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Wien Mitte - das Alte durch ebenbürtiges Neues bereichern

Appell des Fakultätskollegiums Architektur und Raumplanung der TU Wien.

Wien (TU) - Gerade angesichts der anstehenden Debatte über die zukünftige Wiener Hochhausstrategie erscheint es uns bedenklich, das Projekt Wien Mitte als Altlast vergangener Tage unkritisch zu realisieren. Die geplante und teilweise bereits entstehende architektonische und städtebauliche Banalität über dem Bahnhof Wien Mitte ist kein zufällig entstandenes Ergebnis, sondern direkt auf die Widmungspraxis der Gemeinde Wien in den vergangenen Jahrzehnten zurückzuführen. Es war die Gemeinde Wien, die für das Projekt eine Nutzfläche von ursprünglich 120000 m2 zuließ. Selbst unter Berücksichtigung der zusätzlichen Aufwendungen für eine Bahnhofsüberbauung war diese Dichte ein Geschenk, sowohl an die Grundeigentümer als auch an die Projektentwickler. Dafür wären im Gegenzug höchste Transparenz der Verfahren und höchste Anforderungen an die städtebauliche und architektonische Qualität einzufordern gewesen. Stattdessen waren zum Gutachterverfahren des Jahres 1990 nur vier Architektenteams geladen, und das Siegerprojekt wurde in den folgenden Jahren unter rein kommerziellen Gesichtspunkten bis zur Unkenntlichkeit vergröbert. Das nun vor der Verwirklichung stehende Projekt stellt einen Anschlag auf das Stadtbild, aber auch auf das funktionelle Gefüge der Stadt dar. Kosmetische Reduktionen der Höhenentwicklung womöglich um den Preis einer Verdichtung anderer Standorte werden daran nichts ändern.

Auch wenn die Gemeinde Wien mit der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen ihr stärkstes Druckmittel bereits aus der Hand gegeben hat, muss es möglich sein, das Projekt vor dem Hintergrund des „Weltkulturerbes Wien " noch einmal offen zu diskutieren - nicht um die Stadt unter einen Glassturz zu stellen, nicht um das Alte vor dem Neuen zu schützen, sondern um das Alte durch ein ebenbürtiges Neues auf höchstem architektonischen und städtebaulichen Niveau zu bereichern

Das Kollegium der Fakultät für Architektur und Raumplanung der TU Wien
Der Vorsitzende
Heiner Hierzegger