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Prof. Franz P. Viehböck (1923–2020): Ein Nachruf

Die Technische Universität Wien, die Fakultät für Physik und das Institut für Angewandte Physik trauern um em.o.Univ.Prof. Dr. Franz P. Viehböck.

Portaitfoto von Professor Franz Viehböck.

Mit tiefer Betroffenheit mussten wir erfahren, dass unser ehemaliger Institutsvorstand und lieber Kollege Franz Viehböck am 11.12.2020 wenige Tage nach seinem 97. Geburtstag verstorben ist.  

Franz Viehböck, 1923 in der Wachau (Niederösterreich) geboren, begann im Wintersemester 1945 an der unbeheizten und schwer beschädigten Universität Wien das Studium der Physik mit den Nebenfächern Mathematik und Chemie. 1949 promovierte er dort zum Dr. phil. Im Rahmen seiner Doktorarbeit entwickelte er gemeinsam mit seinem Doktorvater Richard Herzog eine neuartige Ionenquelle für Massenspektrometer. Die daraus entstandene Publikation war bahnbrechend für die Entwicklung der sogenannten Sekundärionen-Massenspektrometrie SIMS, die heute große technische Bedeutung für die Analyse der Zusammensetzung von Festkörperoberflächen und dünnen Schichten erlangt hat.

Nach seinem Studium sammelte er einige Jahre Erfahrung in der österreichischen Industrie, wo er unter anderem als Technischer Direktor der Philips Glühlampenfabrik in Gmunden an der Entwicklung von Glüh- und Gasentladungslampen Elix beteiligt war. 1958 setzte er seine wissenschaftliche Tätigkeit bei der Österreichischen Studiengesellschaft für Atomenergie fort. Er ging als Gastwissenschafter nach Amsterdam ans FOM Laboratorium für Massentrennung zu Professor Jakob Kistemaker und war dann im Reaktorzentrum Seibersdorf Abteilungsleiter für Massenseparation und Massenspektrometrie. In dieser Zeit entwarf und baute er einen elektromagnetischen Massenseparator, der insbesondere für die Trennung radioaktiver Isotope konzipiert war. 1968 wurde er Leiter des Physikinstitutes in Seibersdorf. In dieser Zeit erwarb er auch die venia docendi (Lehrbefugnis) für Angewandte Physik an der damaligen Technischen Hochschule (und heutigen TU) Wien.

Berufung an die TU Wien

Mit 1. Oktober 1970 wurde Franz Viehböck zum Ordinarius für Experimentalphysik an die TU Wien berufen und übernahm als Vorstand das Institut für Experimentalphysik II, welches er alsbald auf Institut für Allgemeine Physik (das heutige Institut für Angewandte Physik) umbenannte. Unter seiner Leitung entwickelte sich das Institut in den folgenden 17 Jahren zu einem international beachteten Zentrum für Grundlagenforschung im Bereich Oberflächenphysik und -analytik, Teilchen/Laser-Oberflächen-Wechselwirkung sowie Ionen- und Plasmaphysik. Neben der Grundlagenforschung entstanden durch die Entwicklung neuartiger, hochgenauer Messverfahren und Sensoren auch zahlreiche Industriekooperationen. Während der ersten Ölkrise in den 70er Jahren beschäftigte er sich verstärkt mit Forschung in den Bereichen thermische Solarenergie, Photovoltaik und Wärmepumpen und war damit seiner Zeit um Jahrzehnte voraus. Mit umfangreichen Messprogrammen für alternative Wärmeversorgungssysteme konnte er die auf diesem Gebiet oft hitzigen, damals von Gebäude-Architekt_innen dominierten Diskussionen auf eine rationale Basis stellen.

Ehrungen

Für seine wissenschaftlichen Leistungen erhielt Franz Viehböck eine Reihe von Auszeichnungen, beispielsweise 1964 den Fritz-Kohlrausch-Preis der Österreichischen Physikalischen Gesellschaft, 1969 das Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, 1977 den Österreichischen Staatspreis für Energieforschung und 1978 den Kulturpreis des Landes Niederösterreich. Franz Viehböck gründete auch die Österreichische Gesellschaft für Vakuumtechnik (ÖGV) und leitete sie viele Jahre als Präsident.

Auch durch die Organisation von Workshops und Kongressen – beispielsweise den 7th International Vacuum Congress 1977 in Wien oder das Symposium on Sputtering SOS’86 in Spitz an der Donau 1986 – hat er unserem Institut international einen Namen verliehen. 

„Kinder, ich bin bereits Professor, jetzt werde ich schauen, dass auch ihr weiterkommt!“

Franz Viehböck war bei seinen Mitarbeitern außerordentlich beliebt. Das lag an seiner hervorragenden Menschenkenntnis und dem hohen Maß an freien, talentspezifischen Entfaltungsmöglichkeiten, die er seinen Institutsangehörigen bot. Im Gegenzug zu weitgehenden Freiräumen forderte er aber auch entsprechende Eigenverantwortlichkeit von seinen Mitarbeiter_innen ein. Seit seinem Dienstantritt als Ordinarius galt sein Hauptaugenmerk der Förderung seiner Mitarbeiter_innen. Sein Ausspruch bei der Übernahme des Institutes „Kinder, ich bin bereits Professor, jetzt werde ich schauen, dass auch ihr weiterkommt“ wird von den damaligen Mitwirkenden noch immer kolportiert. Für die damalige Zeit eher nicht üblich und zur großen Verwunderung seines Professorenkollegiums „alten Schlages“ pflegte er mit seinen Mitarbeiter_innen das vertrauliche „Du“. Viele seiner Absolventen_innen machten Karriere, wurden zu Professor_innen berufen oder haben beeindruckende berufliche Karrieren in der Wirtschaft aufzuweisen. 

Nach seiner Emeritierung im September 1987 zog er sich ins Privatleben zurück. Dem Institut blieb er aber, über alle Jahre hinweg, eng verbunden. Viele Jahre verbrachte er die kalten Wintermonate in Südafrika. Auf den Geschmack dort ein Haus zu kaufen, kam er, als er einen ehemaligen Dissertanten der in Südafrika arbeitete, besuchte. Dort empfing er dann auch gerne seine ehemaligen Mitarbeiter_innen, Kolleg_innen und Freund_innen. Schließlich kehrte er nach Österreich zurück und ließ sich am Rande des Dunkelsteiner Waldes nieder.

Franz P. Viehböck war regelmäßiger und gern gesehener Besucher unserer Institutsweihnachtsfeiern. Das Institut für Angewandte Physik hat ihm zu Ehren 2019 den „Franz Viehböck Preis für junge Forscher“ ins Leben gerufen, der dieses Jahr bereits zum zweiten Mal vergeben wird. Bei der ersten Preisvergabe im Dezember 2019 konnte Prof. Franz Viehböck trotz seines hohen Alters dem Preisträger noch persönlich gratulieren.  

Franz Viehböck hinterlässt drei Söhne. Mit seinen Angehörigen sind wir in Trauer verbunden. Das Institut für Angewandte Physik, die Fakultät für Physik und die TU Wien werden Franz Viehböck ein ehrendes Andenken bewahren.  

Friedrich Aumayr, Ewald Benes, Ulrike Diebold, Martin Gröschl, Wolfgang Husinsky, Johann Laimer, Michael Schmid, Herbert Störi und Wolfgang Werner  
im Namen aller Angehörigen des Instituts für Angewandte Physik