Die Betrachtung von Sedimenttransport von der Quelle bis zur Senke exemplarisch an der Rhone vom Hauptsedimenteinzugsgebiet der Rhone im Illgraben bis zur Senke im Genfer See. Das kältere und durch das mit transportierte Sediment zudem dichtere Wasser der Rhone fließt im Enflussdelta des Genfer Sees aufgrund des Dichteunterschiedes abwärts entlang der Seesohle, dieser Prozess wird als Plunging bezeichnet

Sedimenttransport ist ein Katalysator für wasserbedingte Gefahren, der das Hochwasserrisiko erhöht, lokale Erosion verursacht, Bauwerke ( bspw. Brückenpfeiler) gefährdet, Strömungskräfte auf Infrastrukturen erhöht und deren Überbeanspruchungsrisiko (Pipelines, Telekommunikationskabel) erhöht. Die Verlandung von Stauseen ist eines der wichtigsten ungelösten Probleme im Wasserbau, zudem ist Sediment ein Träger für Schadstoffe.

Die Wiederherstellung einer naturnahen Sedimentdynamik ist ein zentraler Bestandteil von Flussrenaturierungsprojekten. Trotz ihrer Bedeutung werden die Prozesse des Sedimenttransports bei wasserbaulichen Problemstellungen und insbesondere bei der Bewertung von wasserbedingter Gefahr häufig vernachlässigt. Dies kann zumindest teilweise auf die Schwierigkeit zurückgeführt werden, Sedimenttransportprozesse zu berücksichtigen: Ingenieurtechnische Berechnungsansätze für Sedimenttransport sind durch notorisch hohe Unsicherheiten gekennzeichnet. Dies wiederum ist auf den mangelnden Einblick in die Sedimenttransportprozesse zurückzuführen. Gegenwärtig konzentriert sich unsere Forschung auf die Messung und auf Prozesse von Sedimentflüssen von der Quelle in den Bergen bis zur Senke am Seegrund.

Abb. oben: Das Wassereinzugsgebiet der oberen Rhône vom Hochgebirge bis zum Grund des Genfer Sees; unten: konzeptionelle Darstellung des Flusslaufs der Rhône im Genfer See.

Feldmessungen

Feldmessungen im Einzugsgebiet der oberen Rhône (Schweiz) spielen in unserer Forschung eine wichtige Rolle. Dieses Einzugsgebiet ist insofern einzigartig, als es von Sedimentquellen hoch in den Bergen bis zu Sedimentsenken auf dem Grund des Genfer Sees reicht (Abb). Die in diesem Einzugsgebiet ablaufenden Prozesse sind von globaler Bedeutung. 

Im Rahmen seiner Dissertation beobachtet Jakob Höllrigl die Sedimentflüsse in der Rhône flussaufwärts des Genfersees und der Brienzwiler Aare flussaufwärts des Brienzersees (Schweiz). Ziel ist es, Einblicke in die Beziehung zwischen meteorologischen Ereignissen und Abfluss einerseits und Sedimentfluss und Korngrößenverteilung andererseits zu gewinnen. Diese Forschung wird in Zusammenarbeit mit dem BAFU (Bundesamt für Umwelt) durchgeführt, das seine hydrologischen Messstationen zur Verfügung stellt.

Über den Sedimenttransport in geschichteten Umgebungen ist noch wenig bekannt, und Schichteffekte werden im Wasserbau meist vernachlässigt. Neuere Forschungen haben gezeigt, dass sehr kleine Dichteunterschiede, die beispielsweise durch geringe Unterschiede in der Schwebstoffkonzentration oder der Temperatur hervorgerufen werden, überraschend große Auswirkungen auf Strömungs- und Sedimenttransportprozesse haben. Solche Schichtungseffekte treten bei der Einmündung eines Flusses in einen See, ein Reservoir oder einen Ozean auf, aber auch beim Zusammenfluss zweier Flüsse. Die Doktorarbeit von Stan Thorez  konzentriert sich auf Feldmessungen des Sedimenttransports am Zufluss der Rhône in den Genfersee. Diese Forschung wird in Zusammenarbeit mit dem Team von Prof. Barry an der EPFL (Schweiz) durchgeführt. Ein 36-monatiges, vom FWF-ANR finanziertes österreichisch-französisches Folgeprojekt, an dem 2 Postdocs und 1 Doktorand beteiligt sind, beginnt im Mai 2023. Es erweitert die Feldmessungen und ergänzt sie durch Laborexperimente und numerische Modellierung. Die französischen Partner sind Dr. Negretti und Dr. Chauchat am LEGI, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster (Frankreich).

Trübungsströme sind sedimentgetriebene Strömungen, die in von ihnen geformten Schluchten am Grund von Seen, Stauseen oder Ozeanen fließen. Sie sind die Hauptursache für die Verlandung von Stauseen. In den Meeresschluchten stellen sie die größten Sediment- und Kohlenstoffströme der Erde dar. Sie sind äußerst zerstörerisch und führen häufig zur Beschädigung von Pipelines und Telekommunikationskabeln, die diese Canyons durchqueren. Die Zahl der Telekommunikationskabel auf dem Meeresboden nimmt exponentiell zu, und die wirtschaftlichen Verluste, die durch Kabelbrüche entstehen, sind kolossal. Ziel der Forschung ist es, Einblicke in die morphometrischen Merkmale unterseeischer Canyons zu gewinnen, die Prozesse zu verstehen, die sie formen, die Sedimentflüsse zu quantifizieren und eine bessere Einschätzung der Kräfte zu erhalten, die von den Trübeströmen auf die Infrastruktur ausgeübt werden. Eine neue Dissertationsforschung (Beginn 2023) konzentriert sich auf Feldmessungen und der Postdoc von Gauthier Rousseau (Beginn 03.2022) auf ergänzende Laborexperimente. Diese Forschung erfolgt in Zusammenarbeit mit den Teams von Prof. Barry an der EPFL , öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster(Schweiz), Prof. Talling an der Univ. Durham , öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster(UK), Dr. Bouffard an der EAWAG , öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster(Schweiz) und Prof. Kremer an der Univ. Bern, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster (Schweiz).