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Zwei ESPRIT-Förderungen für die TU Wien

Hester Sheehan und Julia Edthofer erhalten eine ESPRIT-Karriereförderung des FWF. Während Sheehan an pflanzlichen Botenstoffen forscht, befasst sich Edthofer mit dem Zusammenspiel von Arbeit und Wohnen.

Portraits von Hester Sheehan und Julia Edthofer.

Mit ESPRIT – kurz für “Early-Stage-Programme: Research–Innovation–Training” – fördert der FWF hochqualifizierte Postdocs über die Dauer von 3 Jahren. Jüngst wurde die Karriereförderung der Wissenschaftlerinnen Hester Sheehan vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften und Julia Edthofer vom Institut für Raumplanung bekannt gegeben.

Hester Sheehan: Die Evolution von Katecholaminen und L-DOPA in Pflanzen

Botenstoffe wie Katecholamine und der Ausgangsstoff L-DOPA spielen eine wichtige Rolle bei der Steuerung von Kreislaufprozessen, die innerhalb des Körpers ablaufen – dies gilt für Menschen ebenso wie für Tiere. Das Hormon Adrenalin zählt beispielsweise zu den Katecholaminen und wird freigesetzt, wenn wir Stress haben. Auch einige Pflanzen produzieren Katecholamine und L-DOPA, zum Teil in sehr hohen Mengen. So macht L-DOPA zum Beispiel bis zu 10 % des Gewichts einiger Bohnensamen aus. Unklar ist bislang jedoch, welche Funktion die Botenstoffe innerhalb der Pflanze übernehmen und sogar wie sie produziert werden. Als gesichert darf jedoch gelten, dass die Evolution dieser Stoffe bei Tieren und Pflanzen unabhängig voneinander stattgefunden hat.

Hester Sheehan ist Molekularbiologin mit Fokus auf Sekundäre Pflanzenstoffe. Nach Abschluss ihres Biologie- und Philosophiestudiums zog die Neuseeländerin nach Europa und promovierte in Bern (Schweiz). Anschließend arbeitete sie unter anderem an der University of Cambridge (UK) als Postdoc. An der TU Wien wird sie am Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften forschen. Im Rahmen ihres Projekts „L-DOPA und Katecholamine in Pflanzen“ wird Hester Sheehan die biochemischen Abläufe charakterisieren, die die Produktion von Katecholaminen und L-DOPA bei Pflanzen ermöglichen. So wird es möglich sein, die Rolle einzelner Gene und Enzyme zu bestimmen und den Einfluss dieser Stoffwechselprodukte auf die Entwicklung und Physiologie der Pflanzen zu ergründen.

Da nicht alle Pflanzen L-DOPA und Katecholamine bilden, ist es wichtig, Pflanzen verschiedener Familien zu untersuchen, aber auch mehrere Arten je Pflanzenfamilie, wie beispielsweise Hülsenfrüchte, genauer zu betrachten. „So können wir unter anderem herausfinden, ob verschiedene Pflanzen die Fähigkeit diese Metaboliten zu produzieren unabhängig voneinander erworben haben. Die Rede ist von paralleler oder konvergenter Evolution. Noch ist es zu früh, um gesicherte Aussagen über die exakte Funktion dieser Stoffe in Pflanzen zu treffen, aber eines ist bereits klar: Sie sind ein wichtiger und wenig erforschter Aspekt der pflanzlichen Biologie, da sie eine Schlüsselrolle in der Anpassungsfähigkeit vieler Arten spielen“, erklärt Hester Sheehan.

Julia Edthofer: Gemeindebau als soziale, urbane Infrastruktur

Die Wohnhausanlage „Siemensstraße“ ist eine Anfang der 1950er Jahre im Rahmen des „Schnellbauprogramms“ errichtete Großsiedlung in Wien Floridsdorf, in der aufgrund ihrer Anbindung an lokale Industriebetriebe die Lebensbereiche „Wohnen/Leben“ und „Arbeit“ bis heute eng verwoben sind. Julia Edthofer wird sich am Forschungsbereich Soziologie mit geschlechtsspezifischen Perspektiven auf das Verhältnis von Sorgearbeit und Erwerbsarbeit in diesem industriell geprägten Wohnkontext beschäftigen. Zuvor forschte sie u. a. an der Universität Wien zu stadt- und raumsoziologischen Themen mit Fokus auf den Zugang zu urbaner sozialer Infrastruktur in den Bereichen Gesundheit und Bildung.

Die aktuelle Forschung knüpft an Ergebnisse eines Zeitzeug_innenprojekts der Wiener wohnpartner an, das deutlich aufzeigte: Während Männer im Alter von 65+ Jahren eine sehr positive, geradlinige und im Grätzel verortete Erwerbsarbeitsbiographie als Facharbeiter in einem der umliegenden Industriebetriebe schilderten, zeigte sich bei den beteiligten Frauen kein solches positives Selbstbild. Auch in der sozialwissenschaftlichen Forschung besteht hier eine Lücke, auf die Julia Edthofer reagiert: „Ich möchte diesen Frauen eine Stimme geben, da sie Sorge- und Erwerbsarbeit unter einen Hut bringen mussten und es trotzdem keine „Erzähl-Angebote“ gibt, sich selbst als (Fach-)Arbeiterin zu betrachten – obwohl fast alle interviewten Frauen einen Lehrberuf ergriffen und zeitweise sogar mehreren Erwerbsarbeiten nachgingen.“

Zentrale Frage der Forschung ist, welchen Beitrag der soziale Wohnbau als urbane Infrastruktur zur Vereinbarkeit von Sorgearbeit und Erwerbsarbeit leisten kann. Dies wird im erweiterten Grätzel mit den Wohnhausanlagen Siemensstraße, Justgasse, Ruthnergasse, Dr. Franz-Koch-Hof sowie Heinz-Nittel-Hof anhand von Siedlungsstrukturen aus vier Planungsperioden (50er bis 80er Jahre) in den Blick genommen. Das primäre Datenmaterial bilden Tiefeninterviews mit Mütter-Töchter-Paaren im Alter 65+ bzw. 35+ Jahren. Von speziellem Interesse ist dabei, ob sich der Übergang von fordistischen zu post-fordistischen Arbeitsverhältnissen, der sich deutlich über die Abwanderung der lokalen Industriebetriebe widerspiegelt, auch anhand von Frauen-Arbeitsbiographien nachvollziehen lässt.

Rückfragehinweis

Dr. Hester Sheehan
Forschungsgruppe Phytochemie und Pflanzenbiochemie
Technische Universität Wien
hester.sheehan@tuwien.ac.at

Dr. Julia Edthofer
Forschungsbereich Soziologie
Technische Universität Wien
julia.edthofer@tuwien.ac.at

Text: Sarah Link