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Durchbruch auf dem Weg zur Atomkern-Uhr

Kann man Atomkern-Uhren bauen, die noch einmal deutlich exakter sind als heutige Atomuhren? Mit Beteiligung der TU Wien gelang nun ein wichtiger Schritt in diese Richtung.

drei Personen am Atominstitut der TU Wien

Kjeld Beeks, Thorsten Schumm, Niyusha Hosseini - die drei Co-AutorInnen des Papers von der TU Wien

Wenn man die exakteste Uhr der Welt bauen möchte, braucht man einen Taktgeber, der sehr oft und extrem präzise tickt. In einer Atomuhr nutzt man dafür die Elektronen in einem Atom, die bei Einstrahlen einer sehr exakt definierten Frequenz zwischen zwei verschiedenen Zuständen hin und her wechseln können. Noch deutlich exakter allerdings wären Atomkern-Uhren, die nicht Zustände der Elektronen, sondern Zustände des Atomkerns als Taktgeber nutzen.

Seit Jahrzehnten suchte man nach passenden Atomkernen für diesen Zweck, schon lange vermutete man, dass Thorium-Kerne einen geeigneten Kernzustand haben müssten, der zum Bau einer neuen Generation von Hochpräzisions-Uhren taugt. Die Existenz dieses Kernzustandes wurde 2019 (auch damals mit Beteiligung der TU Wien) nachgewiesen. Nun allerdings gelang der nächste entscheidende Schritt: Ein Team der KU Leuven mit Beteiligung der LMU München und der TU Wien konnte am CERN das Licht messen, das der Thorium-Atomkern emittiert, wenn er von einem angeregten Zustand zum Grundzustand übergeht. Das ist eine wichtige Grundvoraussetzung für den Bau einer echten Atomkern-Uhr.

Der Atomkern als bester Taktgeber der Welt

Um eine Uhr zum Laufen zu bringen, müssen Taktgeber und Uhrwerk perfekt aufeinander abgestimmt sein. Im Fall der Atomkern-Uhr bedeutet das, dass man genau wissen muss, mit welcher Frequenz der Atomkern von Thorium-229 „tickt“. Nur dann kann man Laser entwickeln, die genau diese Frequenz anregen. „Man kann sich das vorstellen wie bei einer Stimmgabel“, erklärt Sandro Kraemer von der LMU München. „Der Laser ist das Musikinstrument, mit dem man versucht, die Frequenz der Stimmgabel Thoriumkern zu treffen.“

Alle möglichen Frequenzen mit verschiedenen Lasern nacheinander auszuprobieren wäre aber viel zu kompliziert und zeitaufwändig. Man machte sich also daran, die passende Frequenz auf anderem Weg zu ermitteln: Genau dieselbe Lichtfrequenz, mit der man den Atomkern von einem Zustand in den anderen versetzen kann, sendet der Atomkern nämlich auch aus, wenn er von sich aus von einem Zustand in den anderen wechselt. Und das lässt sich beobachten, wenn man nicht Thorium selbst untersucht, sondern andere radioaktive Kerne, die von sich aus in Thorium zerfallen.

Thorium durch die Hintertür

„Man beginnt bei bestimmten Isotopen von Francium und Radium“, erklärt Prof. Thorsten Schumm vom Atominstitut der TU Wien. „Sie können nämlich in Actinium zerfallen, und Actinium wiederum zerfällt in Thorium – und zwar in Thorium mit angeregtem Kernzustand. Wenn dieser Thoriumkern dann von diesem Kernzustand in einen anderen Kernzustand übergeht, wird ein Photon ausgesendet, das man messen kann.“

Allerdings ist diese Prozedur extrem aufwändig: Die Ausgangskerne Francium-229 und Radium-229 findet man nicht einfach in der Natur, man muss sie vorher durch Teilchenkollisionen künstlich herstellen – das ist nur in wenigen Forschungseinrichtungen weltweit möglich, eine davon ist ISOLDE, eine Anlage am CERN bei Genf. Dort wurden die Atomkerne hergestellt und dann in einen Kristall eingebettet – ebenfalls eine sehr herausfordernde Aufgabe. Dadurch gelang es schließlich, das emittierte Licht zu messen und somit die Energie des gesuchten Thorium-Kernzustandsübergangs genau zu bestimmen.

Weitere Experimente folgen

„Das ist zweifellos ein ganz wichtiger Schritt, auch wenn bis zur Herstellung einer echten Atomkern-Uhr natürlich noch einige weitere Aufgaben zu lösen sind“, sagt Prof. Thorsten Schumm. Neben der Mitarbeit am Thorium-Gemeinschaftsprojekt am CERN führt Schumms Team am Atominstitut der TU Wien auch eigene Messungen durch; in nächster Zeit wird man genau untersuchen, wie sich die mit unterschiedlichen Methoden ermittelten Ergebnisse auf möglichst zuverlässige Weise kombinieren lassen.

Rückfragehinweis

Prof. Thorsten Schumm
Atominstitut
Technische Universität Wien
Stadionallee 2, 1020 Wien
+43 1 58801 141896
thorsten.schumm@tuwien.ac.at

Text: Florian Aigner
PR und Marketing
Technische Universität Wien
Resselgasse 3, 1040 Wien
+43 1 58801 41027