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Und es bewegt sich doch!

FemChem ist ein gelungenes Beispiel wie eine Bottom Up-Initiative aktiv und positiv die Entwicklung in Richtung Chancengleichheit innerhalb einer Fakultät voranbringt.

Viele kleine Portraitbilder des FemChem Teams.

Im Frauenförderungsplan der TU Wien heißt es: „Die TU Wien setzt sich aktiv dafür ein, dass Studien- und Arbeitsbedingungen Frauen und Männern die gleichen Möglichkeiten zu wissenschaftlichem Forschen, Lehren und Lernen bieten.“ Um dem gerecht zu werden, ist Chancengleichheit an vielen Stellen, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster verankert.

Strategien, Verantwortungen und Maßnahmen sind also innerhalb der TUW etabliert und definiert. Die zentrale Herausforderung bei der Umsetzung ist, dass die Beseitigung bestehender Nachteile für Frauen für alle, Männer und Frauen, als gemeinsame Aufgabe angesehen wird.

First steps

Im Zuge einer TUW-internen Ausschreibung, bei der sich 2015/16 acht Fakultäten um zwei Frauenprofessuren und zwei Laufbahnstellen für Frauen bewerben konnten, wurde in der Fakultät Technische Chemie (TCH) ein Frauenförderungsplan (FFP) erarbeitet. Im ersten Schritt wurde in einem Workshop, an dem zahlreiche Wissenschaftlerinnen der Fakultät teilgenommen haben, die Bedürfnisse ermittelt und Ideen gesammelt, die ihren Niederschlag im TCH-Frauenförderplan gefunden haben. Die Fakultät konnte danach eine der Frauenprofessuren für sich gewinnen und startete mit der konsequenten Umsetzung des FFP.

Um die Kommunikation zwischen den an der Fakultät aktiven Frauen und der Fakultätsleitung zu verbessern, wurde eine Frauenvertretung, die sich noch stark an der Institutsstruktur orientierte, eingerichtet.

Dekan Marko Mihovilovic zur Entstehung von FemChem: „Wir hatten an der Fakultät die klassische Situation der ‚gläsernen Decke‘. Das ist in dramatischer Weise sichtbar geworden, als wir als einzige TUW-Fakultät ohne berufene Professorin quasi übriggeblieben waren. Dies war dann so etwas wie ein Weckruf, dass sich die Situation nicht einfach ‚auswachsen‘ würde, sondern sowohl neue Impulse von top-down wie auch eine breite Bewusstseinsbildung von bottom-up erforderlich ist.

Vor diesem Hintergrund - einem Frauenanteil von ca. 40 % unter den Studierenden und keiner einzigen Professorin an der Fakultät - erweiterte sich die Frauenvertretung und eine Gruppe engagierter Frauen entwickelte in den folgenden zwei Jahren unter der Leitung einer erfahrenen Moderatorin die Ziele und die innere Struktur von FemChem.

Dieser Prozess wurde vom damaligen Dekan Herbert Danninger sowohl ideell als auch finanziell intensiv unterstützt.

FemChem

Das Selbstverständnis war, von Beginn an eine Plattform für Ideen-, Informations- und Erfahrungsaustausch zu sein und keine reine Serviceinstitution. Frauen die mitgestalten wollen, sollten hier eine Andockstelle finden. Alle Forscherinnen der Fakultät sollen sich angesprochen und vertreten fühlen, insgesamt soll die Situation der Wissenschaftlerinnen an der Fakultät verbessert werden. FemChem ist in vier Teams und einem übergeordneten Board strukturiert, die Aufgaben im Bereich der Vernetzung, der Kommunikation, der Fortbildung und der Identitäts- und Ethikfragen bearbeiten.

Umsetzung

Sehr rasch wurden konkrete Maßnahmen wie Reisestipendien für Frauen umgesetzt, Verantwortungen und Aufgaben von den Teams übernommen, wissenschaftliche Vernetzungsworkshops und Fortbildungsseminare abgehalten. „Neben der Förderung von Chancengleichheit und einem wertschätzenden Umgang miteinander steht das Netzwerk auch für Fairness und Transparenz in der Kommunikation und Entscheidungsfindung“ erklärt Bettina Mihalyi, Sprecherin von FemChem und Studiendekanin Verfahrenstechnik. „Die Vernetzung findet dabei auf wissenschaftlicher, sozialer und struktureller Ebene statt. Unser Ziel ist weiters, Forscherinnen die Möglichkeit zur Kompetenzerweiterung (hard skills und soft skills) zu bieten. Mit unseren Aktionen gehen wir bereits auch über die Fakultätsgrenzen hinaus – in die TUW, in andere Universitäten und Betriebe“.

Reflexion und Sensibilisierung

Der Zugang die eigene Herangehensweise an die Themen Identität, Vielfalt und Geschlecht zu reflektieren führte zu einer dreiteiligen Studie, die sich konkret der „Darstellung der Situation von Nachwuchswissenschafter_innen an der Fakultät für Technische Chemie der TU Wien“ widmete und Ende 2020 fertiggestellt wurde.

Dabei gilt es auch das eigene Verhalten zu hinterfragen, Bewusstsein zu schärfen und dazu beizutragen, dass sich möglichst viele Frauen und auch Männer an der Fakultät Fragen zu Gender-Equality und dem Unconscious Bias stellen.

Die Ergebnisse dieser Studie sind Grundlage für die nächsten Umsetzungsschritte an der Fakultät für Technische Chemie und wurden diese Woche auch Frauenministerin Susanne Raab präsentiert.

Den Vorteil des Netzwerkes gegenüber den institutionalisierten Stellen sehen wir in der geringen Zutrittsschwelle für junge Wissenschaftlerinnen und der Flexibilität. Als Frauennetzwerk setzen wir bewusst neben women only auch integrative Aktionen wie z.B. diverse Seminare und scientific workshops für Frauen und Männer, um den Austausch insgesamt zu fördern. Alle sollen sich bei Genderfragen und Chancengleichheit angesprochen und verantwortlich fühlen“, fasst Bettina Mihalyi die wichtigsten Erkenntnisse zusammen.

Wir haben in den letzten Jahren viel in die Erstellung von passenden Konzepten sowohl bottom-up wie auch top-down investiert. In der Zwischenzeit reden wir allerdings nicht nur intensiv über Frauenförderung, sondern wir bringen möglichst vieles davon direkt in die Umsetzung“ zieht Dekan Mihovilovic Resümee. So gibt es mittlerweile 3 Professorinnen, derzeit laufen Verhandlungen mit 2 weiteren Anwärterinnen. Bei den Studiendekan_innen herrscht Parität an der Fakultät, der Frauenanteil bei Gruppenleitungen liegt knapp unter 30%, bei den Studierenden nähert man sich der Ausgewogenheit.

Das Beispiel der Technischen Chemie zeigt, dass ein breites Engagement an der Basis und gleichzeitige unterstützende strukturelle Vorgaben und Rahmenbedingungen in vergleichsweiser kurzer Zeit drastische Veränderungen bewirken. So wird ermöglicht das volle Potential in Forschung und Lehre zur entfalten und in dieser neuen Art der Zusammenarbeit gemeinsam Zukunft zu gestalten.

Studie online unter https://repositum.tuwien.at/handle/20.500.12708/16230, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

https://femchem.chemie.tuwien.ac.at/, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

Rückfragehinweis:

Bettina Mihalyi
Telefon +43 1 58801 166170
bettina.mihalyi@tuwien.ac.at