wesentlichen Prozesszustände enthalten und online, wie ein Beobachter, Daten liefern.

Aus den so ermittelten Prozesszuständen wird ein Soft-Sensor für Produktqualität aufgebaut. Hier können, wie in der Prozessmodellierung, neuronale Netze mit Feature Extraction und adaptierte Methoden aus dem Machine Learning verwendet werden. Damit ist die Grundlage für einen ersten Automatisierungsschritt mit Human-in-the-Loop gegeben. Dies wird durch Entwicklung eines Expertensystems erleichtert, in das die wesentlichen Größen von Prozessmodell, Soft-Sensor und schließlich der Experten-Entscheid eingehen. Dieses System soll selbst-lernend sein, so dass die Auswirkungen der Entscheidungen zur Verbesserung zur Verfügung stehen.

Schritte eines Extrusionsverfahrens

© DI Rahael Hartner | Institute of Industrial Management, FH Johanneum

Abbildung: Vereinfachte Darstellung des zugrundeliegenden Polymer-Extrusionsprozesses mit verketteten Bearbeitungsschritten.

Abbildung: Vereinfachte Darstellung des zugrundeliegenden Polymer-Extrusionsprozesses mit verketteten Bearbeitungsschritten.

Projektziele

Mit den Projektergebnissen werden die Effizienz der Produktion insgesamt erhöht, Ausschuss reduziert und das Qualitätslevel besser gehalten. Chargenwechsel funktionieren schneller und Prozessadaptionen können gezielt durchgeführt werden. Die verwendeten Methoden sind in diesem Industriesegment völlig neu, stellen die erste selbst-lernende Lösung für verkettete Extrusionslinien dar und reduzieren den Verbrauch von wertvollen Ausgangsstoffen. Somit werden positive Nachhaltigkeitseffekte erzielt. Zusätzlich sind Schritte und Methoden zur Implementierung des Expertensystems auf anderen Produktionslinien klar vorgegeben und validiert.

Veröffentlichung

R. Hartner, M. Kozek, S. Jakubek and B. Mayer, "Gradient Boosting Regression Trees for Nonlinear Delay Identification in a Polymer Extrusion Process, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster," 2022 IEEE 21st international Conference on Sciences and Techniques of Automatic Control and Computer Engineering (STA), Sousse, Tunisia, 2022, pp. 192-197, doi: 10.1109/STA56120.2022.10019045.

Projektdauer

  • Jänner 2022 - Dezember 2024

Kontakt

Ao.Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Martin Kozek

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