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Einprogrammierte Kreativität

Computer halten Einzug ins architektonische Entwerfen. Harald Trapp untersucht an der TU Wien das Zusammenspiel von kreativem Planen und computergestützter Problemlösung.

Kompliziert: Versteckspielen am Computer

Kompliziert: Versteckspielen am Computer

Kompliziert: Versteckspielen am Computer

Ohne Computer ist Architektur heute kaum noch vorstellbar. Längst werden Pläne am Bildschirm erzeugt und nicht mehr mit Bleistift und Tusche auf Papier. Doch inwieweit kann der Computer auch ins kreative Entwerfen miteinbezogen werden? Welche Rolle spielen Computermethoden für das Spannungsfeld zwischen Form und Funktion, in dem sich Entwurfsprozesse befinden? Harald Trapp (Institut für Architektur und Entwerfen) untersucht, wie Computer einen Teil des Entwerfens übernehmen können und wie sich Architektur in diesem Zusammenhang überhaupt definieren lässt.

„Form follows Function“
„In der Moderne wollten viele Architekten die Form völlig der Funktion unterordnen“, sagt Harald Trapp. „Die Idee war, dass man den Grundriss eines Gebäudes nach klaren Vorschriften regelrecht berechenbar machen könnte.“ Die Folgen sind bekannt: Viele der formal sehr reduzierten, ornamentlosen und funktionalen Bauten der Nachkriegsarchitektur werden heute nicht unbedingt als architektonische Glanzlichter wahrgenommen. Zahlreiche Wohnbauten aus dieser Zeit wurden bereits wieder gesprengt.

Das bedeutete aber nicht, dass dem Einsatz von Computern in der Architektur kein Platz eingeräumt worden wäre – im Gegenteil: In der Postmoderne wurden gewagte, freie Formen entworfen, oft inspiriert von wissenschaftlichen Disziplinen wie der Strömungslehre. Ohne computergestütztes Design wäre das niemals möglich gewesen.

„Damit sind die Möglichkeiten des Computers aber noch lange nicht ausgeschöpft“, betont Harald Trapp. Er ist davon überzeugt, dass man Computer auch verwenden kann, um zwischen Form und Funktion zu vermitteln und den Entwurfsprozess selbst zu unterstützen. Dafür fehlt bisher allerdings die theoretische Grundlage. Momentan werden hauptsächlich Programme aus anderen Disziplinen, von der Physik bis zur Filmindustrie, übernommen, um immer spektakulärere Großskulpturen zu erzeugen. Der Zusammenhang zwischen Nutzung und architektonischer Form blieb dabei weitgehend auf der Strecke.

„Nachdem entsprechende Programme heute zunehmend in der Lage sind, auch das Verhalten von Menschen im Raum zu simulieren, müsste es möglich sein, auch dieses Verhalten als dynamische räumliche Form zu definieren“, meint Harald Trapp, denn der Maßstab für die Qualität der Architektur ist letztlich das Zusammenspiel aus räumlichen Gegebenheiten und menschlichem Verhalten. „Man kann nicht bloß das Gebäude als System sehen, man muss das Verhalten des Menschen als wichtigen Teil dieses Systems mitbetrachten“, ist Trapp überzeugt.

Wenn man mit Hilfe digitaler Methoden simulieren kann, was eine menschliche Architektin heute durch Erfahrung und Intuition zu wissen glaubt, dann kann der Computer beim Entwurfsprozess sehr nützlich sein. „Vielleicht gibt man dann dem Computer eines Tages ganz bestimmte Grundparameter vor, und er errechnet verschiedene Entwürfe, von denen der Mensch dann einen aussucht und weiterverfeinert“, meint Harald Trapp.

Versteckspielen am Computer
Als Ausgangspunkt für eine Neubestimmung des Verhältnisses von Form und Funktion wählte Harald Trapp ein möglichst einfaches architektonisches System: Das kindliche Versteckspiel.

Wovon hängt es ab, ob Versteckspielen in bestimmten Räumen Spaß macht oder nicht? Es müssen ausreichend viele Verstecke zur Verfügung stehen, in der richtigen räumlichen Anordnung, aber die Umgebung darf auch nicht zu komplex werden, sonst wird niemand gefunden und das suchende Kind ist bald frustriert. Kinder verwenden fast immer vorhandene Räume für ihr Spiel. Wie aber müsste man vorgehen, wenn man als ArchitektIn eine möglichst spieltaugliche Umgebung entwerfen sollte?

Harald Trapp untersuchte diese Aufgabenstellung in seiner Dissertation und versuchte, die räumlichen Regeln des Versteckspiels herauszuarbeiten. Dies sei aber nur ein äußerst simpler und bescheidener Anfang, meint Trapp. Bevor komplexe Aufgaben wie etwa eine Schule oder gar ein Krankenhaus sich als solche Systeme abbilden lassen, ist noch viel Forschunsgaufwand nötig. Für seine Dissertation wurde Harald Trapp mit einem „Award of Excellence“ des Wissenschaftsministeriums ausgezeichnet.