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Wenn sich mathematisches Verständnis und wirtschaftliches Wissen vereinen.

Ein Blick hinter die Kulissen der Finanz- und Versicherungsmathematik

Porträts: Stefan Gerhold, Julia Eisenberg und Friedrich Hubalek vom Forschungsbereich Finanz- und Versicherungsmathematik (FAM)

© Matthias Heisler (Gerhold), Paul Eisenberg (Eisenberg), TU Wien (Hubalek)

Stefan Gerhold, Julia Eisenberg und Friedrich Hubalek vom Forschungsbereich Finanz- und Versicherungsmathematik (FAM)

An der TU Wien gibt es an der Fakultät für Mathematik und Geoinformation das Institut für Stochastik und Wirtschaftsmathematik. Dort gibt es einen eigenen Forschungsbereich, der sich mit den Themen Finanz- und Versicherungsmathematik, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster beschäftigt. Julia Eisenberg, Stefan Gerhold und Friedrich Hubalek geben im Gespräch einen Einblick in diesen Forschungsbereich.  

Der Forschungsbereich heißt Finanz- und Versicherungsmathematik. Gibt es einen Unterschied zwischen diesen beiden Fachrichtungen?

Stefan Gerhold: Ich sag mal so, die Grundlagen für beide Disziplinen sind gleich, erst in höheren Studiensemestern erfolgt dann die Spezialisierung auf die einzelnen Fachgebiete. Aber die Methoden aus dem einen Fachgebiet finden durchaus auch oft Anwendung im anderen Fachgebiet. Was aber meiner Meinung nach das Studium vor allem auszeichnet, ist die einzigartige Verbindung zwischen Wissenschaft und wirtschaftlichen Anwendungen. Viele Studierende verfassen ihre Diplomarbeiten in Zusammenarbeit mit Unternehmen, sie arbeiten also konkrete Anwendungen aus. Dadurch fassen Absolvent_innen im Anschluss an ihr Studium recht schnell in der Branche Fuß, sei es bei Banken, Versicherungen oder in Beratungsunternehmen.

Gibt es konkrete Beispiele an denen FAM forscht?

Julia Eisenberg: Beispiele gibt es sehr viele. In der Versicherungsmathematik geht es beispielsweise um die Modellierung der Langlebigkeit. Die Menschen werden heutzutage älter denn je, es gibt also viele Pensionist_innen denen meist geburtenschwache Jahrgänge gegenüberstehen. Und da geht es dann um das Errechnen optimaler Versicherungstarife für die Altersvorsorge, um unter anderem Altersarmut vorzubeugen.
Andere Beispiele wären die Ausarbeitung von fairen Modellen zur Versicherung von Schäden, die durch vom Klimawandel hervorgerufene Naturereignisse verursacht werden oder auch Tarife für Krankenversicherungen, denn durch die stark ansteigenden Temperaturen im Sommer könnten mehr Krankheitsfälle verzeichnet werden. 

Stefan Gerhold: Mir fällt ein Beispiel aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) ein. Diese kommt ja in allen Forschungsrichtungen immer öfter zum Einsatz, so auch in der Mathematik. Bei klassischen mathematischen Modellen wird mit wenigen Parametern gerechnet, während machine-learning-basierte Modelle komplexer sind. Dabei geht es dann vor allem um die Fragestellung, wie die KI auf Szenarien reagiert, auf die sie nicht trainiert wurde, sprich welche Aussagen sie in der Modellberechnung trifft.

Wie kann man sich Ihren Arbeitsalltag vorstellen?

Stefan Gerhold: Eine bunte Mischung würde ich sagen, also Schreibtischarbeit, Vorlesungen und Arbeit mit Studierenden, Recherche und Netzwerken mit der Community. 

Julia Eisenberg: Wir machen und besuchen auch regelmäßig Veranstaltungen und Workshops. Wir bieten in Zusammenarbeit mit der AVÖ (Aktuarvereinigung Österreichs) beispielsweise den Actuarial Modelling Club an, wo in regelmäßigen Abständen Expert_innen aus der Praxis Vorträge halten. Auf diese Weise ist es auch für unsere Studierenden relativ einfach schon früh in Kontakt mit der Praxis zu kommen. 

Stefan Gerhold: Im vorletzten und letzten Sommersemester waren Kollegin Eisenberg und ich auch zu Gast beim TUForMath und haben die Themen „Brauchen Versicherungen mehr Mathematik als die Grundrechenarten?“ und „Die Mathematik der Finanzmärkte“ diskutiert.

Warum sollen künftige Studierende den Fachbereich FAM wählen? Was ist das Besondere an diesem Fach?

Friedrich Hubalek: Weil das Studium Spaß macht (lacht und zeigt auf die Grafiken und Formeln auf der Tafel hinter sich) und man danach tolle Jobaussichten hat. Wir sind kein Massenstudium, Studierende haben bei uns persönliche Betreuung, wir können auf Bedürfnisse sehr individuell eingehen, sei es der Wunsch nach einem Gesprächstermin, Fragen zu Prüfungen oder andere Anliegen. Und nach dem Studium haben sie wie bereits erwähnt tolle Jobaussichten und die meisten der Jobs sind dazu auch noch sehr gut bezahlt. Als Service bieten wir unseren Studierenden direkt auf der FAM-Webseite eine Übersicht mit freien Stellen.

Julia Eisenberg: Ich finde es spannend, dass unsere Fachrichtung Design und Handwerk zusammenführt, also mathematisches Verständnis und wirtschaftliches Wissen werden kombiniert. Unsere Absolvent_innen sind am Arbeitsmarkt sehr begehrt, sie können in vielen Bereichen tätig werden, ob in der Forschung oder in der Privatwirtschaft wie bei den zuvor bereits erwähnten Institutionen wie Banken und Versicherungen oder in der Beratung.

Friedrich Hubalek: Die komplette (und nicht nur einzelne Kurse) Aktuarausbildung, also Ausbildung zu zertifizierten Versicherungsmathematiker_innen, wird in Österreich nur an der TU Wien angeboten, dazu auch noch kostenlos (Anmerkung: abgesehen von den allgemeinen Studiengebühren) und es wird die gesamte Bandbreite der Versicherungsmathematik unterrichtet, was ebenfalls einzigartig ist. Außerdem sind wir recht stolz, dass ein Drittel unserer Studierenden Studentinnen sind.

Stefan Gerhold: Wenn die Studierenden am Anfang ihres Studiums zu uns kommen, wissen viele zuerst gar nicht, worauf sie sich da eingelassen haben, aber im Laufe des Studiums lernen die meisten von ihnen die Wissenschaft genauso zu schätzen wie wir. So ist den wenigsten Studierenden beispielsweise bewusst, dass sie bei uns im Rahmen des Studiums die Qualifikation zu Aktuaren erwerben können.

Julia Eisenberg: Sollten Studierende den Wunsch haben, ein Auslandssemester machen zu wollen, ist es in unserem Fachgebiet relativ einfach einen Platz dafür zu bekommen, wir sind national und international gut vernetzt.  

Neugierig geworden? Infos zum Forschungsbereich Finanz- und Versicherungsmathematik, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

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Julia Eisenberg
+43 1 58801 105177
julia.eisenberg@tuwien.ac.at

Stefan Gerhold
+43 1 58801 10516
stefan.gerhold@tuwien.ac.at

Friedrich Hubalek
+43 1 58801 10513
friedrich.hubalek@tuwien.ac.at