Ausgangssituation:

Konstruktion und Produktbeschreibung bedeutet heute mehr denn je kooperatives Arbeiten in Teams. Dadurch rückt im besonderen Maße in den Vordergrund, Koordination und Kollaboration, sowie das Management der entstehenden Daten durch einen entsprechenden Einsatz von Softwaresystemen zu unterstützen. Bislang liegt allerdings bei der Ausbildung der SchülerInnen im Rahmen der Konstruktionslehre-Ausbildung der Fokus rein auf der Vermittlung von CAD-Kenntnissen im Sinne eines Geometriemodellierungswerkzeugs. Ein CAD-System ersetzte früher das Zeichenbrett als Werkzeug für die Zeichnungserstellung, in den letzten Jahren hat sich jedoch die Generierung von 3D-CAD-Modellen in der Produktentwicklung als Standard etabliert. Damit hat sich auch die Aufgabenstellung eines Konstrukteurs geändert: Produkte werden in Form von Einzelteilen und Baugruppen modelliert und zu einem virtuellen Gesamtprodukt im Rechner zusammengesetzt. Durch diese im Verhältnis zur klassischen 2D-Konstruktion am Zeichenbrett geänderte Arbeitsweise können Konstruktions- und Modellierungsaufgaben im Team verteilt werden. Diese Methodik ist gängige Praxis in der Industrie und es zeigt sich, dass genau hier die Defizite von Berufsanfängern liegen, d.h. das Softwarewerkzeug CAD wird sehr gut beherrscht, aber bei der projektorientierten Bearbeitung konstruktiver Aufgaben im multidisziplinären Team, die eine Strukturierung der Gesamtaufgabe in Einzelaufgaben voraussetzt, die Verteilung und zeitlich überlappende Bearbeitung dieser Aufgaben erfordert, eine in definierte Prozesse für Freigabe- und Änderungswesen eingebettete Arbeitsweise verlangt, haben viele Berufsanfänger - unabhängig davon, ob sie Absolventen einer HTL oder Universität sind - mangels Übungsmöglichkeit im Rahmen ihrer Ausbildung Schwächen.

Problemstellung und Handlungsbedarf:

Durch die Nutzung von modernen 3D-CAD-Systemen für die Ausbildung im Bereich der Konstruktionslehre und Produktentwicklung entsteht fast schon ein Zwang, das Themenfeld Produktdatenmanagement zu adressieren. Es ist einerseits aus systemtechnischer Sicht als integralen Bestandteil mit in die vorhandene IT-Systemlandschaft einzubauen und andererseits aus fachlicher Sicht in die verschiedenen Unterrichtsbausteine zu integrieren. Der Handlungsbedarf entsteht insbesondere dadurch, dass die Datenbestände und Abhängigkeiten von Dateien innerhalb einer (Baugruppen-)Struktur nicht mehr sinnvoll manuell im Dateisystem handhabbar sind bzw. es durch Fehler schon beim Umgang mit Daten als Individuum oder in kleinen Gruppen häufig zu Problemen kommt. Ein USB-Stick geht verloren, Daten liegen in der Schule in einer anderen Version vor, als auf dem Privatrechner, versehentlich werden neue Versionen durch ältere überschrieben, es können nicht hinreichend genau Zugriffsrechte definiert werden, sodass SchülerInnen die Arbeiten anderer überschreiben, löschen, auf unberechtigte Dateien zugreifen etc. Das Problem nimmt überproportional zu, je größer eine Gruppe ist, die zusammen eine Aufgabenstellung bearbeitet. 
Über diese unmittelbare Problemstellung auf der operativen Ebene gegenwärtiger Lehr- und Unterrichtsformen im Bereich der Maschinenkonstruktion hinaus liegt die weitaus größere Problematik darin, dass eine wirklich kooperative Arbeitsweise in größeren Teams, mit Kollegen aus einer anderen Schwerpunktrichtung (Mechanik - Elektrotechnik - Informationstechnik) oder in einer standortübergreifenden Kooperation mit anderen Schulen oder Universitäten mangels einer entsprechenden IT-Umgebung innerhalb des Unterrichts gar nicht vermittelt werden kann. Es fehlt als Basis für solche Projektarbeiten ein zentrales Datenmanagementsystem, auf das alle beteiligten Partner einer solchen kooperativen Arbeitsform Zugriff haben und das insbesondere sicherstellt, dass alle benötigten Daten standortübergreifend konsistent im Mehrbenutzerbetrieb zur Verfügung stehen und dabei die unterschiedlichen Zugriffsrechte gewahrt bleiben.

Zielsetzung des Projekts:

Die wesentliche Zielsetzung ist es also, eine Lehr- und Projektumgebung zu entwickeln und zu implementieren, welche die oben genannten Problemstellungen löst und darüber hinaus eine Plattform bietet, alle eingesetzten CAD-Systeme und sonstige IT-Werkzeuge zu integrieren. Ein weiteres Ziel ist die Steuerung kooperativer Abläufe im Rahmen der projektbezogenen Zusammenarbeit von SchülerInnen und/oder Studierenden und die Automatisierung administrativer Tätigkeiten und Abläufe im Sinne der Bewertung durch Lehrende, beispielsweise indem die Vergabe von Signen ähnlich gehandhabt wird, wie die Überprüfung und Freigabe einer Konstruktion in der Industrie, durch entsprechende Workflows mit einem IT-System unterstützt.
Beide Zielsetzungen sind sowohl aus fachwissenschaftlichem als auch aus fachdidaktischem Blickwinkel zu sehen, d.h. neben der systemtechnischen Entwicklung und Implementierung werden auch immer die Umsetzbarkeit in den verschiedenen Unterrichtsformen und die dafür notwendigen Materialien sowie die Implikationen, die sich gegebenenfalls durch zusätzliche Inhalte ergeben können, betrachtet.

Die erforderlichen Funktionen können aus systemtechnischer Sicht prinzipiell mit Hilfe von kommerziell verfügbaren Produktdatenmanagementsystemen (PDM-Systemen) abgebildet werden. Die wesentliche Aufgabenstellung, die sich hier ergibt und die im Laufe des Projekts bearbeitet werden soll, ist, dass ein PDM-System als "Rohsystem" ausgeliefert wird, welches durch Einrichtung, Konfiguration und Anpassungsprogrammierungen an die Erfordernisse eines Unternehmens oder einer Schule mit den jeweils spezifischen Ablauf- und Organisationsstrukturen adaptiert werden muss. Der Aufwand für die Einrichtung und den Betrieb einer PDM-Lösung, angefangen von der erforderlichen Hardware über die notwendige Software-Umgebung mit Datenbank-Managementsystem, Applikations-Server, Web-Server etc. bis hin zu den Anpassungs- und Wartungsaufwendungen übersteigt um ein Vielfaches den für den Betrieb einer CAD-Systemumgebung. Aus diesem Grund haben alle beteiligten Schulen im Vorfeld zur Beantragung des Projekts geäußert, dass die erforderlichen Ressourcen intern in den Schulen nicht aufzubringen seien um ein entsprechendes PDM-System zum Aufbau einer Lehr- und Projektumgebung für den Unterricht im Bereich der Konstruktionsübungen und der Produktentwicklung "im Alleingang" einrichten und betreiben zu können. Der Ansatz des vorliegenden Projektantrags ist also, zentral für mehrere Schulen ein gemeinsames System mit der geforderten Funktionalität aufzubauen und zu betreiben, um Aufwände zu teilen und Ressourcen optimal durch Ausschöpfung von Synergieeffekten zu nutzen. Darüber hinaus ergibt sich bei diesem Ansatz implizit der Vorteil, dass Kooperationen über Schulgrenzen hinweg auf Basis der vorgeschlagenen Plattform ohne weitere Anpassungs- und Konfigurationsmaßnahmen, die für eine Kommunikation mehrerer derartiger Systeme untereinander notwendig wären, durchgeführt werden können.

Projektpartner:

Höhere Technische Bundeslehranstalt Jenbach, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster
Höhere Technische Bundeslehranstalt Linz (LiTec)
Höhere Technische Bundeslehranstalt Steyr, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster
Höhere Technische Bundeslehranstalt Wien 10, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster