Titel

Professorin für Oberflächenphysik am Institut für Angewandte Physik der Technischen Universität (TU) Wien

Studium/Studienrichtung

Technische Physik, Diplom und Doktorat an der TU Wien

 

Interviewdatum

Februar 2011

Professorin Diebold im Kurzinterview

Mein Spezialgebiet ist die Oberflächenphysik.  Wir untersuchen die obersten paar Atomlagen von Materialien.  Ein sehr wichtiges Gerät in unseren Experimenten ist die Rastertunnelmikroskopie, mit der man einzelne Atome „anschauen“ und sogar gezielt auf einer Oberfläche herumschieben kann. Unsere Forschungsarbeit ist erst einmal grundlagenorientiert: wir wollen einfach ganz genau wissen, wie sich Moleküle auf eine Oberfläche dahinbewegen, ob es irgendwelche besonderen Stellen gibt, die besonders reaktiv sind, und wie sich Atome auf einer Oberfläche umordnen.  Auf atomarer Skala ist die Natur wirklich wunderschön! Unsere wissenschaftliche Arbeit ist aber nicht all zu weit von technischen Anwendungen entfernt.  Beispielsweise sind die eben angeführten Fragestellungen in der chemischen Industrie, sprich der Katalyse, sehr wichtig.  Oder auch in der Halbleiterindustrie, wo die Bauteile ja immer kleiner werden, sodass es schön langsam auf jedes einzelne Atom ankommt.

Mein allererster Physiklehrer, in der 2. Klasse Mittelschule, war eine richtige Inspiration.  Er hat den Stoff so amüsant gebracht, dass ich sofort davon überzeugt war, dass Physik einfach, logisch und lustig ist.  Meine Familie ist eher naturwissenschaftlich-technisch ausgerichtet, mein Vater war Ingenieur und meine beiden Geschwister haben auch verwandte Berufe ergriffen. In der Schule war ich an allen möglichen Dingen interessiert – von Literatur bis zu Volkswirtschaft. An der Physik hat mich gereizt, dass das exakte Denken geschult wird und dass man sich nicht gleich zu Anfang spezialisieren muss.

Ich meine, generell wird alles davon beeinflusst, dass man eine Frau oder ein Mann ist.  So konkret aufgefallen sind mir ein paar Sachen:  Ich habe es eher als schrecklich empfunden, wenn ich zu Berufungsvorträgen eingeladen wurde, nur weil ich eine Frau war, obwohl ich zu der Zeit noch keine Chance hatte den Job wirklich zu kriegen - einfach weil ich noch nicht die nötige Erfahrung mitgebracht hatte. Was mir in Österreich (im Vergleich zu den Staaten, wo ich ja lange gelebt habe) auffällt, ist, dass eine Frau in einer leitenden Position von vornherein eher als inkompetent angesehen wird und sich erst beweisen muss.  Wenn jemand in den USA eine gewisse Stellung innehat, dann nimmt jeder zunächst einmal erst einmal an, dass der oder die den Job auch ordnungsgemäß erledigen kann. Dieser Vertrauensvorschuss fehlt in Österreich völlig und macht es einer insgesamt schon schwerer. Außerdem gibt es hier immer wieder sexistische Meldungen von Kollegen, für die man in den USA sofort eine Klage am Hals hätte.

Ich glaube, es war wichtig, dass ich meine Kinder (2 Buben, momentan 11 und 15 Jahre alt) in den USA bekommen habe.  Dort ist es gang und gäbe, dass Frauen arbeiten und dass Kinder von klein auf in Kinderkrippen gehen.  Es ist sogar so, dass Frauen ein schlechtes Gewissen haben, wenn sie zu Hause bleiben und ihren Kindern eine professionelle Vorschulerziehung vorenthalten.  Also eine ganz andere Situation als in Österreich, wo man mit Halbtagsschulen zu kämpfen hat sowie der Erwartung, dass zumindest ein Elternteil bei den Kindern zu Hause bleibt.  Am allerwichtigsten war und ist aber mein Mann, der mich immer sehr unterstützt hat, und ohne den ich sicherlich beruflich nicht so weit gekommen wäre.

Am wichtigsten ist es, ein Netzwerk aufzubauen, dass einen unterstützt.  Und, wie bereits erwähnt, der Partner oder die Partnerin ist da am allerwichtigsten.