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Prof. Gerhard Betz - ein Nachruf

Mit tiefer Betroffenheit haben wir erfahren, dass Ao.Univ.Prof.i.R. Dr.phil. Gerhard Betz am Mittwoch, den 18.3.2020 unerwartet verstorben ist.

Porträtfoto von Gerhard Betz

Gerhard Betz wurde am 17. Oktober 1944 in Wiener Neustadt geboren. Ein Teil seiner Vorfahren stammte aus dem heutigen Slowenien, wo er immer gerne zu Besuch war.

Prof. Betz maturierte 1962 in Wiener Neustadt und studierte dann an der Universität Wien Physik, wo er auch 1971 promovierte. Der Grundstein für seine spätere wissenschaftliche Karriere wurde schon früh im Rahmen seiner Dissertation gelegt, die er am Forschungszentrum Seibersdorf bei seinem Doktorvater Franz Viehböck absolvierte. In seiner Doktorarbeit mit dem Titel „Zerstäubungskoeffizienten und Winkelverteilungen bei der Zerstäubung polykristalliner Stoffe durch Ionen mittlerer Energien“ (Wien, Univ., Diss., 1971) war er einer der ersten, der Computersimulationen (mit den damals noch sehr primitiven Möglichkeiten) verwendete, um Ionen-Festkörper-Wechselwirkungen zu studieren.

Nach seiner Dissertation und zugleich mit der Berufung von Franz Viehböck als Vorstand des Instituts für Experimentalphysik II an die TU Wien trat Gerhard Betz eine Stelle als Universitätsassistent an diesem Institut an, wo er zuerst vor allem auf dem Gebiet der experimentellen Auger-Analyse von Oberflächen arbeitete. Ein zweijähriger Forschungsaufenthalt (1973/74) in Minneapolis, Minn., USA ermöglichte ihm, seine Expertise auf diesem Gebiet wesentlich zu vertiefen. Dort arbeitete er mit Gottfried Wehner, einem der „Väter“ der Ionenzerstäubung.

Als Sputtering-Pioniere wurden damals neben Gottfried Wehner auch Gerhards Doktorvater Franz Viehböck, sowie Peter Sigmund (Odense) und Vera Yurasova (Moskau) bezeichnet. Nach seiner Rückkehr an die TU Wien war er einige Jahre schwerpunktmäßig in der Oberflächen- und Materialanalyse mittels Augerspektroskopie tätig. Dabei entstand sein ausgezeichneter Ruf in der wissenschaftlichen Community.

1982 habilitierte er sich an der TU Wien und wurde 1997 außerordentlicher Professor für Ionenphysik. Vom österreichischen Bundespräsidenten erhielt er den Berufstitel Universitätsprofessor verliehen. Seit den frühen 1980er-Jahren arbeitete Gerhard Betz auf dem Gebiet der Ionen-Festkörper-Wechselwirkung, vor allem studierte er die Energieverteilung zerstäubter Teilchen mittels Laserfluorezenz- sowie Laser-Ionisationsspektroskopie.

In dieser Zeit verbrachte er auch einige Monate bei Roger Kelly im IBM Research Center in Yorktown Heights, NY, USA, sowie im Rahmen eines Forschungsprojektes in Nashville, TN, USA bei Norman Tolk. Lag der Schwerpunkt zu diesem Zeitpunkt auf experimenteller Forschung, kehrte Gerhard Betz Anfang der 1990er-Jahre wieder zu seiner besonderen „Liebe“, der Molekulardynamik-Simulation (MD Simulation) zurück. Auf diesem Gebiet forschte er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2009.

Aufbauend auf seiner Dissertation entwickelte er seinen eigenen MD-Code, der zu zahlreichen Publikationen führte und ihn zu einem angesehenen Experten auf dem Gebiet der Computersimulation der Ionen-Festkörper Wechselwirkung machte. Forschungsaufenthalte bei Kollegen auf diesem sich durch schnelle Hochleistungscomputer rasch entwickelnden Gebiet machten ihm besonders viel Freude (Barbara Garrison, Pennstate Univ, USA; Bruce King, Newcastle Univ., Australien; Sachiko Nakagawa, Okayama Univ., Japan).

Über viele Jahre betreute er die Rechenübungen für die dreisemestrige Einführungsvorlesung in Physik für Studierende der Technischen Physik. Gerhard Betz lag diese Lehrveranstaltung besonders am Herzen und daher betreute er sie auch über seine Pensionierung hinaus noch einige Jahre.

Neben seiner beruflichen Tätigkeit war Prof. Betz ein Naturfreund. Bis vor wenigen Jahren verbrachte er einen Großteil seiner Freizeit auf Bergen und im Wald. Dabei galt sein besonderes Interesse dem Sammeln von Pilzen. Regelmäßig ging er auch direkt von der TU Wien zu Vorträgen der mykologischen Gesellschaft an die Universität Wien oder nahm an mehrtägigen Pilzexkursionen teil.

Wir werden Gerhard und seine ruhige, besonnene Art vermissen, sind aber dankbar für die schöne Zeit und die vielen gemeinsamen Unternehmungen und werden ihn immer im Gedächtnis behalten. In dieser Stunde gilt unsere besondere Anteilnahme seiner Familie.

Wolfgang Husinsky
Im Namen aller Kolleginnen und Kollegen des Instituts für Angewandte Physik