Titel

Univ. Prof. Dr. , seit Oktober 2011 in Pension

Geburtsjahr und -ort

1946

Studium/Studienrichtung

Studium der Physik

Promotion in Kernphysik

Interviewdatum

Januar 2012

Professorin Wagner im Kurzinterview

Entscheidend waren drei Forschungsprojekte, zu denen mich die damalige Frauenabteilung des damaligen Sozialministeriums eingeladen hat: Mädchen in nichttraditionellen Lehrberufen, Frauenarbeit im automatisierten Büro - eine der weltweit ersten Studien zur Büroautomation - und eines zu Frauen in ungelernten Berufen. Nach meiner Berufung an die TU Wien habe ich dann meinen eigentlichen Forschungsschwerpunkt als Professorin für Multidisziplinäres System Design und computerunterstütztes, kooperatives Arbeiten entwickelt. Kern meiner Arbeit ist die Verbindung von ethnographischen Untersuchungen von Arbeitspraxis mit Technikentwicklung, beispielsweise im Krankenhaus, im Architekturbüro, in der Automobilindustrie. Dabei geht es darum, mittels teilnehmender Beobachtung und Interviews zu verstehen, wie Personen ihre Arbeit verrichten – kooperieren, entwickeln, präsentieren, Andere überzeugen – und daraus, partizipativ, gemeinsam mit ihnen, Ideen für neue unterstützende technische Systeme und Anwendungen zu entwickeln. Dabei werden auch Fragen der Arbeitsorganisation, der Ethik oder frauenspezifische Perspektiven thematisiert und untersucht. Im Laufe meiner Tätigkeit an der TU Wien habe ich eine große Zahl von nationalen und internationalen Forschungsprojekten akquiriert und zu ethischen und politischen Fragen des Designs von Computersystemen, zum Einsatz von Informationstechnologien in Krankenhäusern, zur Computerunterstützung in der Architektur, sowie zu kreativen und partizipativen Designmethoden und ihrem Einsatz in der Technikentwicklung publiziert.

 

Mein Vater war mir ein großes Vorbild, für eine Frau meiner Generation nicht untypisch. Er war Maschinenbauer und hat sich riesig gefreut, dass seine Tochter Physik studiert. Er hat mich indirekt auch zum Thema Arbeit gebracht: Er hat damals Pressen für große Automobilwerke gebaut und ich war schon als Schülerin bei VW, Opel und Ford und habe dort die großen Fertigungsstraßen gesehen. Das hat mich sehr fasziniert. Sonst habe ich meinen eigenen interdisziplinären Ansatz verfolgt um mein Interesse an Technik mit sozialwissenschaftlichen und Designperspektiven zu verbinden. Ohne ein großes internationales Netzwerk wäre mir das nicht gelungen.

Ich war bereits im Physikstudium eine der wenigen Frauen, die ein Doktoratsstudium gemacht haben. Ich habe es an der TU in den ersten Jahren sehr schwer gehabt – ich kann nicht sagen, ob es daran lag, dass ich eine Frau bin oder daran, dass ich immer politisch engagiert war oder weil ich eine Art habe, interdisziplinär zu arbeiten, die der Technik sehr fremd ist. In meinem eigenen Bereich habe ich erfahren, wie wichtig die Vorbildwirkung als Frau ist. 

Gute Kinderbetreuungseinrichtungen, wie in den skandinavischen Ländern, sind unabdingbar. Es ist wichtig zu wissen, dass die Kinder gut aufgehoben sind und das schlechte Gewissen, dass von außen nahegelegt wird, völlig unangebracht ist. Ich hatte immer den Eindruck, die Chance mit meinen Kindern zu sein, habe auch meine Kreativität beflügelt. Kinder und Beruf gehören zu einem vollständigen Leben. Wenn man Kinder und eine konzentrierte Berufskarriere miteinander verbindet, lernt man, mit der Zeit sehr gut umzugehen.

An junge Frauen möchte ich weitergeben: sich viel zuzutrauen, sich nicht entmutigen zu lassen, eigene Ideen auch gegen Widerstände zu verfolgen, nicht wegen der Karriere auf Kinder zu verzichten, und vor allem sich ein unterstützendes Umfeld aufzubauen.