Zirkoniumdioxid - in Ihrem Mund und in Ihrem Auto?

Zirkoniumdioxid (ZrO2) ist einer der am häufigsten verwendeten keramischen Werkstoffe. Zirkoniumdioxid wird in der Technik und in der Medizin (Zahnimplantate) verwendet und hat eine einzigartige Eigenschaft, die es für viele Anwendungen ideal macht: Bei hohen Temperaturen ist dotiertes Zirkoniumdioxid ein guter Leiter für Sauerstoffionen, aber es bleibt ein Isolator für Elektronen. Daher bedeutet jeder elektrische Strom durch Zirkoniumdioxid einen Sauerstofftransport; umgekehrt wird Sauerstofftransport von einem elektrischen Strom und einer Spannung begleitet. Daher wird Zirkoniumdioxid für Festoxid-Brennstoffzellen und Sauerstoffsensoren (z. B. Lambda-Sonde für Autoabgase) verwendet.

Ultradünne Zirkoniumoxid-Schichten

Ultradünnes Zirkoniumoxid auf Pt3Zr (mit vereinfachten Strukturbild)

© Michael Schmid/IAP

Ultradünnes Zirkoniumoxid auf Pt3Zr (mit vereinfachten Strukturbild)

Ein perfekter Isolator für Elektronen (aber ein Ionenleiter) ist ein Segen für Anwendungen, aber ein Fluch, wenn wir seine Oberfläche mit der Rastertunnelmikroskopie (STM) oder vielen anderen Techniken untersuchen wollen. Der Ausweg besteht in der Untersuchung sehr dünner Zirkoniumoxidschichten auf Metallen; solche Schichten sind für STM noch ausreichend leitfähig. Wir haben eine Technik entwickelt, um durch Oxidation von Legierungen, die Zr enthalten, Pt3Zr oder Pd3Zr, gut geordnete ultradünne Zirkoniumoxidfilme herzustellen. Diese Schichten sind tatsächlich sehr dünn, sie bestehen nur aus zwei Sauerstoffschichten und einer Zr-Schicht dazwischen! Dennoch sind sie dem "echten" Material, dem dicken Volumsmaterial ZrO2, sehr ähnlich, und beide besitzen eine Bandlücke.

Das STM zeigt uns die Zr-Atome, die auf dieser Oberfläche perfekt angeordnet sind. Berechnungen der Dichtefunktionaltheorie (die auch an unserem Institut durchgeführt wurden) zeigen uns, wie der Film an das Substrat bindet und vieles mehr. Das Strukturmodell im Bild ist allerdings eine Vereinfachung; die Stöchiometrie der Schichten entspricht nicht genau ZrO2.

  • M. Antlanger, W. Mayr-Schmölzer, J. Pavelec, F. Mittendorfer, J. Redinger, P. Varga, U. Diebold, M. Schmid
    Pt3Zr(0001): A substrate for growing well-ordered ultrathin zirconia films by oxidation
    Physical Review B
    86, 035451 (2012); doi: 10.1103/PhysRevB.86.035451

  • J. I. J. Choi, W. Mayr-Schmölzer, F. Mittendorfer, J. Redinger, U. Diebold, M. Schmid
    The growth of ultra-thin zirconia films on Pd3Zr(0001)
    Journal of Physics: Condensed Matter
    26, 225003 (2014); doi: 10.1088/0953-8984/26/22/225003

Durch Sputterdeposition erzeugte Zirkoniumdioxid-Schichten

Zwei Kristallstrukturen von ZrO2 und dazugehörige STM-Bilder

© Michael Schmid/IAP

Zwei Kristallstrukturen von ZrO2 und dazugehörige STM-Bilder

Obwohl die durch Oxidation von Zr-Legierungen erhaltenen ultradünnen Zirkoniumdioxid-Schichten viele Eigenschaften mit dem Volumsmaterial ZrO2 gemeinsam haben, ist es viel realistischer, dickere ZrO2-Schichten zu untersuchen (die aber immer noch dünn genug für STM sind). Wie bereits erwähnt, benötigen wir dafür ein geeignetes Modellsystem, um zumindest eine gewisse Leitfähigkeit zu gewährleisten. Wir haben eine Sputterdepositionsquelle konstruiert, die es uns ermöglicht, ZrO2-Schichten mit viel besserer Qualität herzustellen als jede andere bisher bekannte Methode. Mit diesen Filmen konnten wir ein bisher erstaunliches Phänomen erklären, nämlich die Beobachtung des so genannten SMSI-Effekts (strong-metal support interaction) für ZrO2-geträgerte Metallkatalysatoren. Wir konnten zeigen, dass ultradünne ZrO2-Schichten sauerstoffarm sein können, obwohl ZrO2 normalerweise nicht reduzierbar ist, und dass dies der Grund für den SMSI-Effekt ist. Die Schichten belegen auch klar den Zusammenhang zwischen Reduktion von ZrO2 und der Kristallstruktur (Bild). Unser durch Sputtern abgeschiedenes ZrO2 ist auch ein perfektes Modellsystem für das Verständnis der Röntgenphotoelektronenspektroskopie (XPS) von Isolatoren mit großer Bandlücke: Normalerweise ist es so, dass XPS-Spektren reduzierter Oxide zu geringeren Bindungsenergien verschoben sind; bei ZrO2 ist es aber umgekehrt!

  • P. Lackner, Z. Zou, S. Mayr, J.-I. J. Choi, U. Diebold, M. Schmid
    Surface structures of ZrO2 films on Rh(111): From two layers to bulk termination
    Surface Science
    679, 180 (2019); doi: 10.1016/j.susc.2018.09.004

  • P. Lackner, J. I. J. Choi, U. Diebold, M. Schmid
    Substoichiometric ultrathin zirconia films cause strong metal–support interaction
    Journal of Materials Chemistry
    A 7, 24837 (2019); doi: 10.1039/C9TA08438J

  • P. Lackner, Z. Zou, S. Mayr, U. Diebold, M. Schmid
    Using photoelectron spectroscopy to observe oxygen spillover to zirconia
    Physical Chemistry Chemical Physics
    21, 17613 (2019); doi: 10.1039/C9CP03322J