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15. Mai: Internationaler Tag der Familie. Vereinbarkeitsbeauftragte Stefanie Madsen im Interview

Ein Gespräch mit Stefanie Madsen, Vereinbarkeitsbeauftragte der TU Wien, darüber, was „Familie“ ist, über Herausforderungen von Familien und wie die TUW sie unterstützt.

Stefanie Madsen in grüner Bluse, lächelnd, vor weißer Fassade mit Rankplflanzen.

© TUW

Stefanie Madsen, Vereinbarkeitsbeiauftragte der TUW.

Stefanie Madsen im Interview

Die Diplompädagogin Stefanie Madsen ist seit 2019 Vereinbarkeitsbeauftragte der TUW. Seit 2021 ist sie als Personalentwicklerin für die Unterstützung der TUW-Nachwuchswissenschaftler_innen sowie das Dual Career Advice Programm verantwortlich. Als Mutter von drei Kindern weiß sie aus persönlicher Erfahrung, wie wichtig es ist, dass Arbeitgeber_innen Eltern unterstützen. Wir haben den Internationalen Tag der Familie, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster am 15. Mai zum Anlass genommen, um mit Stefanie Madsen über ihren Job und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu sprechen.

Frau Madsen, Sie sind Vereinbarkeitsbeauftragte der TU Wien. Was tun Sie in dieser Funktion?

Stefanie Madsen (SM): Die TU Wien verfolgt aktiv das Ziel, ein familienfreundlicher Arbeits- und Studienort zu sein. Als Vereinbarkeitsbeauftragte arbeite ich genau daran: Ich bin die erste Ansprechperson für alle TUW-Angehörigen, die Fragen zur Vereinbarkeit ihrer familiären Aufgaben mit ihrem Beruf oder Studium an der TU haben. Wie wir Familie und Beruf vereinbaren können, betrifft uns alle früher oder später, z. B. sind wir Kinder älter werdender Eltern, viele haben eigene Kinder, oder unsere Partner_innen benötigen unsere Hilfe.

In meiner Funktion vertrete ich außerdem die TUW in nationalen und internationalen Netzwerken von Vereinbarkeitsexpert_innen. Dabei geht es um aktuelle Herausforderungen für Universitäten als Arbeitgeber_innen für Menschen mit Careverpflichtungen und darum, neue Ideen zur Verbesserung der Vereinbarkeit zu entwickeln. Mit diesen Inputs gehe ich zu unserer Vizerektorin für Personal und Gender und wir überlegen gemeinsam, was wir davon an der TUW umsetzen. Natürlich erhalte ich auch im direkten Gespräch mit Eltern und pflegenden Angehörigen und durch Umfragen Einblicke in die aktuellen Bedarfe dieser Zielgruppen.

Was versteht die TU Wien als Arbeitgeberin unter Familie?

SM: Familie ist, wenn Menschen, die sich nahestehen langfristig Verantwortung füreinander übernehmen. Die TUW hat im Jahr 2015 die Charta des Vereins Familie in der Hochschule, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster unterzeichnet. Seitdem arbeiten wir mit diesem Familienbild, das alle in unserer Gesellschaft gelebten, vielfältigen Formen von Familie einbezieht. Wir fassen als TU Wien den Familienbegriff sehr weit, was sich auch in unserer „Betriebsvereinbarung zur Erweiterten Pflegefreistellung, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster“ (Link nur TUW-intern aufrufbar) ausdrückt. TUW-Angehörige können dadurch auch Pflegefreistellung für ihre Eltern, Lebenspartner_innen oder Pflegekinder in Anspruch nehmen, die nicht mit ihnen im gleichen Haushalt leben.

Die TU Wien war eine der ersten Universitäten, die eine solche Betriebsvereinbarung abgeschlossen hat. Ein anderes wichtiges Vereinbarkeitsthema (neben der Fürsorge für andere) ist für mich übrigens die Selbstsorge, denn nur wenn ich auf mich selbst gut achte, kann ich auch auf andere achten. Diese Message nehme ich in alle meine Beratungs- und Informationsgespräche mit.

Vor welchen Herausforderungen stehen Familien heute und wie unterstützt die TU Wien sie dabei?

SM: Vor allem in der Pandemie sind die Herausforderungen für Familien wie unter einem Brennglas sichtbarer geworden. Rund-um-die-Uhr-Betreuung der Kinder, Homeschooling, Kochen und Haushalt mussten plötzlich komplett von den Eltern übernommen werden – und das parallel zum Homeoffice oder Studium. Tätigkeiten und Verantwortungen, die sie vorher vielleicht an andere Expert_innen abgeben konnten. Die meisten dieser Aufgaben wurden von Frauen und Müttern gestemmt.

Die TU Wien muss daher an mehreren Punkten ansetzen: zum einen durch eine permanente und gesicherte Kinderbetreuung, wie sie unser TUW-Kindergarten, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster mit seinen sehr langen Öffnungszeiten bietet. Erschwingliche und zuverlässige Ferienbetreuung am Arbeitsort durch die Angebote von TU Kids erleichtert die Planung der sehr langen Sommerferien in Österreich wesentlich. Aber auch in Kulturfragen kann die TUW Vorreiterin sein. Besonders relevant ist dabei eine familiensensible Haltung unserer Führungskräfte, auch als Rolemodel. Besprechungen während der Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen abzuhalten anstatt danach, ist leicht umzusetzen. Wenn wir junge Eltern, vor allem Väter, ermutigen und es ihnen ermöglichen, Karenzen in Anspruch zu nehmen, leisten wir einen Beitrag zu gleichberechtigteren Karriereoptionen für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Bei Besetzungsvorschlägen könnten Karenzzeiten und familiäre Verantwortungsübernahme positiv gewichtet werden, anstatt als wissenschaftliche Auszeiten beurteilt zu werden. Die TU kann natürlich das akademische System mit seinen Karriereherausforderungen für Eltern nicht im Alleingang verändern. Aber wir können immer Stellschrauben finden, durch die wir unsere eigenen Rahmenbedingungen verändern können, um Eltern eine (wissenschaftliche) Karriere mit Kind zu ermöglichen. An der TU Wien haben wir deswegen eine Richtlinie zur Erleichterung des Wiedereinstiegs für wissenschaftliche Projektassistentinnen nach Mutterschutz und Elternkarenz, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster entwickelt.

Unterscheidet sich die TUW diesbezüglich von anderen Arbeitgebern?

SM: Im Austausch mit Kolleg_innen anderer Universitäten stelle ich immer wieder fest, dass die TU Wien oftmals Vorreiterin in Fragen der Vereinbarkeit von Familie mit Arbeit oder Studium ist. Das bekommen wir auch immer wieder offiziell bestätigt: Im Jahr 2019 wurde uns unsere Familienfreundlichkeit durch den 1. Preis beim Landeswettbewerb „Familie und Beruf“, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster bestätigt. Im Folgejahr wurden wir als beste Universität in Österreich beim Staatspreis „Familie und Beruf“ gekürt. Heuer stellen wir uns erneut dem Landeswettbewerb.

Im Zuge der Pandemie hat die TU Wien relativ frühzeitig eine vergleichsweise großzügige Homeoffice-Regelung für fast alle TUW-Angestellten eingeführt. Homeoffice bedeutet aber nicht, dass man parallel dazu seine Kinder betreut – schon gar nicht, wenn sie krank sind. Als Vereinbarkeitsbeauftragte sehe ich den Mehrwert der Homeoffice-Regelung für Eltern und pflegende Angehörige vor allem in der Wahlfreiheit. Auch unsere Gleitzeitregelung hilft sicherlich vielen Menschen mit familiären Betreuungsaufgaben.

Wir bieten auch weitreichende Unterstützungsangebote für Eltern und pflegende Angehörige an: Coaching und Beratung, oder Informations- und Seminarangebote im internen Weiterbildungskatalog.
Viele meiner Vereinbarkeitskolleg_innen der anderen Universitäten beneiden mich um die Wertschätzung des Themas seitens unseres Rektorats sowie unsere vertrauensvolle Zusammenarbeit zur Verbesserung der Vereinbarkeit an der TUW. Neben dem Rektorat kann ich mich auf viele Multiplikator_innen unter den anderen Interessensvertretungen sowie in den Fakultäten und vor allem von Seiten des Sozialreferats der HTU, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster verlassen, die sich für das Thema Vereinbarkeit innerhalb der TUW stark machen. Unter solch günstigen Rahmenbedingungen macht es wirklich Freude, das Thema voranzubringen.

Was sind Ihre Vorhaben für die Zukunft bzw. wo gibt es Potenzial?

SM: Ein Vorhaben, das ich zukünftig noch realisieren möchte, ist das Angebot einer Kinderbetreuung für Unter-Einjährige. Dadurch könnte besonders jungen internationalen Eltern ohne familiäres Netzwerk in Wien und allen, die auf diese Art der Kinderbetreuung angewiesen sind, ermöglicht werden, wieder frühzeitig ihrer beruflichen Tätigkeit oder ihrem Studium nachzugehen. Ich betone: Als Vereinbarkeitsbeauftragte respektiere ich die Lebensentwürfe aller Eltern und möchte deswegen größtmögliche Wahlfreiheit anbieten.

Im Bereich TU Care sehe ich noch ein großes Potenzial, für das wir zukünftig bedarfsgerechte Angebote und Unterstützungsformate weiterentwickeln und anbieten. Da die Zielgruppe weniger homogen und sichtbar und die Bedarfe weniger vorhersagbar sind, stehen wir in diesem Punkt – wie alle anderen Universitäten und Arbeitgeber_innen – vor größeren Herausforderungen, denen wir aber gerne mit kreativem Blick begegnen.

Grundsätzlich möchte ich das Thema Familie an der TU Wien sichtbarer machen. Durch Vernetzung von Eltern, auch während der Karenz, Aktionen wie den „Bring Your Kids Day“, der Väterjause zum Weltmännertag oder auch das Familien-Sommerfest der HTU, kann unsere TU Wien nur menschlicher und zum besseren Arbeits- und Studienort für alle Angehörigen werden.
Gerne möchte ich an dieser Stelle auch aufrufen, sich mit Ideen für eine familienfreundliche TUW bei mir und meinen Kolleginnen von TU Kids & Care, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster, ohne deren Arbeit die vielen unterstützenden Angebote an der TU Wien gar nicht existieren würden, zu melden.

 

Über Stefanie Madsen

Nach dem Studium der Diplom-Rehabilitationspädagogik an der Humboldt-Universität zu Berlin, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster war Stefanie Madsen mehrere Jahre an der Ruhr-Universität Bochum, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster als Studienkoordinatorin an der Fakultät für Entwicklungspsychologie der Ruhr-Universität Bochum tätig. Studienschwerpunkte: soziale Integration und Resilienz von Kindern aus Migrationsfamilien sowie der Sprachbildung- und Entwicklung von Kindern im Kindergartenalltag. Seit 2018 ist sie an der TU Wien tätig, seit 2019 als Vereinbarkeitsbeauftragte.

Kontakt: Dipl.-Päd.in Stefanie Madsen

Telefon: +43 1 58801 410868
E-Mail: stefanie.madsen@tuwien.ac.at

Links:

Dual Career Advice Programm: https://www.tuwien.at/tu-wien/organisation/zentrale-bereiche/personalentwicklung/dual-career-advice

Vereinbarkeit TU kids: https://www.tuwien.at/tu-wien/organisation/zentrale-bereiche/personalentwicklung/vereinbarkeit-tu-kids/, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

HTU-Sozialreferat: https://htu.at/index.php/familie, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

Charta des Vereins Familie in der Hochschule: https://www.familie-in-der-hochschule.de/verein/charta-familie-in-der-hochschule, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

TUW-Richtlinie zur Erleichterung des Wiedereinstiegs für wissenschaftliche Projektassistentinnen nach Mutterschutz und Elternkarenz: Link zum PDF, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

Betriebskindergarten der TU Wien: https://www.kinderinwien.at/standorte/1040-betriebskindergarten-tu-wien, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

Interview: Edith Wildmann