Theorien über den Flüssigkeitszustand stellen eine Verbindung zwischen den mikroskopischen Eigenschaften einer Flüssigkeit (in Bezug auf ihr Paarpotential) und ihren strukturellen und thermodynamischen Eigenschaften her. Die statistische Mechanik liefert den vielseitigen Formalismus zur Bestimmung der entsprechenden Beziehungen. In der Praxis können diese Ausdrücke jedoch nicht direkt angewandt werden, nicht einmal für das einfachste nicht-ideale System, d. h. für harte Kugeln: Der Grund dafür ist, dass sie unlösbar komplex werden und daher vereinfachende Annahmen erfordern. Diese Vereinfachungen führen zu Näherungsschemata, die sich systematisch (z. B. über graphentheoretische Überlegungen) aus den exakten Ausdrücken für Partitionssummen und verwandte Größen ableiten lassen. Auf diese Weise erhält man so genannte Schließungsbeziehungen zur Ornstein-Zernike-Gleichung, die die Gesamt- und die direkten Korrelationsfunktionen miteinander in Beziehung setzen, welche die strukturellen Eigenschaften des Systems beschreiben. In den frühen Jahren der Flüssigkeitszustandstheorie wurden bekannte konventionelle Schemata wie die mittlere sphärische Annäherung (MSA), die Percus-Yevick (PY) oder die hypernetted chain (HNC)-Näherungen abgeleitet.

Anwendung auf weiche Systeme

In jüngster Zeit haben wir die selbstkonsistente Ornstein-Zernike-Näherung (SCOZA) erfolgreich auf eine Vielzahl von Systemen ausgeweitet: Für Flüssigkeiten mit abstoßendem Kern (wie sie z. B. in atomaren Systemen vorkommen) können wir nun Potentiale mit beliebigen attraktiven Schwänzen berücksichtigen. Der Vergleich mit Computersimulationen hat gezeigt, dass SCOZA in der Tat in der Nähe von Phasengrenzen und im kritischen Bereich genau bleibt. Besondere Aufmerksamkeit wurde in letzter Zeit weichen Systemen gewidmet, d. h. Flüssigkeiten, in denen das Potential der Teilchen am Ursprung endlich bleibt oder nur schwach für kurze Entfernungen divergiert; solche Wechselwirkungen sind typisch für Teilchen der weichen Materie. Auch hier konnten wir zeigen, dass die Computersimulationsdaten für die strukturellen und thermodynamischen Eigenschaften mit hoher Genauigkeit reproduziert werden konnten.

Besonderes Augenmerk wurde darüber hinaus auf die nähere Untersuchung des HRT-Schemas gelegt. Insbesondere die Implementierung der HRT stellt eine Herausforderung dar (sowohl vom konzeptionellen als auch vom numerischen Standpunkt aus). Um die Phasengrenzen und den kritischen Punkt mit hoher Genauigkeit zu lokalisieren, müssen Zustände divergierender Kompressibilität identifiziert werden, was sich als ein sehr heikles Problem herausgestellt hat.