News

Kohlensäure: Erstmals gasförmig isoliert

WissenschaftlerInnen der Universität Innsbruck und der TU Wien haben erstmals im Labor gasförmige Kohlensäure hergestellt und isoliert. Die Forschungsteams um Thomas Lörting (Innsbruck) und Hinrich Grothe (Wien) konnten die gasförmigen Moleküle mittels Infrarotspektroskopie exakt charakterisieren. Die Ergebnisse erscheinen nun in der Zeitschrift Angewandte Chemie International Edition.

Im Schweif von Kometen und auf vielen anderen Himmelskörpern wird gasförmige Kohlensäure vermutet. (Hier: der Komet Hale-Bopp)

Im Schweif von Kometen und auf vielen anderen Himmelskörpern wird gasförmige Kohlensäure vermutet. (Hier: der Komet Hale-Bopp)

Im Schweif von Kometen und auf vielen anderen Himmelskörpern wird gasförmige Kohlensäure vermutet. (Hier: der Komet Hale-Bopp)

Lehrbücher und Medien verbreiten es immer wieder: Stabile Kohlensäure gibt es praktisch nicht. Sie lasse sich in reiner Form nicht erzeugen und zerfalle beim Verdampfen sofort in Kohlendioxid und Wasser. Innsbrucker ChemikerInnen um Erwin Mayer (Institut für Allgemeine, Anorganische und Theoretische Chemie) haben dieses alte Dogma der Chemie schon vor einigen Jahren umgestoßen. Sie gehören heute zu den wenigen Wissenschaftlern weltweit, die reine Kohlensäure im Labor herstellen können. Nun haben sie erstmals auch gasförmige Kohlensäure erzeugt und mit Unterstützung der Forschungsgruppe um Hinrich Grothe von der TU Wien die Moleküle auch nachgewiesen. „Die Moleküle der Kohlensäure treten in der Gasphase in drei unterschiedlichen Formen auf: entweder als Dimer aus zwei Molekülen oder in zwei Arten von Monomeren“, erläutert Thomas Lörting vom Institut für Physikalische Chemie das Resultat der aufwändigen Untersuchung.

Überraschendes Ergebnis

Für das Experiment wurde die Kohlensäure im Labor an der Universität Innsbruck erzeugt und in flüssigem Stickstoff gekühlt von Doktorand Jürgen Bernard nach Wien transportiert. Am Institut für Materialchemie der TU Wien wurden die Proben dann bis auf minus 30 Grad Celsius erwärmt. „Dabei gingen die Kohlensäuremoleküle in die Gasphase über“, erklärt Lörting das überraschende Ergebnis. Denn viele Experten waren bisher davon ausgegangen, dass Kohlensäure sofort in Kohlendioxid und Wasser zerfällt. Die österreichischen Forscher haben die gasförmige Kohlensäure in einer Matrix aus dem Edelgas Argon gefangen und stark abgekühlt. „Dadurch entstand ein gefrorenes Abbild der gasförmigen Kohlensäure, das wir mittels eines evakuierbaren und hochauflösenden Infrarotspektrometers an der TU Wien untersuchen konnten“, erzählt Hinrich Grothe. „Das dabei erzeugte Spektrum ist so genau, dass wir die Spektrallinien den einzelnen Schwingungen von einzelnen Molekülen zuordnen konnten.“ Theoretische Unterstützung erhalten die Chemiker bei den experimentellen Arbeiten schon seit mehr als einem Jahrzehnt von der Arbeitsgruppe von Klaus Liedl, die mittels Computermodellen bei der Interpretation der experimentellen Daten hilft. Weitere Berechnungen wurden von Oscar Galvez vom CSIC Madrid durchgeführt.

Infrarotspektrum für die Forschung

Das Experiment ist nicht nur für die Grundlagenforschung von großer Bedeutung, es liefert auch wichtige Daten für die Astronomie. Der Nachweis von gasförmiger Kohlensäure in der Atmosphäre von Himmelskörpern wird durch die in der Studie veröffentlichten, sehr detaillierten Spektren der gasförmigen Kohlensäure erleichtert. „Die Bedingungen im Weltraum legen es nahe, dass im Schweif von Kometen oder auf dem Planeten Mars gasförmige Kohlensäure gefunden werden müsste,“ erzählt Thomas Lörting. „Allerdings sind die derzeit gemessenen Infrarotspektren aus dem All noch zu ungenau, um sie mit den Ergebnissen aus dem Labor wirklich vergleichen zu können.“

Das Innsbrucker Forschungsteam um Lörting und Liedl gehört zur Forschungsplattform Material- und Nanowissenschaften der Universität Innsbruck und wurde bei den Forschungen vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und vom European Research Council (ERC) unterstützt. Das neue Infrarotspektrometer der Wiener Chemiker-Gruppe um Grothe wurde vom materialwissenschaftlichen Schwerpunkt der TU Wien finanziert. Die Kooperation der TU Wien mit dem CSIC Madrid wurde vom Österreichischen Austauschdienst (ÖAD) unterstützt.

Publikation: Spectroscopic Observation of Gas-Phase Carbonic Acid Isolated in Matrix. Jürgen Bernard, Markus Seidl, Ingrid Kohl, Klaus Liedl, Erwin Mayer, Oscar Gálvez, Hinrich Grothe, Thomas Lörting. Angewandte Chemie International Edition.
<link http: dx.doi.org anie.201004729>

dx.doi.org/10.1002/anie.201004729, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster



Rückfragehinweise:

Univ.Prof. Dr. Thomas Lörting
Institut für Physikalische Chemie
Universität Innsbruck
Innrain 52, A-6020 Innsbruck
T: +43-512-507-5062
<link>Thomas.Loerting@uibk.ac.at
<link http: homepage.uibk.ac.at _blank link_extern>

homepage.uibk.ac.at/~c724117/, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster



Univ.Prof. Dr. Hinrich Grothe
Institut für Materialchemie
TU Wien
Lehargasse 2-4, A-1060 Wien
T: +43-1-58801-165122
<link>grothe@tuwien.ac.at
<link http: www.imc.tuwien.ac.at>

www.imc.tuwien.ac.at, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster



Aussender:
Dr. Florian Aigner
Büro für Öffentlichkeitsarbeit
Technische Universität Wien
Operngasse 11, 1040 Wien
T: +43-1-58801-41027
<link>florian.aigner@tuwien.ac.at 

Dr. Christian Flatz   
Büro für Öffentlichkeitsarbeit und Kulturservice   
Universität Innsbruck    
Innrain 52c, 6020 Innsbruck   
T: +43-512-507-32022    
<link>christian.flatz@uibk.ac.at