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Resselpreis 2020: Die Wissenschaft der Ziegelwand

Der Resselpreis der TU Wien geht an Thomas Kiefer, der mit viel Hightech und ausgeklügelten mathematischen Modellen, die Einsatzmöglichkeiten für Ziegel erweitert.

Thomas Kiefer

Resselpreisträger Thomas Kiefer

Ziegel sind ein Baumaterial mit vielen Vorteilen: Sie sind stabil und lange haltbar, haben gute Wärmeleitungseigenschaften und im Gegensatz zur Betonproduktion sind sie über ihre Lebensdauer betrachtet emissionsarm. Trotzdem spielen sie im Wohnbau heute eine untergeordnete Rolle – mehrgeschoßige Häuser werden meist aus Stahl und Beton errichtet.

Thomas Kiefer möchte das ändern: Er forscht am Institut für Mechanik der Werkstoffe und Strukturen, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster daran, die Eigenschaften von Ziegeln zu analysieren, zu erklären und zu verbessern. Dabei muss man auf unterschiedlichen Größenskalen ansetzen – von einer mikroskopischen Betrachtungsweise bis zur Analyse einer ganzen Ziegelwand. Für seine Dissertation, betreut von Josef Füssl, wird Thomas Kiefer nun am 15.10.2020 mit dem Resselpreis der TU Wien, öffnet in einem neuen Fenster ausgezeichnet.

Ziegel können mehr

„Was die Beständigkeit betrifft, sind Ziegel dem Beton eigentlich überlegen“, sagt Thomas Kiefer. „Doch wenn man moderne Wohnbauten errichten will, mit fünf oder sechs Stockwerken, dann kommen Ziegel an ihre Belastungsgrenze. Das liegt allerdings auch daran, dass Ziegel in den letzten Jahrzehnten kaum weiterentwickelt wurden. Man gab sich mit Beton zufrieden, obwohl im Ziegelmaterial eigentlich noch viel mehr Potenzial steckt.“

Um bessere Ziegel zu entwickeln, muss man ihre physikalischen Eigenschaften genau verstehen. Und das gelingt nur, indem man ihre Mikrostruktur studiert: Die Tonerde, aus denen man Ziegel herstellt, enthält unterschiedliche Bestandteile – etwa Feldspate, Quarze oder Glimmer.

„Zunächst muss man die Eigenschaften dieser Bestandteile verstehen, etwa ihre Steifigkeit oder die Wärmeleitfähigkeit“, sagt Thomas Kiefer. Dazu war es nötig, aufwändige Messmethoden weiterzuentwickeln, etwa für die Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit im Rasterkraftmikroskop. Ebenso brauchte man mathematische Modelle, mit denen auf die Eigenschaften des Ziegelmaterials geschlossen werden kann – auch daran arbeitete Thomas Kiefer. Und aufbauend darauf entwickelte er schließlich ein Computermodell, mit dem man die Eigenschaften ganzer Ziegel oder Ziegelwände berechnen kann. „Genau diese Verbindung unterschiedlicher Größenskalen ist eine der zentralen Herausforderungen bei dieser Forschungsarbeit“, erklärt Kiefer.

Winzige Poren

Nicht nur die verwendete Tonerde bestimmt die Eigenschaften des Ziegels, sondern auch die Verarbeitung: Man kann etwa Sägespäne beimischen, die dann beim Brennen des Ziegels kleine Poren entstehen lassen. „Mit unseren Modellen kann man genau sagen, welche Tonmischung und welche Formgebung bei der Ziegelproduktion die beste ist, um die gewünschten Eigenschaften zu erzielen“, sagt Thomas Kiefer. 

Er hofft, damit dem Ziegel als Baumaterial zu neuen Einsatzmöglichkeiten zu verhelfen: „Ich bin sicher, dass Ziegel in Zukunft eine viel größere Rolle spielen können, auch für Bauvorhaben, bei denen heute nur Beton in Frage kommt.“ Nicht zuletzt für den Klimaschutz ist das wichtig: Bei der Produktion von Zement werden große Mengen an CO2 freigesetzt. Thomas Kiefer arbeitete mit dem Ziegelhersteller Wienerberger zusammen. Für die Bestimmung der Materialeigenschaften und bei der Charakterisierung der Tonerden kooperierte er mit der Boku sowie der Universität Wien. 

Thomas Kiefer

Thomas Kiefer stammt aus dem schwäbischen Ulm, für sein Studium zog es ihn 2008 an die TU Wien, an der er Bauingenieurwesen und Infrastrukturmanagement studierte. Nach seinem Master begann er seine Dissertation im Rahmen des FFG-Forschungsprojektes „Innovative Brick“, das durch den Klima- und Energiefonds des Bundes gefördert wurde.
Am 15. Oktober 2020 wird Thomas Kiefer im Rahmen einer akademischen Feier mit dem Resselpreis der TU Wien ausgezeichnet. Der Resselpreis der TU Wien wird jährlich an herausragende junge Wissenschaftler_innen vergeben und ist mit € 13.000 dotiert –a zweckgebunden für die wissenschaftliche Forschung.


Kontakt

Dr. Thomas Kiefer
Institut für Mechanik der Werkstoffe und Strukturen
Technische Universität Wien
+43 1 58801 20238
thomas.kiefer@tuwien.ac.at

Aussender:
Dr. Florian Aigner
Technische Universität Wien
PR und Marketing
Resselgasse 3, 1040 Wien
+43 1 58801 41027
florian.aigner@tuwien.ac.at