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Das Wackeln der Nano-Antennen

Prof. Silvan Schmid wurde mit einem ERC-Grant ausgezeichnet. Er arbeitet mit Antennen auf der Nano-Skala und koppelt mechanische Vibrationen mit elektronischen Anregungen und Licht.

Portrait von Professor Silvan Schmid

Professor Silvan Schmid

Erst vor wenigen Monaten wurde Silvan Schmid an die TU Wien berufen, als Professor am Institut für Sensor- und Aktuatorsysteme, und schon kann er einen großen Erfolg vermelden: Er wurde mit dem ERC Starting Grant ausgezeichnet, einer hochdotierten und prestigeträchtigen Förderung des European Research Council. Damit kann er nun den Aufbau seiner neuen Forschungsgruppe an der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der TU Wien weiter vorantreiben und sich einem Forschungsgebiet widmen, das es in dieser Form bisher noch kaum gab – der Nano-Plasmo-Mechanik.

Mikroskopisch kleine Antennen werden mit Licht bestrahlt, dabei kommt es zur Wechselwirkung zwischen drei ganz unterschiedlichen Arten von Schwingungen: Die mechanische Vibration der Antennen, die sich wie winzige Gitarrensaiten bewegen, die kollektiven Schwingungen der Elektronen im Material, die man als Plasmonen bezeichnet, und die elektromagnetische Schwingung des Lichts. Durch die Wechselwirkung dieser drei Schwingungstypen sollen hochsensible Sensoren entwickelt werden, mit denen sich beispielsweise Proteine detektieren und untersuchen lassen.

Vibrierende Nano-Antennen

Schon seit längerer Zeit beschäftigt sich Silvan Schmid mit schwingenden Nanostrukturen: An der Technischen Universität von Dänemark untersuchte er das Verhalten von mikromechanischen Resonatoren. „Die Schwingungen dieser Strukturen hängen extrem empfindlich von der Masse ab“, erklärt Schmid. „Wenn die Masse nur ein kleines bisschen zunimmt, etwa weil sich ein zusätzliches Teilchen angelagert hat, ändert sich das Schwingungsverhalten deutlich.“

Aus diesem Grund gelten solche Nanoresonatoren als Zukunftshoffnung bei der Entwicklung neuer Sensortechnologien. Das große Problem dabei ist allerdings, diese Schwingungen auf effiziente Weise anzuregen und zu messen. „Unsere neue Idee ist es, genau dafür auf sogenannte Plasmonen zurückzugreifen, das sind kollektive Schwingungsanregungen der Elektronen“, erklärt Schmid.

Diese Plasmonen können zwischen der mechanischen Schwingung und der elektromagnetischen Schwingung der Lichtwelle vermitteln. Man kann so die Vibrationen der Nano-Antennen mit einer Größe von etwa 50 x 500 Nanometern auf effiziente Weise anregen. Mit Lasern lässt sich dann auch die exakte Position der Nano-Antennen feststellen, somit kann man ihre Schwingungsfrequenz messen.

Telekommunikation und Nano-Sensoren

Um genau zu verstehen, wie Plasmonen, mechanische Schwingungen und Licht wechselwirken, ist noch einiges an Grundlagenforschung nötig: „Es gibt da noch einige Effekte, die man heute noch nicht ganz versteht“, sagt Silvan Schmid. Spannende Anwendungsmöglichkeiten sind allerdings heute schon sichtbar: Man könnte mit den nano-plasmo-mechanischen Strukturen Licht und niederfrequente elektrische Signale ineinander umwandeln – das ist in der Telekommunikation wichtig, gelingt heute allerdings nur mit relativ großen Bauteilen. Mit Hilfe der Plasmonen wäre dasselbe in einer mikroskopisch dünnen Schicht möglich.

Eines der großen Ziele von Silvan Schmid ist es, die außerordentliche Sensitivität der Nano-Antennen zu verwenden, um neuartige Massesensoren zu bauen. Man könnte damit die Masse von Partikeln messen und sogar einzelne Proteine detektieren. „Wir wollen damit auf schonende Weise, ohne die Partikel elektrisch aufladen zu müssen, die Masse von Proteinen bestimmten“, sagt Silvan Schmid. Ähnliches gelingt heute mit aufwändigen Massenspektrometrie-Verfahren, die allerdings sehr kompliziert sind, und bei denen die Proteine zunächst oft erst zerstört werden müssen.

Schweiz, Dänemark, Österreich

Silvan Schmid stammt ursprünglich aus der Schweiz, er studierte zunächst Maschinenbau an der ETH Zürich und spezialisierte sich auf Nanotechnologie. Im Rahmen seiner Dissertation (ebenfalls an der ETH Zürich) begann er bereits, sich mit Mikroresonatoren und Sensoren zu beschäftigen. Nach seiner Promotion im Jahr 2009 wechselte er an die Technische Universität Dänemark  in Kongens Lyngby bei Kopenhagen, wo er zuletzt als Associate Professor arbeite, bevor er im März 2016 als Full Professor an die TU Wien berufen wurde.

Im Juni 2016 hat Schmid sein neues Büro an der TU Wien bezogen, nun ist er dabei, die nötige experimentelle Infrastruktur aufzubauen. In Wien hat er sich schon eingelebt: „Ich genieße es, in einer großen Stadt zu wohnen – da hat man einfach mehr Möglichkeiten, sowohl beruflich als auch in der Freizeit“, meint Silvan Schmid. Auch die neue Arbeitsumgebung an der TU Wien sieht er sehr positiv: „Die Ausrichtung des Instituts passt für mich perfekt, und auch an anderen Instituten gibt es Forschungsprojekte, die für Kooperationen interessant sein könnten.“

Der Start an der TU Wien wird nun mit dem ERC-Grant finanziell zusätzlich versüßt: Mit 1.5 Millionen Euro ist der ERC Starting Grant dotiert – er gilt als eine der höchstdotierten und prestigeträchtigsten Förderungen der europäischen Forschungslandschaft.