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Wie Moleküle Mosaike bilden

Wenn sich Moleküle auf Oberflächen anlagern, entstehen unterschiedliche Muster. Doch wie kann man sie beeinflussen? Ein internationales Team mit TUW-Beteiligung kann das nun erklären.

Benedikt Hartl, dahinter drei unterschiedliche Anordnungen kleiner Teilchen

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Benedikt Hartl

Im Hintergrund: Verschiedene mosaikartige Muster, die von den Molekülen gebildet werden können.

Shubham Sharma, Michael Walter und Stijn Mertens

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Shubham Sharma, Michael Walter und Stijn Mertens (v.l.n.r.)

Hochkomplizierte Muster können sich ganz von selbst bilden, wenn sich komplexe Moleküle unter bestimmten elektrochemischen Bedingungen auf einer Gold-Oberfläche anlagern – das konnte Stijn Mertens (damals an der TU Wien, jetzt an der Lancaster University) bereits vor einigen Jahren mit Hilfe hochauflösender Rastertunnelmikroskopie zeigen.

Diese Muster wurden nicht gezielt vorgegeben, es handelt sich um komplexe Selbstorganisation. Aber wie kann man in diese Selbstorganisation steuernd eingreifen, indem man äußere Parameter gezielt verändert? Und ist es vielleicht sogar möglich, eine dieser Strukturen gezielt in eine andere überzuführen? Wenn ja, hätte man einen „Schalter“ zur Verfügung, der die Eigenschaften einer Oberfläche auf Knopfdruck ändert, das wäre technologisch höchst interessant.

Mit dieser Problemstellung haben sich nun Forschungsteams aus der Experimentalphysik und der theoretischen Physik intensiv beschäftigt – mit starker Beteiligung seitens der TU Wien. Die Ergebnisse wurden im „Journal of Chemical Theory and Computation“ publiziert.

Experiment und Theorie

„Konkret untersucht haben wir ein flaches, polyaromatisches Kation (PQP+) und ein anorganisches Anion (ClO4) in einer wässrigen Perchloratlösung, unter Einfluss eines externen elektrischen Feldes“, erklärt Stijn Mertens. „Man stellte fest, dass man die Strukturen, die sich ganz von selbst einstellen, durch Variation des äußeren Feldes reversibel ineinander überführen kann.“

Allerdings ist es unmöglich, nur durch Experimente festzustellen, warum sich gerade diese komplexen Muster bilden. Schlüssige Antworten auf diese Frage konnten nun in Zusammenarbeit mit theoretischen Arbeitsgruppen gegeben werden, die diese experimentelle Situation in Kombination von ab initio Simulationen und komplexen Optimierungsalgorithmen am Computer nachgestellt haben.

Dieses Vorhaben stellte sich allerdings als wesentlich schwieriger heraus als ursprünglich gedacht: Benedikt Hartl (aus der Arbeitsgruppe Theorie der Weichen Materie – SMT – der TU Wien) musste im Rahmen seiner von der ÖAW geförderten Dissertation (DOC Stipendium) drei Jahre intensiv forschen, um diese knifflige Fragestellung zu lösen.

Die Energie-Nadel im Heuhaufen der Möglichkeiten

Michael Walter und sein Team an der Universität Freiburg ermittelten zunächst in aufwändigen Simulationen mit ab initio Methoden die Energien der Moleküle. Benedikt Hartl verwendete dann diese Ergebnisse, um klassische Kraftfelder zu berechnen, mit denen man die Kräfte zwischen den Molekülen beschreiben kann. Damit war das Problem aber noch lange nicht gelöst: Es gibt eine riesengroße Anzahl möglicher Molekül-Anordnungen. Und unter ihnen musste man jene mit der niedrigsten Energie finden – das ist jene, die unter natürlichen Bedingungen dann auch tatsächlich angenommen wird.

„In einem hochdimensionalen Parameterraum die energetisch günstigste Anordnung der Moleküle zu finden – das ist in Hinblick auf die riesigen Zahl der zu optimierenden Parameter wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen“, sagt Prof. Gerhard Kahl vom Institut für Theoretische Physik der TU Wien. „Benedikt Hartl zog alle Register seines Könnens. Es gelang ihm dabei, Optimierungsverfahren, die auf sogenannten evolutionären Algorithmen beruhen, deutlich effizienter und verlässlicher zu machen.“

Selbstorganisation korrekt vorhersagen

Am Ende haben sich die Mühen des internationalen Teams und der massive Computereinsatz gelohnt: Tatsächlich gelang es, die experimentell gefundenen Strukturen mit Hilfe des theoretischen Modells zu reproduzieren und zu erklären. „Ein komplexes Wechselspiel zwischen der Form des Moleküls und der Verteilung der elektrischen Ladungen im Molekül ist der entscheidende Faktor“, erklärt Benedikt Hartl. „Dadurch lässt sich die reiche Vielfalt an unterschiedlichen Molekülmosaiken erklären, die im Experiment gefunden wurden.“

„Das gemeinsam entwickelte Verfahren ist eine sehr erfolgreiche Methode, die Selbst-Organisationsmuster zu erklären“, sagt Gerhard Kahl. „Diese Methode lässt sich auch auf wesentlich komplexere Moleküle erweitern. Sie hat dadurch ein großes Potenzial, uns in Zukunft dabei zu helfen, kontrollierte Selbstorganisation besser zu verstehen und sogar vorherzusagen.“

Kontakt

Dipl.-Ing. Benedikt Harl
Institut für Theoretische Physik
Technische Universität Wien
benedikt.hartl@tuwien.ac.at

Text: Florian Aigner