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Aus Schaden werden (auch) Chiphersteller klug

Einem Ingenieur oder Wissenschafter, der mit Hingabe zusieht wie Bauteile reihenweise überhitzen oder gar kaputtgehen, wird man gemeinhin wohl kaum besondere Kompetenz nachsagen. Am Mikrostrukturzentrum (MISZ) an der Technischen Universität (TU) Wien stellen sich Chiphersteller aus der ganzen Welt aber genau deswegen an: Mit der eigens dafür entwickelten "Laserprober-Technik" können die Forscher die Temperaturentwicklung auf einem Bauteil unter Belastung mit einer Auflösung von weniger als einem Mikrometer messen. So werden Schwachstellen mit unerreichter Präzision aufgespürt. Die Methode dient auch zur Eichung von Simulationsprogrammen.

Erich Gornik

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Erich Gornik

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Schemat. Darstellung des Verfahrens

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Schemat. Darstellung des Verfahrens

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Messaufbau

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Messaufbau

Messaufbau

Die Animation zeigt den Temperaturverlauf bei den Messungen (Erwärmung einer Diode mit einer Fläche von 100x35 µm während eines Strompulses)

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Die Animation zeigt den Temperaturverlauf bei den Messungen (Erwärmung einer Diode mit einer Fläche von 100x35 µm während eines Strompulses)

Die Animation zeigt den Temperaturverlauf bei den Messungen (Erwärmung einer Diode mit einer Fläche von 100x35 µm während eines Strompulses)

Um sich ein Bild von den Vorgängen in einem Bauteil zu verschaffen, ist es am besten, hineinzuschauen. Nun ist es praktisch nicht möglich, die Vorderseite des Chips zu durchdringen, denn hier sitzen die Leiterbahnen, welche die Bauteile verbinden. Bleibt also nur der Blick durch die Rückseite, die Trägersubstanz, die heute meist aus Silizium besteht. "Die Methode wird deshalb auch 'Backside Laserprober' genannt", erklärt Projektleiter Erich Gornik, Vorstand des <link http: info.tuwien.ac.at histu inst _blank>Instituts für Festkörperelektronik (fke) und Leiter des MISZ an der TU Wien. Für Licht mit einer Wellenlänge von 1,3 Mikrometer ist Silizium durchsichtig, daher bedienen sich die Wiener Wissenschafter eines Lasers mit dieser Wellenlänge. Genauer gesagt sind es zwei Strahlen, wobei der erste für die eigentliche Messung verantwortlich ist, der zweite dient als Referenz, er wird beispielsweise an eine kalte Stelle des Chips gesetzt, an der kein Strom fließt.

Für die Messung wird das zurückgeworfene Licht der beiden Laser von Detektoren aufgefangen und verglichen. Fällt der Messstrahl etwa auf eine ebenfalls kalte, weil derzeit unbenutzte Leitung, gibt es keinen Unterschied. Fließt jedoch Strom, erwärmt sich das Silizium und ändert dadurch seinen Brechungsindex, was letztendlich zu einer Phasenverschiebung des Messstrahles gegenüber dem Referenzstrahl führt. Je wärmer es wird, desto größer wird auch der Phasenunterschied. In der einfachsten Versuchsanordnung können die Forscher ohne weitere Eingriffe oder Zerstörungen genaue Aussagen treffen, ob etwa ein bestimmter Transistor in einem Chip funktioniert und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt er aktiv ist. Durch zeilenweises Abrastern eines gewünschten Areals auf dem Bauteil mittels des Lasers lassen sich aber auch detaillierte Karten zeichnen, wo welche Temperaturen auftreten. Die Auflösung wird dabei von der Wellenlänge begrenzt und liegt für Silizium-Bauteilen bei 0,7 Mikrometer. Für neuere Materialien, etwa Silizium-Carbid, ist die Auflösung noch genauer. Besonders stolz sind die TU-Forscher auf die zeitliche Auflösung ihrer Methode, durch den Einsatz sehr kurzer Laserblitze liegt sie im Bereich von Nanosekunden. Um Schwachstellen eines bestimmten Bauteils bei hoher Beanspruchung herauszufinden, muss dieses deshalb auch gar nicht zerstört werden, wie dies bei alternativen Infrarot-Methoden unvermeidlich ist. Beim "Backside-Laserprober" machen sich bereits vor dem so genannten Durchbrennen eines Bauelements auf den Scannerbildern so genannte Hot-Spots bemerkbar. Dabei treten Temperaturen von über 1.000 Grad auf, der Schmelzpunkt von Silizium liegt bei 1.180 Grad.

So können Hersteller ihre Prototypen neuer Bauteilen vor der Serienproduktion überprüfen lassen und durch die Informationen nötigenfalls das Design so ändern, dass die Haltbarkeit des Teils wesentlich erhöht wird. Besonders wichtig ist dies etwa bei Leistungsbauelementen, etwa Tyristoren, die hohe Ströme verkraften müssen. Vor allem auch bei elektronischen Bauteilen in Autos können durch statische Aufladungen einzelne Komponenten extrem belastet werden und müssen dementsprechend gestaltet werden. Etwa ein im entscheidenden Moment aussetzender Airbag wäre für einen Hersteller sicher keine Ruhmesblatt. Ein weiteres Einsatzgebiet der Methode ist die Entwicklung beziehungsweise die überprüfung von Computer-Modellen zum Bauteil-Design. Solche Modelle werden lange vor der Prototyp-Erzeugung eingesetzt und verkürzen die Entwicklungszeit von neuen Transistoren, Dioden und ähnlichem entscheidend. Der "Backside-Laserprober" wurde mit Unterstützung des <link http: www.fff.co.at _blank>Forschungsförderungsfonds der gewerblichen Wirtschaft (FFF) und im Auftrag der Villacher Firma <link http: www.infineon.at _blank>Infineon in den vergangenen drei Jahren entwickelt und ist bereits im praktischen Einsatz. über mangelnde Nachfrage seitens Hersteller können die Wissenschafter nicht klagen. Das Entwicklungs-Projekt läuft diesen Sommer aus, weitere Forschungsvorhaben, etwa im Rahmen eines MEDEA-Projekts sind in Vorbereitung.