News

Verbrennen? Reparieren? Deponieren?

Europa soll umweltfreundlicher mit seinem Abfall umgehen – dafür gibt es bereits Strategien. Doch allzu einfache Regeln lösen keine Probleme, weiß Andreas Bartl von der TU Wien.

Was tun mit dem Müll? [1]

1 von 2 Bildern oder Videos

Was tun mit dem Müll? [1]

Was tun mit dem Müll? [1]

Andreas Bartl nimmt den Luigi Mendia Award entgegen.

1 von 2 Bildern oder Videos

Andreas Bartl nimmt den Luigi Mendia Award entgegen.

Andreas Bartl nimmt den Luigi Mendia Award entgegen.

Kein Zweifel: Recycling ist eine gute Sache und Müllvermeidung ist noch besser. Aber wie sieht es etwa mit Müllverbrennung aus? Was passiert, wenn wir Müll exportieren? Andreas Bartl vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften der TU Wien untersucht die Auswirkungen europäischer Richtlinien im Umgang mit Abfall. Einfache Regeln, deren Befolgung alle Müllprobleme rasch löst, scheint es nicht zu geben. Das Thema bleibt kompliziert.

Fünfstufige Hierarchie der EU
Die EU hat in den vergangenen Jahren wichtige Schritte in der Abfallpolitik gesetzt: Das Ziel ist nicht, lästiges Material zu entsorgen, sondern Ressourcen zu schonen, Wiederverwertung zu fördern und Stoffkreisläufe zu schließen.

Eine klare fünfstufige Hierarchie soll daher unseren Umgang mit Müll regeln: An oberster Stelle steht die Müllvermeidung. Der Müll, der gar nicht erst anfällt, ist am allerbesten. Die zweite Stufe heißt Wiederverwendung. Wenn man etwa kaputte Geräte repariert und weiterlaufen lässt anstatt sie zu entsorgen, werden Ressourcen und Energie gespart. Erst wenn das nicht möglich ist, soll recycelt werden – das ist die dritte Stufe der Hierarchie. Im Gegensatz zur Wiederverwendung wird dabei das Produkt in seine Inhaltsstoffe aufgetrennt, die dann zu neuen Produkten werden. Erst auf Stufe vier steht dann die Verbrennung, und Stufe fünf – wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind – ist die Deponierung.

„Diese Hierarchie ist grundsätzlich sinnvoll, aber es gibt Fälle, in denen man sie hinterfragen muss“, meint Andreas Bartl. Bei gemischten Kunststoffen etwa, die aus vielen verschiedenen Polymeren bestehen, vielleicht auch noch Farb- und Füllstoffe enthalten, kann Recycling so aufwändig und teuer werden, dass die thermische Verwertung die bessere Option ist. Recycling ist immer mit Verlusten und Energieaufwand verbunden. „Wenn wir diese Stoffe verbrennen und dafür weniger fossile Brennstoffe verheizen, kann das für die Gesamt-Ökobilanz besser sein“, sagt Bartl.

Aus den Augen, aus dem Sinn

Oft sind wir in Europa stolz darauf, einen sehr hohen Anteil von Abfallstoffen zu sammeln und zu verwerten. Dabei wird allerdings gerne übersehen, dass große Mengen an Müll in andere Länder verschifft wird – in erster Linie nach Asien. „Die Behandlung des Mülls dort entspricht aber nicht den europäischen Standards“, sagt Andreas Bartl. Ökologisch betrachtet wäre es also günstiger, Europa würde sich nach den eigenen Richtlinien um den eigenen Müll kümmern.

Allerdings ist Müllexport schwer zu reglementieren: Wann gilt ein Auto als Gebrauchtwagen, und wann als Schrott? Die Grenze zwischen Abfall und Gebrauchsgut ist schwer zu ziehen, einen Graubereich im Müllexport wird es daher wohl immer geben.

Service instead of product
Um Müll wirklich nachhaltig zu vermeiden, brauchen wir Änderungen in unserer wirtschaftlichen Kultur, meint Bartl. Er propagiert die Zukunftsvision heißt „Service instead of product“. „Wenn Sie einen Drucker kaufen, hat der Toner-Hersteller Interesse daran, dass Sie möglichst viele Toner-Kassetten kaufen, also dass möglichst viel Müll anfällt“, erklärt Bartl. „Wenn Sie allerdings einen Drucker leasen und die Wartungsfirma für seine Funktionstüchtigkeit bezahlen, hat die Firma Interesse, möglichst wenig Müll anfallen zu lassen.“

Wir brauchen Licht, keine Glühbirne, wir brauchen Mobilität, keine Autos. Vielleicht führt der Übergang von einer produktorientierten zu einer serviceorientierten Wirtschaft langfristig dazu, dass ökonomische und ökologische Zielsetzungen besser zueinander passen.

Großes Thema an der TU Wien

Andreas Bartl ist nicht der einzige Wissenschaftler an der TU Wien, der sich mit dem Thema Abfall beschäftigt. Am Christian-Doppler-Labor für Anthropogene Ressourcen Von Prof. Johann Fellner wird erforscht, wie man Rohstoffe nutzen kann, die bereits in Konsumgütern oder Infrastruktur eingebaut sind. Abgerissene Gebäude oder weggeworfene Gebrauchsgegenstände könnten zu wichtigen Rohstofflieferanten werden. Dieser Bereich gehört zum Bereich „Energie und Umwelt“, den die TU Wien zu einem ihrer fünf Forschungsschwerpunkte gemacht hat.

Bei der großen Abfallwirtschaftskonferenz „Sardinia Symposium“ erhielt Andreas Bartl <link http: www.sardiniasymposium.it best-paper-awards.aspx link_extern>den Preis für das beste Paper (Luigi Mendia Award).

Nähere Information:
Dr. Andreas Bartl
Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften
Technische Universität Wien
Getreidemarkt 9, 1060 Wien
T: +43-1-58801-166102
<link>andreas.bartl@tuwien.ac.at

 

[1] Foto: flickr, Martin Abegglen/twicepix, Attribution Share Alike 2.0