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Prof. Emmerich Simoncsics (1933 – 2020): Ein Nachruf

Die TU Wien und das Japan Austria Science Exchange Center trauern um Prof. Simoncsics, der in der Nacht vom 2.Dezember 2020 von uns gegangen ist.

Porträtfoto von Prof. Emmerich Simoncsics

Mit tiefer Betroffenheit mussten wir erfahren, dass Emmerich Simoncsics im Alter von 87 Jahren verstorben ist. Prof. Simoncsics, von seinen engsten Mitarbeiter_innen auch liebevoll "Sim" genannt, war maßgeblich am Aufbau der heute für die gesamte TU Wien so wichtigen Japan-Kooperation verantwortlich und auch sonst weit über die Fakultät für Architektur und Raumplanung hinaus aktiv.  

1933 in Linz geboren, aber in Budapest aufgewachsen, absolvierte Emmerich Simoncsics vier Jahre Architekturstudium an der TU Budapest mit Auszeichnung. Während er an seinem Diplom arbeitete, brach die ungarische Revolution aus und er musste nach Österreich flüchten. Unter finanziellen, sozialen und sprachlichen Schwierigkeiten erwarb er in weiteren fünf Semestern 1959 das Diplom an der TU Wien. Sein Wunsch, bei dem weltbekannten japanischen Architekten Kenzo Tange an der Universität Tokio seine Dissertation vorzubereiten, ging in Erfüllung, indem er im Jahre 1964 mit seiner Frau ohne finanzielle Unterstützung nach Tokio flog und dort im Rahmen seiner Arbeit bei Architekt Shibata bei einem internationalen Wettbewerb den ersten Preis gewann. Als Dank für den Erfolg erwirkte Architekt Shibata für ihn eine längere Aufenthaltsgenehmigung und ein japanisches Stipendium an der Universität Tokio. Dort studierte er sowohl die traditionelle Architektur Japans als auch zeitgenössische Bauten unter Prof. Kenzo Tange.

Anlässlich eines Japanbesuches von Prof. Karl Schwanzer wurde ihm eine Assistentenstelle an der TU Wien angeboten. Ab 1967 war er am Institut für Gebäudelehre tätig. Im Anschluss an die Ziviltechnikerprüfung und den Erwerb des Doktortitels im Jahre 1972 erhielt er 1974 den Lehrauftrag für "Angewandte Ästhetik" und arbeitete an seiner Habilitationsschrift. Nach dem Ableben von Prof. Schwanzer übernahm er zweieinhalb Jahre lang die Vorlesungen und die Prüfungsaufgaben für Gebäudelehre.

Im Jahre 1976 realisierte er in Zusammenarbeit mit Architekt Maki das Österreichische Botschaftsgebäude in Tokio, dessen Repräsentationsräume er in Anlehnung an den Jugendstil einrichtete. Die historischen Bezüge der Innenraumgestaltung wurden im Rahmen einer Ausstellung im MAK auch einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt.

Im Jahre 1981 initiierte er ein Abkommen über die wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen der TU Wien und der Universität Tokio. Dies war die Basis für die heute über 16 Abkommen mit prestigeträchtigen japanischen Universitäten und Forschungseinrichtungen und führte nicht zuletzt zur Gründung des Japan Austria Science Exchange Centers (JASEC), öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster an der TU Wien geführt, das die Koordinierung dieses Internationalisierungsprozesses seit 2015 übernommen hat.

Prof. Simoncsics lieferte auch bedeutende wissenschaftliche Beiträge zur japanischen Sprachforschung und leitete bis noch vor wenigen Jahren die LVA "Computerunterstütztes Japanisch". Nach Erlangung der Dozentur im Jahre 1984 führte er die Methoden der Angewandten Ästhetik auch in 6 japanischen Universitäten ein und betrieb als Architekt interdisziplinäre Forschung mit Fakultäten für Bauingenieurwesen und Kunsthochschulen. Für diese Tätigkeiten und für seine Publikation "Japanese-English Code Dictionary" wurde ihm im Jahre 1997 von seiner Majestät dem japanischen Kaiser der "Orden der aufgehenden Sonne" verliehen. Für seine wissenschaftlichen Leistungen auf dem Gebiet "Terminologie" erhielt er durch die Unterstützung der Österr. UNESCO-Kommission im Jahr 2006 den "Eugen Wüster Sonderpreis".

Im Jahre 1998, bereits im Pensionsalter, initiierte er nach dem Grubenunglück in Lassing das interdisziplinäre Forschungsprojekt "Disaster Mitigation" als Kooperation von japanischen und österreichischen Expert_innen für Naturkatastrophen. Auch diese Initiative wird heute noch im Rahmen von Lehrveranstaltungen und Forschungskooperationen am JASEC fortgeführt.

Aufgrund seiner Leistungen für die TU Wien und seiner engen Verbundenheit mit dieser, erhielt er im Jahr 2009 das Goldene Diplom.

Mit Prof. Simoncsics verlieren mehrere Generationen an TUW-­­Angehörigen und Student_innen nicht nur einen wichtigen Mentor, sondern auch einen prägenden Wegbegleiter. Das JASEC-Team um Iris Mach und Thomas Rief hat mit Prof. Simoncsics zudem auch einen guten Freund verloren und wird für ihn ein ehrendes Andenken bewahren.