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ERC-Grant für Ansgar Jüngel

Prof. Ansgar Jüngel lässt sich in seiner mathematischen Forschung von der Biologie, Physik und auch Elektrotechnik inspirieren. Nun erhält er einen ERC Advanced Grant.

Ansgar Jüngel in seinem Büro

© Matthias Heisler

Ansgar Jüngel

Die ERC-Grants des European Research Council (ERC) gelten als die prestigeträchtigsten und höchstdotierten Förderungen der europäischen Forschungslandschaft. Bei der diesjährigen Vergaberunde ging wieder einer dieser Grants an die TU Wien: Prof. Ansgar Jüngel vom Institut für Analysis und Scientific Computing der TU Wien wird mit einem ERC Advanced Grant ausgezeichnet, dotiert mit 1.945.000 Euro.

In seinem Forschungsprojekt „Emergente Netzwerkstrukturen und neuromorphe Anwendungen“ möchte Ansgar Jüngel mathematische Methoden entwickeln, um Netzwerkstrukturen besser zu verstehen. Dabei geht es etwa um das Verhalten einzelner Nervenzellen, das man auf physikalischer Ebene beschreiben kann, aber auch um die Gesetze ihres Zusammenspiels, um ihr kollektives Verhalten und über Möglichkeiten, ähnliche Netzwerke auch aus elektronischen Bauteilen herzustellen.

Qualität statt Quantität

„Die Entwicklung der Computer stößt an eine natürliche Grenze“, sagt Ansgar Jüngel. „Bis vor kurzem galt das sogenannte Mooresche Gesetz: Grob gesagt, verdoppelte sich ungefähr alle zwei Jahre die Zahl der Transistoren pro Computerchip. Inzwischen ist das nicht mehr möglich.“ Weiterer Fortschritt kann nur mit neuen Ideen erzielt werden. Eine Möglichkeit ist, sich ein Beispiel an der Natur zu nehmen: Was kann man aus biologischen Systemen lernen? Wie funktioniert das Gedächtnis? Wie kann man die Systeme mathematisch beschreiben, und was kann man daraus für künstliche Intelligenz lernen?

„Biologische Systeme bestehen oft aus sehr vielen Komponenten, die miteinander wechselwirken“, sagt Ansgar Jüngel. „Das führt auf komplizierte Gleichungssysteme, die aus mathematischer Sicht interessante Phänomene zeigen.“ So lässt sich etwa der Transport von Ionen durch Ionenkanäle in Synapsen, das Wachstum von Axonen und Blutgefäßen, aber auch das Verhalten gemittelter neuronaler Netzwerke mit Systemen gekoppelter partieller Differentialgleichungen beschreiben.

Häufig wird das Verhalten solcher Systeme von zufälligen Ereignissen bestimmt – und auch diese Zufälligkeiten kann man in die Gleichungen einbauen. „Wir wollen herausfinden, welche mathematischen Grundprinzipien das komplexe Verhalten hervorbringen, die wir in der realen Welt vorfinden“, sagt Jüngel. „Man kann etwa Nervenzellen simulieren, die Verbindungen wachsen lassen und ein Netz ausbilden und dabei die Frage stellen: Wie hängt dieses Netz von den Nervenimpulsen ab?“

Mathematik statt Versuch und Irrtum

In Ansgar Jüngels Forschung geht es nicht darum, große neuronale Netze aufzubauen, die dann konkrete Probleme lösen – wie das etwa bei der Bilderkennung oder beim autonomen Fahren gemacht wird. Es geht darum, die Grundlagen neuronaler Netze mathematisch zu verstehen. „Wenn heute neuronale Netze entwickelt werden, muss durch Versuch und Irrtum ausprobiert werden, mit welchen Methoden man zu einem guten Ergebnis kommt“, sagt Ansgar Jüngel. „Wir sehen uns das auf fundamentalerer Ebene an: Auf Basis grundlegender physikalischer Gesetze wollen wir neue oder verfeinerte mathematische Methoden entwickeln, die uns bessere Ergebnisse ermöglichen, als man bloß durch Versuch und Irrtum gefunden hätte.“

Anknüpfungspunkte soll es auch mit der Elektrotechnik geben: Mit neuartigen Bauteilen lassen sich Hardware-Netzwerke erstellen, die ähnlich wie biologische Zellnetzwerke zu komplexem Verhalten und einfachem „Lernen“ fähig sind. Das Team von Ansgar Jüngel wird auch dafür die nötigen mathematischen Grundideen beisteuern.

Ansgar Jüngel

Prof. Ansgar Jüngel stammt aus Berlin. An der TU Berlin und an der École Normale Supérieure in Paris studierte er Mathematik, Physik und Informatik. Bis heute pflegt er enge Verbindungen nach Frankreich.

Als Universitätsassistent forschte er zunächst in Rostock und Berlin, 1999 trat er seine erste Professur in Konstanz (Deutschland) an. Nach einer weiteren Professur in Mainz und mehreren Gastprofessuren in Frankreich und den USA wechselte er schließlich 2006 an die TU Wien. Ansgar Jüngel beschäftigt sich mit der Anwendung partieller Differentialgleichungen auf unterschiedlichste Fragestellungen der Natur- und Ingenieurswissenschaften und verbindet damit theoretische Mathematik mit angewandter Numerik.

Kontakt

Prof. Ansgar Jüngel
Institut für Analysis und Scientific Computing
Technische Universität Wien
+43 1 58801 10127
ansgar.juengel@tuwien.ac.at

Aussender:
Dr. Florian Aigner
PR und Marketing
Technische Universität Wien
Resselgasse 3, 1040 Wien
+43 1-58801 41027
florian.aigner@tuwien.ac.at