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40 Jahre Mikrotechnologie an der TU Wien

Als erste österreichische Universität richtete die TU Wien vor 40 Jahren ihr erstes Mikroelektronik-Labor ein. Damit begann eine Erfolgsgeschichte, die auch heute noch lange nicht zu Ende ist.

Indiumantimonid-Dioden - aus der Dissertation von Prof. Riedling: Zeigefingernagel-große Indiumantimonid-Probe mit neun photolithographisch und mit Ätzverfahren gefertigten Strukturen

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Indiumantimonid-Dioden - aus der Dissertation von Prof. Riedling: Zeigefingernagel-große Indiumantimonid-Probe mit neun photolithographisch und mit Ätzverfahren gefertigten Strukturen

Indiumantimonid-Dioden - aus der Dissertation von Prof. Riedling: Zeigefingernagel-große Indiumantimonid-Probe mit neun photolithographisch und mit Ätzverfahren gefertigten Strukturen

Gelbraum: Hier wurden die photolithographischen Prozesse unter Gelblicht (für das die Photolacke unempfindlich sind) ausgeführt. Hans Reichart sitzt gerade vor dem Maskenjustiergerät, mit dem mittels UV-Licht die Strukturen einer Fotomaske auf eine photolackbeschichtete Probe übertragen wurden.

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Gelbraum: Hier wurden die photolithographis

Gelbraum: Hier wurden die photolithographischen Prozesse unter Gelblicht (für das die Photolacke unempfindlich sind) ausgeführt. Hans Reichart sitzt gerade vor dem Maskenjustiergerät, mit dem mittels UV-Licht die Strukturen einer Fotomaske auf eine photolackbeschichtete Probe übertragen wurden.

Cochlea-Implantat der ersten Generation

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Cochlea-Implantat der ersten Generation

Cochlea-Implantat der ersten Generation

Halbleitertechnik ist die Zukunft - das war zu Beginn der Siebzigerjahre längst klar. Für die Industrie bestand kein Zweifel mehr am gewaltigen Potenzial von Silizium-Bauteilen, doch im akademischen Bereich spielte Mikroelektronik damals noch immer eine untergeordnete Rolle. Für die Universitäten war es schwer, den teuren Laborausrüstungen der Industrie etwas Konkurrenzfähiges entgegenzusetzen. Die TU Wien bewies allerdings Weitblick: 1974 wurde hier das erste akademische Mikroelektronik-Labor Österreichs eröffnet.

Seither hat sich viel verändert, die Mikroelektronik spielte eine immer wichtigere Rolle, auch ein Zentrum für Mikro- und Nanotechnologie wurde aufgebaut. Doch ohne die ersten Schritte vor 40 Jahren wären die heutigen Erfolge kaum denkbar. Diese Erfolge gibt es nicht nur im akademischen Bereich zu feiern, sondern auch in der Wirtschaft: Der Staatspreis Innovation 2014 wurde an MED-EL vergeben. Diese Firma, die Cochlea-Implantate herstellt, geht auf die Mikroelektronik-Forschung der TU Wien zurück.

Kleiner, moderner, präziser
Anfang der Siebzigerjahre bedeutete universitäre Halbleiter-Forschung, mehrere Millimeter große Stäbchen eines Materials mit Kontakten zu versehen und zu untersuchen. „Die Halbleiter wurden, am besten bei starken elektromagnetischen Feldern und tiefen Temperaturen, so lange gequält, bis irgendein kleiner Buckel in einer ansonsten eher geraden Kennlinie erkennen ließ, dass es irgendeinen Effekt gegeben hatte“, erzählt Prof. Karl Riedling, der damals noch Student war und am Aufbau des Mikroelektronik-Labors von den ersten Tagen an maßgeblich mitwirkte. Diese Art von Forschung war nicht besonders zukunftsweisend – die Industrie hatte ihr Interesse längst auf viel kleinere Bauteile und komplexere Strukturen gerichtet.

Wolfgang Fallmann, damals Assistent an der Universität Wien, hatte allerdings auf einem längeren Forschungsaufenthalt in Großbritannien akademische Halbleiterlabors kennengelernt und kam mit dem Wunsch nach Wien zurück, auch in Österreich ein solches modernes Forschungslabor aufzubauen. Er wandte sich an Prof. Fritz Paschke an der TU Wien, der die Idee sofort gut fand und die Frage stellte, was so ein Labor denn kosten würde. Auf 800.000 Schilling schätzte Fallmann die Kosten – Paschke rundete vorsichtshalber auf eine Million Schilling auf (knapp 73.000 Euro). Mit Hilfe des Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank konnte diese Summe tatsächlich bald aufgestellt werden. Die ersten Geräte wurden angeschafft, einige Komponenten wurden von Wolfgang Fallmann und Karl Riedling mit Phantasie und Improvisationskunst selbst hergestellt – im März 1974 konnte dann das Halbleitertechnologielabor an der TU Wien eröffnet werden.

Halbleiter, Sensoren, Cochlea-Implantate
Aus Halbleitermaterialien kann man nicht nur elektronische Bauteile für logische Schaltungen bauen - etwa Transistoren, die elementaren Grundbausteine von Computern - auch die Sensorik wurde durch Halbleiter-Mikrotechnologie völlig revolutioniert. Die Arbeit an Sensoren wurde im Lauf der Zeit zu einem wesentlichen Schwerpunkt in der Mikrotechnologie-Forschung an der TU Wien, diese Tradition setzt sich bis heute am Institut für Sensor- und Aktuatorsysteme fort.

Unter den vielen bemerkenswerten Forschungsleistungen aus diesem Bereich die bedeutendsten auszuwählen, ist schwierig – erwähnenswert ist sicher die Arbeit von Prof. Robert Schawarz, der an Galliumarsenid-Dioden arbeitete, die einige Zeit lang den Geschwindigkeits-Weltrekord hielten.

Auch die Biosensorik begann an der TU Wien bald eine wichtige Rolle zu spielen: Otto Prohaska untersuchte die Ausbreitung von Reizwellen in Hirngewebe. Ingeborg Desoyer und Erwin Hochmair gelang es wenig später, aus haardünnen Platindrähten das weltweit erste Cochlea-Implantat herzustellen, mit dem Sprachverständnis ohne Lippenlesen möglich wurde – ein schönes Beispiel dafür, wie innerhalb weniger Jahre aus scheinbar rein grundlagenorientierter Forschung unmittelbar praktische Anwendbarkeit erwächst.
 
Hochmairs Firma MED-EL wurde am 26. März 2014 mit dem Staatspreis Innovation ausgezeichnet.
<link http: www.staatspreis.at link_extern>Mehr dazu hier

<link http: www.isas.tuwien.ac.at upload aktuell _blank link_extern>Einen ausführlicheren Artikel über die Geschichte der Mikrotechnologie-Forschung an der TU Wien von Prof. Karl Riedling finden Sie hier.