Die Übertragung von Nervensignalen in lebenden Organismen funktioniert zum größten Teil durch die wiederholte Erzeugung und Weiterleitung von so genannten Aktionspotentialen. Ein Aktionspotential ist durch die schnelle De- und Repolarisierung seiner neuronalen Zellmembran charakterisiert – ein Alles-oder-Nichts Prinzip.

Schnelle zeitliche Abfolgen von Aktionspotentialen erzeugen den neuronalen Code unseres Nervensystems. Zwischen Nervenzellen befinden sich Synapsen, welche die eingehenden Aktionspotentiale in Signale umwandeln die in der nachfolgenden Zelle eine ausreichende Aufsummierung brauchen, um wieder in Aktionspotentiale umgewandelt zu werden.

Konfokalmikroskopieaufnahme einer einzelnen gefüllten und immunohistochemisch gefärbten retinalen Ganglienzelle.

© Adapted by Paul Werginz 2022 | Frontiers Media SA

Gefärbte retinale Ganglienzelle

Zellen in der Mäuse-Retina

In der klassischen Sichtweise wird der neuronale Output einer Nervenzelle rein durch ihren Input beschrieben; wie die intrinsischen, biophysikalischen Eigenschaften diesen Output noch verändern ist jedoch relativ wenig erforscht. Die Fähigkeit Nervensignale zu erzeugen ist sehr variabel in verschiedenen Typen von Nervenzellen. Während manche Zellen lange, hochfrequente Sequenzen mit Aktionspotentialen generieren, können andere Zellen in Antwort auf denselben Input nur ein einziges Aktionspotential erzeugen. Die genauen biophysikalischen Eigenschaften von Nervenzellen welche für die Erzeugung von Aktionspotentialen wichtig sind, sind derzeit noch nicht vollständig erfasst, speziell ob diese Eigenschaften auch mit dem Input den jede einzelne Nervenzelle erhält korrelieren.

Die Ziele dieses Projekts sind:

  1. Die Erforschung der zellulären Eigenschaften, welche für den Output von neuronalen Zelltypen von großer Bedeutung sind
  2. Die Beantwortung der Frage, ob diese Eigenschaften mit den jeweiligen Inputs von Nervenzellen korrelieren

Das Projekt ‚Biophysikalische Diversität in retinalen Ganglienzellen‘ wird eine Vielzahl von experimentellen Methoden einsetzen, die es erlauben, das Antwortverhalten von einzelnen Zellen der Mausretina zu charakterisieren. Zusätzlich werden wir die anatomischen Eigenschaften von retinalen Ganglienzellen untersuchen, um deren Beitrag zum Signaloutput festzustellen. Detaillierte Computersimulationen unterstützen die Experimente und erlauben uns den Effekt von einzelnen Eigenschaften von Nervenzellen auf den Signaloutput zu untersuchen.

Kleine Unterschiede mit großer Bedeutung

Die zu erwartenden Erkenntnisse dieses Projekts sind nicht spezifisch für retinale Ganglienzellen, da alle Nervenzellen dem gleichen Alles-oder-Nichts Prinzip folgen. Deshalb haben die generierten Resultate sowohl einen weitreichenden Einfluss auf die Neurowissenschaft im Allgemeinen als auch auf die detaillierten Vorgänge der neuronalen Signalerzeugung und -weiterleitung.