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TU Wien gründet eigenes Ethikkomitee

Das Bewusstsein für forschungsethische Fragestellungen wächst – auch an technischen Universitäten. Daher gibt es ab Oktober 2023 an der TU Wien ein eigenes Ethikkomitee.

Foto der Ethikkomitee-Mitglieder

© Carolina Frank

Forscher_innen der TU Wien, die an oder mit Menschen forschen, können ihre Arbeit fortan vom TUW Research Ethics Commitee (TUW REC) begutachten lassen. Verantwortlich für die Koordination des Ethikkomitees ist der Fachbereich Responsible Research Practices, angesiedelt im Vizerektorat Forschung und Innovation.

Innovatives Konzept

Bereits seit 2019 hat die TU Wien das hinter dem TUW REC stehende, innovative Konzept für Ethik-Reviews getestet. Unter dem Namen „Pilot Research Ethics Committee“ haben zehn etablierte Wissenschaftler_innen aus sechs Fakultäten der TU Wien bislang 37 Projekte begutachtet. „Unsere Ethik-Reviews sind maßgeschneidert für die TU Wien“, erklärt Fachbereichsleitung Marjo Rauhala. „Weil es an technischen Universitäten zunehmend Bewusstsein für Forschungsethik gibt, setzen wir auf Peer Review, Sensibilisierung, Empowerment und Reflexion.“

Zu den bisherigen Pilot REC- und nunmehrigen TUW REC-Meetings werden die antragstellenden Forscher_innen gemeinsam mit den Peer Reviewer_innen eingeladen, um das jeweilige Forschungsvorhaben zu diskutieren. Die Teilnahme am TUW REC ist freiwillig, die Umsetzung der Empfehlungen nicht verpflichtend. „Es ist die Verantwortung unserer Forscher_innen, die Kommentare der Peer Reviewer_innen umzusetzen und in ihrer Forschung kontinuierlich forschungsethische Fragen im Blick zu haben“, so Rauhala. „Das ist ein nachhaltiger Zugang, den auch die Europäische Kommission als eine mögliche ‚Zukunft von Ethikkomitees‘ sieht.“ Die Forscher_innen bekommen demgemäß auch kein „Clearing“ – stattdessen aber „Caring“, Diskussion auf Augenhöhe, sowie ein Statement, dass sie am Pilot REC/TUW REC teilgenommen haben. Dieses Statement inkludiert die jeweilige Fallnummer und kann bei Forschungsförderern und Journals eingereicht werden.

„Ich freue mich sehr, dass ich in meiner Zeit als Vizerektor das TUW REC sowie den Fachbereich Responsible Research Practices fix an der TU verankern konnte“, resümiert Johannes Fröhlich, Vizerektor Forschung und Innovation.

Keinen Schaden zufügen

Anders als in der klinischen Forschung ist eine forschungsethische Begutachtung für Studien, die mit sozialwissenschaftlichen Methoden arbeiten, nicht verpflichtend. Weil aber auch in den Technik-/Ingenieurswissenschaften mit Menschen geforscht wird, ist es für eine verantwortungsvolle Universität unabdingbar, sich mit forschungsethischen Aspekten auseinanderzusetzen, um Menschen, der Gesellschaft oder der Umwelt keinen Schaden zuzufügen. Angesichts der Stärken und Forschungsschwerpunkte der TU Wien werden zukünftig auch weitere Themen für das TUW REC relevant sein, Forschung zu Künstlicher Intelligenz hat beispielsweise eindeutig forschungsethische Aspekte.

Schon lange gibt es aus der Forschungsethik-Community die Kritik an herkömmlichen Ethik-Reviews: Das Einholen eines einmaligen Votums könnte als „Hürde“ oder „Clearing“ verstanden werden, die man rasch überwinden müsse. Wenn das erledigt sei, könne man sich der „eigentlichen“ Forschung zuwenden und müsse nicht mehr über forschungsethische Aspekte nachdenken. Forschungsethisches Bewusstsein ist jedoch viel mehr als ein abzuhakendes To-do: es ist eine Haltung, die im Forschungskreislauf kontinuierlich zum Ausdruck kommen muss – ganz im Einklang mit dem TUW-Leitbild „Technik für Menschen“.

Voneinander lernen

Vom TUW REC profitieren indes nicht nur die Forschenden, sondern auch die Peer Reviewer_innen: Die interdisziplinäre Zusammenarbeit in den Sitzungen setzt voraus, die eigene Disziplin, die Methoden und das Fachvokabular für alle anderen verständlich und nachvollziehbar zu machen. Der Fachbereich Responsible Research Practices zieht deshalb auch in Erwägung, zukünftig eine „Retrospective Review“ zu implementieren – damit Forscher_innen dem TUW REC von ihren gewonnenen Erkenntnissen berichten können und das TUW REC diese Erkenntnisse in die zukünftige Arbeit integrieren kann. Für das TUW REC ist voneinander lernen von hohem Wert.

Monatliche Sitzungen

Die Sitzungen des TUW REC finden während des Semesters jeden dritten Freitag im Monat statt. Interessierte Forscher_innen können sich jederzeit an den Fachbereich Responsible Research Practices wenden und bekommen die notwendigen Unterlagen zugeschickt, um zu einem Ethik-Review eingeladen zu werden. Wesentlich ist aber: Bitte den Fachbereich nicht „last minute“ kontaktieren, sondern ein bis zwei Monate im Vorhinein. Dann können die forschungsethischen Empfehlungen noch gut in den Forschungsantrag integriert werden.

Mitglieder des TUW REC

  • Marjo Rauhala (Vorsitz)
  • Bettina Enzenhofer (Backoffice)
  • Dragana Damjanovic
  • Martina Marchetti-Deschmann
  • Geraldine Fitzpatrick
  • Simon Güntner
  • Petra Hirschler
  • Axel Jantsch
  • Eugenijus Kaniusas
  • Markus Kattenbeck
  • Stefan Scheiner
  • Michael Wimmer

Rückfragehinweis

Dr. Marjo Rauhala
Fachbereich Responsible Research Practices
Technische Universität Wien
+43 1 58801 406630
marjo.rauhala@tuwien.ac.at
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ethics@tuwien.ac.at
https://tuwien.ac.at/forschungsethik, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster