Knapp ein Jahrhundert nachdem die Welleneigenschaften massiver Teilchen postuliert und beobachtet wurden, ist die Materiewellenoptik heute eine experimentelle Plattform der Quantenforschung. Die Welleneigenschaft der Teilchen lässt sich am einfachsten in Interferometern beobachten, wobei zwei räumlich getrennte Wellen zum Überlapp gebracht werden und dabei ein charakteristisches Interferenzmuster zeigen. Interferenz von Materiewellen wurde für Elektronen, Neutronen und Atome, bis hin zu großen Molekülen beobachtet.

Am Cäsium-Experiment wollen wir diese Welleneigenschaft für die Metrologie verwerten. Dabei nutzen wir alle Merkmale aus, die ein Gas aus Alkaliatomen zu bieten hat: Cäsiumatome lassen sich mit Lasern kühlen und können in Magnetfeldern und Laserstrahlen eingefangen werden. Durch anschließendes Verdampfungskühlen erreicht man ein Bose-Einstein Kondensat (BEC), in dem sich die Atome im selben, kollektiven Quantenzustand befinden und sich als Materiewelle mit einer makroskopischen Wellenfunktion verhalten. 

Ein Interferometer realisieren wir, indem wir eine Potentialmulde, in der ein BEC eingeschlossen ist, kontinuierlich in ein Doppeltopf-Potential übergehen lassen. So kann man den ersten Schritt des Interferometers verwirklichen: die Aufspaltung der Materiewelle bei gleichzeitiger Kontrolle der relativen Phase. Da dieser Schritt in einer Messkampagne hunderte Male wiederholt wird, muss diese Phase reproduzierbar sein, um als Referenz zu dienen. Die beiden dann getrennten Kondensate erfahren eine zeitliche Phasenentwicklung, die von ihrer Energiedifferenz abhängt. Energieunterschiede stammen von der Wechselwirkung zwischen den Atomen selbst, sowie von Inhomogenitäten von Feldern in der Umgebung des Interferometers. Eine Verkippung des Doppeltopfpotentials relativ zur Richtung der Erdbeschleunigung g zum Beispiel entspricht einem minimalen Unterschied in potentieller Energie, welcher als Phasendifferenz im Interferenzbild messbar ist.

Um solche Effekte sichtbar zu machen, muss das Cäsiuminterferometer eine besonders hohe Sensitivität aufweisen, welche wir durch eine lange Phasenakkumulationszeit erreichen wollen. Der für ein BEC-Interferometer typischen wechselwirkungsinduzierten Phasendiffusion planen wir mit Hilfe von externen Feldern zu begegnen, indem wir die Wechselwirkung kontrollieren und minimieren. Dämpfung und Abschirmung gegen jeglichen Einfluss von außen ist dabei essentiell.

Illustration des Atomchips mit der optischen Dipolfalle

© Atominstitut, Photo: Thosten Schumm

Illustration des Atomchips mit der optischen Dipolfalle

Bose Einstein Kondensate im Doppeltopfpotential

© Atominstitut, Photo: Thosten Schumm

Bose Einstein Kondensate im Doppeltopfpotential

Der kompakte Aufbau soll uns helfen, die erforderliche Kontrolle zu erreichen: Die Basis bildet ein kommerzielles ColdQuanta System, in dessen Vakuumzelle die Atome in einer Magneto-Optischen Falle gefangen und gekühlt werden. Magnetische Felder werden durch Permanentmagnete, Spulen und stromdurchflossene Drähte auf einem sogenannten Atomchip erzeugt. Optische Fallen, realisiert durch fokussierte Laserstrahlen, können in die unmittelbare Nähe des Atomchips gebracht werden, um die Atome für die Messung im Interferometer zu präparieren. 

Das Experiment befindet sich derzeit im Aufbau. Neuigkeiten und Ergebnisse werden fortlaufend auf dieser Seite veröffentlicht.