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Smart City: Wie Daten unsere Städte verändern

Tech-Konzerne wie Google oder Amazon setzen ihr Know-How zu städtischer Mobilität auch für die Entwicklung von Smart-City-Konzepten ein. Peter Mörtenböck, Professor an der TUW, forscht mit seinem Team zu den Implikationen der datengetriebenen Stadtentwicklung.

Drohenbild einer Großstadt mit Symbolen der digitalen Welt versehen.

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Raum im Österreich-Pavillon der Architekturbiennale Venedig mit bunten länglichen Schildern jeweils einem Wort: Access - is - The - New - Capital

© Ugo Carmeni

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Österreich-Pavillon Architektur-Biennale '21.

Unter dem Titel „We Like. Platform Austria“ setzte sich das Projekt in partizipativen Formaten mit dem Aufstieg digitaler Plattformen und ihren Auswirkungen auseinander.

Sie wissen, was wir kaufen, wen wir treffen und wohin wir fahren oder spazieren. Airbnb, Amazon, DriveNow, Google Maps, Lieferando, Lime und Uber sind nur eine kleine Auswahl an Plattformen und Services, die Daten über Mobilität und Kaufverhalten sammeln. Mithilfe dieser Datenfülle gestalten Technologiekonzerne urbane Räume für die optimale Nutzung ihrer Services um. Dieses Phänomen lässt sich mit dem Begriff Plattform-Urbanismus bezeichnen. „Technologiekonzerne besitzen immenses Wissen über städtische Mobilität. Dieses Know-how setzen sie in Kontakt mit Stadtverwaltungen etwa dazu ein, neue Verkehrssysteme zu schaffen“, erklärt der Kunst- und Architekturtheoretiker Peter Mörtenböck. Er weiß: In den Architekturabteilungen von Alphabet und Amazon entstehen die datengestützten Stadtteile von morgen.

Peter Mörtenböck und sein Team wollten wissen: Wie verändern Daten, Öffentlichkeit und urbane Räume einander? Unterstützt durch den Wissenschaftsfonds FWF, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster betrieben die Forschenden über einen Zeitraum von fünf Jahren künstlerische Grundlagenforschung, hielten Konferenzen ab, entwickelten Ausstellungen, verlegten zwei Bücher und etablierten Kooperationen. In dieser Projektlaufzeit waren mehr als 100 Personen forschend eingebunden.

Internationale künstlerische Forschung im Silicon Valley

Der Prozess war international gestaltet. In London sammelte man Wissen über Videoüberwachung. Eine Reise nach Tallinn ermöglichte Erkenntnisse über E-Governance, eine weitere nach Mumbai über Umgebungen, die nur rudimentär von Technologiekonzernen mitgestaltet werden. Mehrmals besuchte das Kernteam das Silicon Valley. Die Forschenden führten Gespräche mit Architekt_innen und Mitarbeitenden von Apple, Meta und Alphabet. „Wir haben uns vor allem die Campus-Architektur sowie die Pläne für deren Erweiterungen durch neue Wohngebiete angesehen. Diese sind Prototypen für zukünftige Wohnsiedlungen“, erzählt Mörtenböck. Dabei wurde auch die Rolle von Patenten präsent. „Das Steve Jobs Theater, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster am Apple-Campus und die Gestaltung der Amazon-Warenhäuser sind nur einige Beispiele für patentierte Gestaltungen“, erklärt der Professor für Visuelle Kultur.
 

Künstlerische Forschungszugänge, etwa in Form von Zeichnungen und Animationen, halfen den Forschenden, eigene Annahmen zu Themen wie der Datenöffentlichkeit zu hinterfragen. Kreative Ansätze haben auch weitere Vorteile. „Ein großes Anliegen war uns zu vermitteln, wie jede und jeder Einzelne in die Datenproduktion involviert ist. Wenn man weiß, wie sich die Umwelt schleichend verändert, bekommt man eine Idee davon, welche Daten gesammelt werden und was sie können. Künstlerische Forschung hilft, eine Schnittstelle mit der Öffentlichkeit zu finden“, sagt Mörtenböck. So entwickelten die Projektmitarbeiter Lovro Koncar-Gamulin und Christian Frieß etwa Videoinstallationen und Animationen als visuelle Übersetzungen des Forschungsprozesses. In Kärnten, der Steiermark und Vorarlberg diskutierte man mit Interessierten. Im Rahmen von Konferenzen in Wien und London wurde mit internationalen Forschenden und Expert_innen debattiert.

Die große Bühne Venedig

Die breite Öffentlichkeit erreichte das Projekt im Rahmen der Architektur-Biennale in Venedig. Mit dem Architekten und Kulturtheoretiker Helge Mooshammer kuratierte Peter Mörtenböck von Mai bis November 2021 den österreichischen Pavillon. Unter dem Titel „We Like. Platform Austria, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster stellten sie ihre Auseinandersetzung zu Daten, Öffentlichkeit und Raum in den Fokus. Den rund 300.000 Besucher_innen kamen etwa raumfüllende Schilder entgegen. Darauf prangten Slogans wie „Access Is The New Capital“ – als Zeichen dafür, wie Netflix oder Amazon Prime mit kostenpflichtigen Abos Zugänge zu Inhalten kontrollieren und monetarisieren. Der SloganThe Platform Is My Boyfriend“ hob die gefühlsmäßige Bindung an Plattformen hervor. Manche der Besucher_innen nutzen die Schilder als Hintergrund für Instagram-Fotos.

Videos, Animationen, eine Collage, die Fotos von durch Sensoren veränderte Umwelten zeigte, sowie Patentzeichnungen von Co-Working-Spaces und innerstädtischen Verteilungszentren sollten dazu inspirieren, sich mit den Veränderungen der urbanen Umwelten auseinanderzusetzen. Ergänzt wurde die Ausstellung durch Live-Diskussionen mit renommierten Architekturblogger_innen zu Themenfeldern von E-Commerce bis zur Gig-Economy. Ein Fokus war, Besucher_innen einzubeziehen, etwa indem diese Fotos ihrer optimalen urbanen Zukunftsvisionen in eine Datenbank hochladen konnten.

Plattform-Urbanismus: Folgeprojekt 2022

Diese Visionen fließen nun in ein ebenfalls vom FWF finanziertes Folgeprojekt zu Plattform-Urbanismus ein, an dem Peter Mörtenböck und sein Team seit März 2022 arbeiten. Im Mai 2023 nimmt die Ausstellung „We Like. Platform Austria“ dann an der Piazza Maggiore in der historischen Altstadt Bolognas Platz.

 

Zur Person

Peter Mörtenböck, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster hat Psychologie, Architektur sowie Stadt- und Umweltforschung in Wien und Graz studiert und in Kulturgeschichte habilitiert. Er ist Professor für Visuelle Kultur an der Fakultät für Architektur und Raumplanung der Technischen Universität Wien, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster sowie Research Fellow am Goldsmiths College der University of London, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster. Gemeinsam mit Helge Mooshammer gründete er mit dem Centre for Global Architecture, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenstereine interdisziplinäre Forschungsplattform. Er forscht zu neuen Datenöffentlichkeiten, globalem Ressourcenverbrauch und urbaner Spekulation. Für die beiden künstlerisch-wissenschaftlichen Forschungsprojekte „Datenzeichen in der Öffentlichkeit“ (2016–2021) und „Plattform Stadt“ (2022–2026) hat der Projektleiter rund 743.000 Euro an Forschungsmitteln vom Wissenschaftsfonds FWF eingeworben.

Publikationen


Siehe auch: Artikel auf scilog, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster – das Magazin des Wissenschaftsfonds FWF

Wissenschaftlicher Kontakt

Univ.-Prof. Dr. Peter Mörtenböck
Visuelle Kultur
TU Wien
Karlsplatz 13
1040 Wien
T +43 1 58801 26430/26403
moertenboeck@tuwien.ac.at
www.visualculture.tuwien.ac.at, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

 

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