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Genderkompetenz ist keine Frauenfrage

Wie sieht der TUW-Frauenanteil aus? Und was tut die Abteilung Genderkompetenz? Infos wie beispielsweise kurze Animationen helfen, Aufmerksamkeit zu generieren.

Ein Standbild aus einem der Genderkompetenz-Videos: eine heterogene Gruppe vor einer Tafel auf der "In welcher Welt wollen wir leben" geschrieben steht. Rechts oben das TU Wien Signet.

An der TU Wien sind 23 von 162 Professuren von Frauen besetzt. 7.994 von 27.069 Studierenden sind Frauen. 64 von 264 PhD-Abschlüssen gingen 2019 an Frauen (Link zur Quelle, Frauen und Männerbericht 2019, öffnet eine Datei in einem neuen Fenster). Wir beobachten zwar einen stetigen Zuwachs der Frauenanteile, sind aber noch lange nicht am Ziel: Nach § 41 des Universitätsgesetzes soll „in allen universitären Arbeitsbereichen ein ausgewogenes Zahlenverhältnis zwischen den an der Universität tätigen Frauen und Männern erreicht“ werden. Gerade an einer technischen Universität ist das keine einfache Aufgabe, denn Technik ist bis heute männlich konnotiert.

Hartnäckige Geschlechterstereotype

Es ist die eine Schwierigkeit, Frauen überhaupt an eine technische Universität zu bekommen, wenn sie in einer Gesellschaft und mit Medien sozialisiert werden, die ihnen ständig sagen, dass Technik nichts für sie ist. Nicht zu vergessen, dass Frauen in Österreich überhaupt erst seit 1919 ein ordentliches Studium an einer technischen Universität inskribieren dürfen.

Die weitere Schwierigkeit ist es, TU-Studentinnen/Wissenschaftlerinnen auch hier zu halten: Bis heute beobachten wir auch an der TU Wien die sogenannte „Leaky Pipeline“ – das bedeutet, dass Frauen mit zunehmender Karrierestufe in immer geringeren Anteilen vertreten sind. Ein Drittel Frauen unter den Studienbeginner_innen und Absolvent_innen wird zu 20 Prozent unter den Doktorand_innen und gar nur 13 % unter den Professor_innen. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, Chancengleichheit für alle Geschlechter zu realisieren. Aus der Forschung wissen wir, dass Frauen oft nicht dieselben Kompetenzen zugesprochen werden wie Männern – auch wenn der Lebenslauf exakt gleich ist. Insbesondere bei der Personalauswahl ist es von zentraler Bedeutung, geschlechterstereotype Vorannahmen zu reflektieren und Prozesse zu etablieren, um zu möglichst geschlechtergerechten Entscheidungen kommen zu können. An der TU Wien werden deshalb auch Berufungskommissionen in puncto Gender Bias geschult.

Fehlende Genderkompetenz schädigt Menschen

Doch es ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, wenn mehr Frauen in technischen Berufen mitbestimmen, sondern auch eine Frage der Produktqualität: wenn Frauen keine Entwicklerinnen sind und auch sonst niemand ihre Erfahrungen mitdenkt, laufen die entwickelten Produkte Gefahr, von Frauen nicht verwendet werden zu können. So kennen wir Garagentore, die sich mittels Stimmerkennung öffnen lassen – aber nur, wenn die Stimme tief ist. Smarte Sicherheitsbekleidung mit Sensorik, die – weil unpassend – bei einem echten Einsatz mehr behindert als unterstützt. Oder das Beispiel mit der Sicherheit im Auto: Crashtest-Dummys waren jahrzehntelang einem Durchschnittsmann nachempfunden. Davon haben nicht-durchschnittliche Männer aber auch insbesondere Frauen Schäden davongetragen: die Unfallstatistiken zeigen, dass Frauen bei einem Unfall weit häufiger Verletzungen haben als Männer, auch ihr Sterberisiko ist bei einem Unfall höher.

Notwendige Fragen stellen

Mittlerweile wird Forscher_innen in Forschungsanträgen immer öfter die Frage gestellt, welchen Einfluss Geschlecht in ihrem Forschungsvorhaben hat – so sollen die beschriebenen „Fails“ vermieden und Forscher_innen für Gender-Aspekte sensibilisiert werden. In der Robotik könnte das beispielsweise heißen, sich die Frage zu stellen, ob im Design von Robotern Geschlechterstereotype reproduziert werden. Im Bereich der Mobilität lässt sich die Frage stellen, für welche Bevölkerungsgruppen Mobilitätskonzepte gemacht werden und wer von welchen Maßnahmen profitieren würde – dasselbe gilt für Innovationen im Energiebereich. Wie wirken sich welche Maßnahmen auf Frauen, Männer, intergeschlechtliche oder transgeschlechtliche Personen und alle weiteren Geschlechter aus? Wollen wir unsere Zukunft und die Technologien, die uns im Alltag umgeben, auf eine Weise gestalten, in der bestimmte Bevölkerungsgruppen benachteiligt werden – oder wollen wir etwas anders machen?

    Was tut die Abteilung Genderkompetenz für mich?

    Die Abteilung Genderkompetenz steht allen TU Wien-Angehörigen als Ansprechstelle zur Verfügung, wenn es um diese Fragen geht:

    • Wie kann ich geschlechtergerecht formulieren, Veranstaltungen organisieren, Personal auswählen?
    • Welche Gleichstellungsmaßnahmen eignen sich für meinen Bereich?
    • Wie kann ich meine Lehre oder Forschung geschlechtergerecht gestalten?
    • Gibt es Genderaspekte in meiner Forschung – wie kann ich diese gegebenenfalls berücksichtigen?
    • Wohin kann ich mich wenden, wenn ich sexuelle Belästigung beobachtet oder selbst erlebt habe?

    An der TU Wien gibt es bereits viele Ressourcen, die auf Chancengerechtigkeit abzielen (unter anderem auch den Frauenförderungsplan, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster oder den Gleichstellungsplan, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster). Es liegt an uns allen, dieses Gender-Wissen aufzugreifen und im eigenen Tun umzusetzen. Damit die TU Wien ihrem Ziel einer geschlechtergerechten Universität in großen Schritten näherkommt.

    Wo beginnen?

    Um die Studierenden, Lehrenden und Forscher_innen der TU Wien in diesen Fragen zu unterstützen, hat die Abteilung Genderkompetenz im Rahmen des EU-Projekts „Gender Equality in Engineering through Communication and Commitment, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster umfangreiche Materialien für Forscher_innen und Lehrende erstellt:

    Gender & Robotik

    Gender & HCI

    Gender & Energie

    Gender & Mobilität