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Nachlese zum Blickpunkt Forschung 2023: Klimafitte Stadt @ TU Wien

Forscher_innen der TU Wien präsentierten am 4. Oktober im Rahmen der Veranstaltung „Blickpunkt Forschung“ anwendungsnahe Forschungsergebnisse zur „klimafitten Stadt“.

Gruppenbild mit fünf Personen in Businesskleidung. Hinter Ihnen Banner mit TU Wien und WKO Wien.

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Vizerektor Ertl vortragend, vor ihm ein runder Stehtisch.

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Seitlicher Blick ins Publikum. Rechts neben ihnen, Fensterfront.

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Der „Blickpunkt Forschung“ wurde 2023 zum neunten Mal in bewährter Kooperation mit der Wirtschaftskammer Wien im Veranstaltungsraum TUtheSky abgehalten. Dieses Jahr stand die „klimafitte Stadt“ im Fokus. Dabei wurden anwendungsorientierte Forschungsprojekte der TU Wien präsentiert, die Lösungen für eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre aufzeigen: das Erreichen der Klimaziele. Das Thema wurde dabei ganzheitlich und aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet.

TUW-Vizerektor Forschung, Innovation, Internationales Peter Ertl und der Direktor-Stellvertreter der Wirtschaftskammer Wien, Alexander Biach, begrüßten rund 90 Teilnehmende aus Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung. Beide hoben die gewinnbringende Symbiose zwischen Forschung und Wirtschaft hervor.

Im Anschluss folgten in zwei aufeinanderfolgenden Themensessions acht Kurzpräsentationen zu konkreten Projekten, die sich der Verbesserung der urbanen CO2-Bilanz oder der klimaresilienten Stadtentwicklung widmeten. Erstmals wurde heuer auch der gesamte Bogen von der Forschung bis hin zur Anwendung gespannt und zwei neue Patente, die an der TU Wien entwickelt wurden sowie ein Spin-off der TU Wien vor den Vorhang geholt.

Themenblock „Materialien in der klimafitten Stadt“

Den Auftakt machte das anwenderorientierte Projekt „Smart & Urban Tree“, präsentiert von Ulrich Pont. Vorgestellt wurden großformatige künstliche Strukturen, die im eng-verbauten innerstädtischen Raum eine Ergänzung zu anderen Begrünungsmaßnahmen wie Bäumen oder Fassadenbegrünungen darstellen, wo andere Konzepte nicht funktionieren. Solche „smarten Stadtbäume“ beinhalten und vereinigen Nutzungen und Funktionen, wie z.B. Beschattung, Energie- und Versorgungsangebote, Sprühnebelanlagen u.a.m. und leisten dadurch einen wesentlichen Beitrag zur Kühlung urbaner Strukturen sowie zur Verbesserung der urbanen CO2-Bilanz.

Die anfallenden Mengen an Bau- und Abbruchmaterialien werden bislang in der städtebaulichen Bewertung von Innenentwicklungspotenzialen nicht abgebildet. Stefan Bindreiter betrachtet das Problem unter dem Aspekt der örtlichen Raumplanung und entwickelt im Projekt „M-DAB2 Materialintensität der Innenentwicklung“ ein digital gestütztes Modell der Materialintensität, mit dem Planer_innen und Immobilienentwickler_innen jenseits der Common Practice (Abbruch und Neubau) Entwicklungsszenarien für Bauprojekte generieren und in Betrachtung dieser Szenarien optimierte Konzepte bezüglich Boden- und Materialressourcen erarbeiten können.

Den in Gebäuden verwendeten Materialien widmet sich auch Dominik Breitfuß mit seinem Projekt „BIMstocks – Digitale Urban Mining Plattform: Analyse der materiellen Zusammensetzung von bestehenden Gebäuden durch Kopplung von BIM und GIS“, allerdings aus dem Blickwinkel des Hoch- und Industriebaus. Hauptziele sind die Entwicklung einer Methodik für die durchgängige digitale Erfassung der materiellen Zusammensetzung des Baubestandes, die Modellierung eines Sekundärrohstoffkatasters sowie das Erstellen einer digitalen Urban Mining Plattform, um ReUse und Recyclingpotenziale prognostizieren zu können. Mit generierten as-built BIM-Modellen können dabei die Ergebnisse von Bauteil-Ebene zur Stadt-Ebene skaliert werden.

Im Projekt von Andrea Rieger-Jandl werden mehrere Varianten von Lärmschutzwänden entlang von Bahnstrecken in Lehmbautechnik identifiziert und entworfen. Das Material Lehm kann dabei mit seinem geringen Primärenergiebedarf, der regionalen Verfügbarkeit und der vollständigen Recycling- bzw. Rückführbarkeit eine gewinnbringende Alternative zu energieintensiven Materialien, wie z.B. Beton, Glas, Aluminium, imprägniertes Holz, Kunststoffe oder Ziegelsteine darstellen. Im Fokus des Projekts stehen Fragen zu Lehmbautechniken, ökologischen Synergien in der Materialbeschaffung, Erhalt der Biodiversität, aber auch zur Wirtschaftlichkeit und Zukunftsfähigkeit von Lehm.

Anschließend stellte Andreas Bartl sein Patent zur Entfernung von Elastan aus Textilmischungen vor. Obwohl Elastan nur etwa 1 Prozent der weltweiten Faserproduktion ausmacht, findet sich diese Faser in etwa 30 Prozent aller Bekleidungstextilien. Aktuelle Recyclingtechnologien erfordern jedoch meist Textileingaben, die frei von Elastan sind. Seine Technologie ermöglicht es, Elastan aus Textilmischungen durch ein einfaches Verfahren zu entfernen. Die übrigen Fasern bleiben dabei unverändert und können direkt weiterverarbeitet werden. Der Prozess hat sich bereits erfolgreich bei der Gewinnung von reinem PET aus PET/Elastan und reinem Polyamid aus Polyamid/Elastan-Mischungen bewährt.

Das TU Wien Spin-off factorymaker, präsentiert von Maria Zahlbruckner, entwickelt eine innovative KI-Software mit speziellen Algorithmen, die es Architekt_innen und Bauingenieur_innen, aber auch Immobilienentwickler_innen und Fabrikbesitzer_innen ermöglicht, kosten- und ressourceneffiziente Industriegebäude zu entwerfen. Durch maximale Flexibilität und Nachhaltigkeit können Produktionslayout und Gebäudedesign optimiert werden. Sich wiederholende manuelle Planungsschritte werden automatisiert. Dadurch erhalten die Anwender_innen schnelles Feedback zur Kosten- und Ressourceneffizienz und können im Planungsprozess frühzeitig bessere Entscheidungen treffen.

Themenblock „Lebensraum klimafitte Stadt“

Helmut Lemmerer und sein Unternehmenspartner Georg Wieser (studio LAUT) präsentierten gemeinsam „TuneOurBlock – Das Superblock-Konzept, eine transformative Raum- und Mobilitätsinnovation zur Betonung des menschlichen Maßstabs“. Superblöcke sind eine Art der Organisation der Stadt, die auf einer Umkehrung der Verteilung des öffentlichen Raums zwischen Fahrzeugen und Menschen basiert und den Bürger_innen Vorrang einräumt, um die Umweltbedingungen und die Lebensqualität der Menschen zu verbessern. Das Projekt zielt darauf ab, das Konzept des Superblocks als politische und planerische Strategie für eine transformative städtische Anpassung anzuwenden. Dabei werden verschiedene Interessensgruppen in Urban Living Labs einbezogen und mit Hilfe von partizipativen Planungsformaten mögliche praktische Umsetzungsschritte erforscht.

Ebenfalls einen Living Lab-Ansatz wählte Katrin Hagen in ihrem Projekt „LiLa4Green – Begleitendes Living Lab für die Realisierung von grün-blauen Infrastrukturmaßnahmen in der Smart City Wien“. Ziel des Projektes ist es zu untersuchen, wie trotz hoher Dichte und Nutzungsdruck durch mehr Begrünung und Wasser in der Stadt etwas gegen die zunehmende sommerliche Hitze unternommen werden kann. Maßnahmen können dabei Fassadenbegrünungen, Wasser- und Grünflächen, Baumpflanzungen oder andere Elemente von „Stadtoasen“ sein. Es wird auch erprobt, wie die Nutzer_innen am besten in die Gestaltung, Auswahl und Umsetzung von grün-blauen Infrastrukturmaßnahmen eingebunden werden können

Bei Magdalena Bürbaumer, Linda Dörrzapf und Aurelia Kammerhofer dreht sich alles um klimaneutrale Mobilität, die als gesamtgesellschaftliche Herausforderung betrachtet werden muss. Ihren Projekten gemeinsam ist, dass im Rahmen von Living Labs unterschiedliche Akteur_innen (Bewohner_innen, Unternehmen, Forschung, Verwaltung) und Blickwinkel einbezogen werden. Nur so kann die Akzeptanz seitens der Bevölkerung erhöht werden.
Die „Mobilitätserhebung aspern Seestadt“ wird im Rahmen des aspern.mobil LABs verwirklicht. Diese Panelstudie erhebt das Mobilitätsverhalten der teilnehmenden Seestädter_innen mittels Tracking-App oder Wegetagebuch sowie einem Fragebogen und ermöglicht dadurch einen neuen Einblick in das Mobilitätsverhalten auf Quartiersebene.
Das Projekt „Tactical Mobilism – Interventionen für eine nachhaltige Mobilitätskultur“ setzt sich zum Ziel, zeitlich begrenzte, einfache und kostengünstige Interventionen im Verkehrsbereich zu etablieren, z.B. neue Verkehrsführungen, neue Flächenverteilung, zusätzliche gestalterische Elemente und Begrünung oder funktionelle Programmierung. Das regt zum notwendigen Umdenken bei den Akteur_innen an und kann einen Wandel der Mobilitätskultur auslösen.
Das kooperative Forschungsprojekt „Mo.Hub – Kooperative Mobilitätsstationen im Grätzl“ zielt darauf ab, Mobilitätsstationen in Ko-Kreation mit Bürger_innen, Mobilitätsdienstleistern sowie Politik und Verwaltung zu entwickeln, um so einen Beitrag zu nachhaltiger, urbaner Mobilität sowie partizipativer Gestaltung klimagerechter öffentlicher Räume zu leisten.
Das Projekt „SmartHubs – Intelligente Mobilitäts-Hubs als Game Changer in der Mobilität“ untersucht Mobilitätsknotenpunkte – also konkrete Standorte auf der Straße, an denen die Bürger_innen aus verschiedenen gemeinsamen und nachhaltigen Mobilitätsoptionen wählen können. Das Hauptziel besteht darin, zu bewerten, ob eine gemeinsam konzipierte, benutzer_innenorientierte Entwicklung es Mobilitätsknotenpunkten ermöglichen kann, als Wegbereiter für eine nachhaltige urbane Mobilität und verbesserte Zugänglichkeit zu fungieren.

Mit „Eternity Bike“ stellt Florian Michahelles seine Vision eines selbstfahrenden Fahrrades mit einer breiten Palette von Anwendungsfunktionen vor, wie z.B. Notbremsung, adaptive Geschwindigkeitsregelung oder Spurhalteassistenz, aber auch Unterstützung für behinderte Menschen, die mit einem normalen Fahrrad sonst nicht fahren könnten. Auch Systeme, die den Fahrkomfort oder die Sicherheit erhöhen, werden erforscht, wie z.B. Bereitstellung von Navigationsanweisungen, Mitteilung der Absichten anderer Verkehrsteilnehmer wie automatisierter Fahrzeuge usw. Die Probanden sitzen dabei auf einem eigens entwickelten Virtual Reality-Fahrradsimulator, der aus einem Standardfahrrad auf einem Fahrradtrainer und einer Bewegungsplattform besteht.

Den Abschluss bildete das Patent von Thomas Angeli zur „Klimafitten Stadtseilbahn“. Als Beispiel nennt er die geplante Stadtseilbahn auf den Kahlenberg, die zwei Wiener Naherholungsgebiete – den Kahlenberg und die nördliche Donauinsel – CO2-neutral miteinander verbinden soll. Der Strom für den Betrieb der Bahn kommt dabei aus eigens errichteten PV-Anlagen auf den Stationen. Er möchte damit beweisen, dass Seilbahnen, die bereits Einzug als urbanes öffentliches Verkehrsmittel in europäischen Großstädten halten, maßgeblich dazu beitragen können, die Verkehrssituation und die Lebensqualität vor Ort zu verbessern.

Wirtschaftsimpulse durch Forschung

Erfolgreiche Kooperationsprojekte zum Nutzen beider Seiten – Wissenschaft und Wirtschaft – zu etablieren, ist das erklärte Ziel der gemeinsamen Bestrebung der TU Wien mit der WK Wien.

Die Veranstaltung „Blickpunkt Forschung“ wird jährlich im Herbst von der TU Wien in Kooperation mit der Wirtschaftskammer Wien veranstaltet. Die Beiträge aus kürzlich abgeschlossenen oder sich im Abschluss befindenden Projekte werden zu definierten Themen ausgewählt und stellen dabei ein umfassendes Bild der aktuellen Forschung an der TU Wien dar. Die Themen vergangener Veranstaltungen: Energie (2015), Smart Communities and Technologies (2016), Urbane Produktion (2017), Materialinnovationen (2018), Klimaschutz (2019), Leben in der vernetzten Stadt (2020), Kreislaufwirtschaft in der Stadt (2021) und Assistive Technologien (2022).

Einige Vorträge wurden von Radio Radieschen, dem Ausbildungssender der FH Wien der WK Wien aufgenommen. Den Podcast findet Sie im Wissenschaftsradio, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster.

Alle Informationen zu den Vorträgen und Projektpartner_innen finden Sie auf der Veranstaltungs-Website, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

Rückfragehinweis:

Forschungskoordination, TU Wien
Resselgasse 3, 1040 Wien
+43-1-58801-406 601
foko@tuwien.ac.at

Bei Kooperationsinteresse nehmen Sie bitte Kontakt mit wirtschaftskooperationen@tuwien.ac.at auf.