Wechselwirkung hochgeladener Ionen mit Festkörperoberflächen

Die Untersuchung von Wechselwirkungen zwischen mehrfach geladenen Ionen und Festkörpern ist von erheblicher technologischer Bedeutung für das Verständnis von Materialschäden, Oberflächenmodifikationen und Plasma-Wand-Wechselwirkungen. Die jüngste Verfügbarkeit von Quellen für langsame hochgeladene Ionen (HCI), nämlich Elektronenzyklotronresonanz (ECR) und Elektronenstrahl-Ionenquellen (EBIS), hat zu einer Flut von experimentellen und theoretischen Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet der HCI-Festkörper-Wechselwirkungen geführt. Auf der grundlegendsten Ebene ergibt sich ihre Bedeutung aus der komplexen Vielteilchenreaktion der Oberflächenelektronen auf die starke Coulomb-Störung.

Aus zahlreichen experimentellen und theoretischen Studien hat sich das folgende Szenario der HCI-Oberflächenwechselwirkung herauskristallisiert: Wenn sich ein HCI einer Festkörperoberfläche nähert, werden ein oder mehrere Elektronen in großen Abständen resonant in hohe Rydberg-Zustände des Geschosses eingefangen. Dadurch entstehen so genannte hohle Atome (Ionen), bei denen sich die atomare Ladungswolke vorübergehend in Schalen mit großen Durchmessern aufhält, während der Kern praktisch leer ist. Die direkte Beobachtung dieses kurzlebigen Zustands wird durch die Tatsache erschwert, dass das Ion durch sein Bildladungspotenzial stets zur Oberfläche hingezogen wird. Folglich kommt es beim Aufprall auf die Oberfläche zu engen Zusammenstößen, und das Gedächtnis des hohlen Atoms ist so gut wie ausgelöscht. Dieses Problem hat die Untersuchung der Wechselwirkungen von HCI mit den inneren Oberflächen von Mikro- und Nanokapillaren als eine alternative Technik zur Untersuchung der oben genannten Oberflächenprozesse motiviert.

Metall- und Isolierkapillaren sind an der Tokyo Metropolitan University, Japan, und am Hahn-Meitner-Institut Berlin, Deutschland, verfügbar. Die Verwendung von Kapillartargets ermöglicht die Extraktion von hohlen Atomen im Vakuum. Die Beobachtung von Photonen oder Auger-Elektronen, die von ihnen im Flug emittiert werden, wird möglich. Auch der Energieverlust, den ein HCI beim Durchgang durch eine Kapillare erleidet, wenn der Abstand zu groß ist, um einen Ladungstransfer stattfinden zu lassen, kann gemessen und berechnet werden.