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Erinnerung an Dr. Max Schindler (1922–2020), Pionier der Satellitenkommunikationstechnologie

Ein Nachruf von Dipl.-Ing Norbert Schindler auf seinen Vater Dr. Max Schindler

Mein Vater, Dr. Maximilian J. Schindler, starb letzte Woche im Alter von 98 Jahren friedlich in seinem Haus in Boonton, New Jersey, wo ich aufgewachsen bin. Max – so nannten ihn meine beiden älteren Brüder und ich – wurde 1922 in Warnsdorf, in der Industrieregion Nordböhmens, geboren. Die Tschechoslowakei war damals gerade erst 4 Jahre alt. Wie viele andere Länder Mitteleuropas basierte auch ihre Gründung 1918 auf Präsident Woodrow Wilsons Initiative der „Selbstbestimmung“. In diesem neuen Land sprachen etwa 23 % der Bevölkerung Deutsch, und praktisch alle Deutschsprachigen fühlten sich zu dieser Zeit noch österreichisch (und sicherlich nicht „tschechoslowakisch“, ein Begriff, den Tomáš Masaryk und seine Verbündeten erfunden hatten, als sie sich bemühten, einen neuen "Nationalstaat" zweier verschiedener slawischer Gruppen zu etablieren, der bis 1993 bestand). Noch heute heißt die Stadt „Varnsdorf“ (fast alle anderen Städte und Dörfer, in denen einst Deutsch-Böhmen lebten, haben heute tschechisch klingende Namen). Nach dem Krieg wurde die Familie meines Vaters – wie viele andere in der Region, die kurz "Sudetenland" genannt wurde – aus den von ihnen gebauten Häusern in einer Region vertrieben, die vor Jahrhunderten von Deutschen besiedelt worden war. Während der Rest seiner Familie in die Slowakei zog, wurde mein Vater von einem polnischen Verwandten in Wien aufgenommen, wo er die österreichische Staatsbürgerschaft erhielt und an der Technischen Universität Wien studierte. Während er an seinem Doktorat am Institut für Schwachstromtechnik arbeitete, lernte Max meine Mutter kennen, eine junge Studentin aus Tirol. Mit zwei Kleinkindern (meinen älteren Brüdern) zogen meine Eltern in den 1950er Jahren in die USA, als viele europäische Wissenschaftler vom US-Militär rekrutiert wurden. Wie mein Vater mir sagte, hatte er die Nase voll von den Deutschen, den Tschechen und all den anderen Nationalisten, die sich gegenseitig töteten bzw. sich gegenseitig das Leben schwer machten. Er liebte sein neues Leben in Amerika, wo sich die Wirtschaft unheimlich stark entwickelte. Max hatte ein Haus mit einem großen Garten, ein Auto und viele andere Annehmlichkeiten, von denen die meisten Europäer der Nachkriegszeit nur träumen konnten. Er war dankbar für die Möglichkeiten, die ihm in den USA geboten wurden, und war sein ganzes Leben lang zutiefst verbittert darüber, was seiner Familie in Böhmen widerfahren war. Weil seine Familie das Land verlor, das sie vor vielen Generationen besiedelt hatten, erinnerte er mich daran, dass unser Glück auf Kosten der amerikanischen Ureinwohner ging, die ihr Land an Europäer verloren hatten, die lange vor uns gekommen waren. Ich bin mit dem Wissen aufgewachsen, dass das Land, auf dem ich lebte und spielte, anderen weggenommen wurde, und ich fühlte mich oft wie ein Ausländer in dem Land, in dem ich geboren und aufgewachsen bin. Nach meinem Studium in den USA folgte ich meinen familiären Wurzeln zurück nach Europa. Max meldete drei Patente an und leitete eine Designgruppe für hydraulisch abgestimmte Magnetrons bei der RCA Microwave Division in Harrison, NJ. Die von seinem Team entworfenen Miniatur-TWTs (Travelling-Wave Tubes) waren die ersten Röhren dieser Art, die in der Satellitenkommunikation für das 1962 gestartete RCA-Relais 1 verwendet wurden. Dies war der erste derartige Satellit, der von einer privaten Firma gebaut wurde. Nachdem er RCA verlassen hatte, schrieb er Artikel und veröffentlichte Bücher über Software Engineering – und interviewte einmal Bill Gates, der zu dieser Zeit Anfang zwanzig war.

Max hat nicht so viel mit mir gesprochen, als ich heranwuchs, aber wenn er es tat, hat es mich oft nachhaltig beeinflusst. Als ich ein rebellischer Teenager war, machte er sich manchmal über mich lustig und sagte mir, dass ich ein Jahrzehnt zu spät geboren wurde, denn die Revolution der 60er-Jahre wäre schon vorbei. Aber er stand mir nie im Wege und meine Eltern gaben mir all die Unabhängigkeit, die ich mir als Teenager und junger Erwachsener nur erhoffen konnte. Ich ging nach Carnegie-Mellon, um – wie mein Vater – Physik zu studieren, verstand aber schnell, dass dies nichts für mich war. Er ermutigte mich, an die CMU zu gehen, wohl wissend, dass ich höchstwahrscheinlich in der Informatik landen würde. Ich unterbrach mein Studium in Pittsburgh, um ein Jahr an der Universität Wien zu verbringen. Ich lebte in derselben Wohnung, in der meine Eltern nach ihrer Heirat lebten. Nachdem ich meinen Bachelor of Science an der CMU erworben hatte, kehrte ich nach Wien zurück, um in einem Forschungszentrum mit Schwerpunkt Künstliche Intelligenz zu arbeiten, dessen Zentrale auf der gegenüberliegenden Straßenseite der Firma lag, wo mein Vater arbeitete, bevor er Wien verließ. Ich machte dann meinen Dipl.-Ing. in Informatik an seiner Alma Mater, der TU Wien. Wie mein Vater verbrachte ich viele Jahre im Bereich Software Engineering und Elektronik – bevor ich mein eigenes Beratungsgeschäft mit Schwerpunkt auf Satellitenpositionierungstechnologie („GNSS Consulting“) aufbaute. Von meinem Vater erbte ich meine Liebe zu Wissenschaft, Fotografie, Schreiben, Reisen, klassischer Musik und eine tiefen Wertschätzung für Geschichte und Kultur. Er zeigte vorbildlich, was es bedeutet, tolerant – und wertschätzend – gegenüber anderen Kulturen zu sein. Ich bin gerne im multikulturellen Umfeld des Großraums New York aufgewachsen. Trotz seiner schrecklichen Erfahrungen in Europa haben er und meine Mutter mich in mitteleuropäischer Tradition erzogen, die ich noch mehr schätzen lernte, als ich nach Europa ausgewandert bin. Er lebte ein herausforderndes und schönes Leben und war Inspiration für seine drei Söhne: Dr. Christian Schindler, Professor der Columbia University, Manfred Schindler, Master of Science in Electrical and Computer Engineering, IEEE Conferences Chair, und ich.