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Univ.-Prof. Wilhelm Barth (1931–2021): Ein Nachruf

Die TU Wien, die Fakultät für Informatik und das Institut für Visual Computing and Human-Centered Technology trauern um Em.O.Univ.Prof. Dr.rer.nat. Wilhelm Barth.

Wilhelm Barth Porträt, schwarz/weiß

© privat

Wilhelm Barth um 1990

Porträt von Wilhelm Barth

Am 31. Oktober 2021 verstarb Wilhelm Barth im 91. Lebensjahr nach kurzer, schwerer Krankheit. Wilhelm Barth wurde am 21. Juli 1931 in Worms am Rhein als Sohn des späteren Oberbürgermeisters von Mainz geboren und wuchs in den Wirren des 2. Weltkrieges auf. Nach dem Studium der Mathematik an der TH Darmstadt, das er 1957 abschloss, heiratete er seine Gisela, mit der er in der Folge drei Kinder – Thomas, Claudia und Stephan – hatte.

Beruflicher Werdegang

Beruflich begann er an der TH Darmstadt als wissenschaftlicher Assistent von Prof. Alwin Walther, bei dem er 1963 über das Graeffe-Verfahren, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster  dissertierte. Ein auffallender Aspekt dieser Dissertation ist ein „Rechenplan“ des Verfahrens, geschrieben in Algol-60, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster. Heute würde man Programmcode dazu sagen. Als wesentliche Aufgabe in den 1960er Jahren hat Wilhelm Barth die Einrichtung und Leitung des Hochschulrechenzentrums in Darmstadt, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster übernommen. 1968 habilitierte er für das Fach Mathematik und wurde im Jahr darauf zum “Wissenschaftlichen Rat und Professor” ernannt. Nach einem Gastjahr an der damaligen Technischen Hochschule Wien 1969/70 in Vertretung für Prof. Hans Jörg Stetter hat er 1973 einen Ruf als ordentlicher Universitätsprofessor an der TH Wien angenommen.

In den 1970er Jahren hat Prof. Barth gemeinsam mit seinen Professorenkollegen Hans Jörg Stetter, Manfred Brockhaus und Helmut Kerner das Informatikstudium aufgebaut, war später jahrelang Vorsitzender der Studienkommission Informatik, und hat mit seinen Assistent_innen nicht nur einen wichtigen Teil dieses Studiums bestritten, sondern fühlte sich auch immer zuständig für die Programmierausbildung anderer TU-Studienrichtungen. In seinen letzten Berufsjahren – nachdem die Informatik einigermaßen stabil etabliert war – konnte er sich wieder auf seine Wurzeln als Wissenschaftler konzentrieren und hat noch zahlreiche schöne Publikationen in seinen drei Hauptinteressensgebieten geschrieben: Darstellung von Flächenverschneidungen, deutsche Silbentrennung und Computerschach.
Im Jahr 1999 emeritierte Wilhelm Barth nach 26 Jahren an der TU Wien, zog sich aber nur langsam von den Universitätsaufgaben zurück. Dennoch blieb ihm viel mehr Zeit für seine Familie, seine Kinder und Enkelkinder.

Der Mensch Wilhelm Barth

Prof. Wilhelm Barth war allgemein angesehen als ein stets hart arbeitender, aber nach außen hin bescheidener Mensch. Auszeichnungen und Ehrungsveranstaltungen hatten für ihn geringe Bedeutung und waren ihm eher unangenehm. Unter seinen vielen positiven Eigenschaften, wie Genauigkeit und Zielstrebigkeit, Verlässlichkeit und Vertrauen in andere sowie vor allem kompromisslose Ehrlichkeit, soll noch besonders auf eine hingewiesen werden, die ihn recht gut charakterisiert hat: „In der Kürze liegt die Würze“ bedeutete für ihn das Bestreben, Dinge präzise aber kompakt auszudrücken. Diese so essenzielle Eigenschaft haben viele seiner Schüler_innen von ihm gelernt und sie bildet einen wichtigen Teil dessen, was er wirklich bewirkt hat: Er war sehr vielen Menschen in vielerlei Hinsicht ein Vorbild. Sehr kurz zusammengefasst, hat er mehrere Generationen von Studierenden und Assistent_innen auf den Weg zu einer soliden, geradlinigen und praktischen Vorgehensweise in vielen Lebenslagen geführt; zum Abwerfen unnötigen Ballastes und zur Vermeidung von unproduktiven Irrwegen. Seine Arbeits-, Lebens- und Lehrweise wird auf diese Weise nicht nur bewahrt, sondern sie lebt vervielfacht fort.
Darüber hinaus bin ich Wilhelm persönlich sehr dankbar für die großzügige und uneigennützige Unterstützung meiner eigenen Karriere – sei es durch tolerantes Übersehen meiner Fehler, durch Akzeptanz meiner unterschiedlichen Art der Gruppenleitung, durch Überlassung ihm zugewiesenen Personals oder durch seine Hilfe attraktive Lehrveranstaltungen übernehmen zu können. Oft war er wie ein zweiter Vater zu mir und seine Hilfe hat wesentlich zu meiner akademischen Karriere beigetragen.

Sein Ableben erfüllt mich mit tiefer Trauer, aber auch mit viel Dankbarkeit! Meine Gedanken sind jetzt auch bei seiner Familie und vor allem bei seiner Frau Gisela, der ich mein herzliches Beileid ausspreche.

Werner Purgathofer