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Technik(r)evolutionen in der Elektronenmikroskopie

Die Elektronenmikroskopie feiert ihr 75jähriges Bestehen an der TU Wien – Grund genug, sich die technischen Entwicklungen in diesem Bereich im Laufe der Zeit genauer anzusehen.

Mehrere Bildschirme und eine große Maschiene

"Schon die Griechen waren vom Traum des Blicks in die Atome beseelt, hatten aber die technischen Möglichkeiten noch nicht", erklärt Prof. Johannes Bernardi, Leiter des USTEM (Universitäre Service-Einrichtung für Transmissionselektronenmikroskopie) den Wunsch, Einblick in die Natur zu erhalten. "Ein erster Schritt in der Annäherung war mit dem klassischen Lichtmikroskop geschaffen, das vor gut 100 Jahren schon eine etwa 1000-fache Vergrößerung ermöglichte. Damit konnten beispielsweise bereits Bakterien sichtbar gemacht werden, ein Ding der Unmöglichkeit zuvor." Aber mit der 1000-fachen Vergrößerung war die Lichtmikroskopie an ihre Grenzen gelangt, da das Licht schlicht nur in einer bestimmten Wellenlänge verfügbar ist. Mit der Erfindung des Elektronenmikroskops vor über 80 Jahren, das im Vergleich die kürzere Wellenlänge von Elektronen verwendet, konnte eine neue Welt erschlossen werden, die die Wissenschaft nachhaltig verändern sollte. Zu Beginn der Elektronenmikroskopie ging es besonders um die Abbildung von Teilchen, beispielsweise konnten erstmals Viren sichtbar gemacht werden. Inzwischen beschäftigt die Expert_innen aber vor allem die chemische Zusammensetzung oder die Strukturanalyse einzelner Atome.

Einstieg in die Welt der Elektronenmikroskopie
Elektronenmikroskopie hat bereits vor 75 Jahren, als gerade die ersten entsprechenden technischen Geräte am Markt erhältlich waren, Einzug an der TU Wien gehalten. An der Technischen Hochschule, wie sie damals noch hieß, wurde bereits in den 1940er Jahren eines der ersten Elektronenmikroskope installiert. Das Siemens & Halske Übermikroskop erlaubte somit den Einstieg in Forschungen, die die Abbildung kleinster Strukturen ermöglichte. Dieses Pioniergerät war bis 1965 an der TU Wien in Betrieb.

Das Modell, das dem Übermikroskop nachfolgen sollte, stellte ein Gemeinschaftsprojekt innerhalb der TU Wien dar. Das Siemens ELMISKOP 1A wurde 1965 von den damaligen Instituten für Angewandte Physik, Technische Mikroskopie und Rohstofflehre und Biochemische Technologie und Mikrobiologie angeschafft. Fast zeitgleich wurde der TU Wien ein zweites Gerät selber Bauart von Siemens in München geschenkt. Dieses Gerät fand seine Heimstatt in der Physik. Die neuartige Technik des Siemens ELMISKOP 1A erlaubte eine Bandbreite an neuen Forschungsmöglichkeiten: von der klassischen Mikroskopie über Kristallographie bis hin zu speziellen Fragestellungen wie dem Piezoelektrischen Effekt oder der magnetischen Domänenmessung. Zusätzlich verfügte das Gerät über eigens angefertigte Zusatzapparaturen, die das Forschungsspektrum beispielsweise für Röntgenanalytik erweiterten. Die Geräte hatten allerdings auch einen entscheidenden Nachteil: Das für die Messungen notwendige Vakuumsystem funktionierte nicht einwandfrei.

Umzug und Umstieg
Mit dem Umzug der Elektronenmikroskopie-Laborräume vom TU-Hauptgebäude ins neu gebaute Freihaus, wurde auch das Original-ELMISKOP in den Ruhestand geschickt. Sein etwas jüngerer Zwilling, der über ein serielles Elektronenverlustspektrometer (SEELS) verfügte, wurde noch fast zehn Jahre weiter betrieben, da es mit der Elektronen-Energieverlustspektrometrie einen komplett neuen Forschungszweig an der TU Wien begründete. In den 1960er und 1970er Jahren stieg die Nachfrage nach mikroskopischen Untersuchungen derart stark an, dass bald die Anschaffung neuer Geräte notwendig wurde. Wegen der bekannten Probleme mit dem Siemens-Mikroskop stieg man auf ein Modell des japanischen Herstellers Jeol um, das damals dem Stand der Technik entsprach. Bereits die ersten Geräte des Herstellers verfügten über zusätzliche Analysemodule, wie beispielsweise einer energiedispersiven Röntgenanalytik. Mit jeder Gerätegeneration konnten zusätzliche Analysemethode erschlossen werden – sei es dadurch, dass die Auflösungsgrenzen des Mikroskops weiter nach oben verschoben wurden, oder sei es durch den deutlich erweiterten Lieferumfang. Für das bis heute längst dienende Gerät – dem Jeol 200CX, das von 1981 bis 2007 in Betrieb war – wurde nach dem aktiven Dienst eine neue Aufgabe gefunden: Nach dem Abbau wurde es aufgeschnitten und dient seither Studierenden als Lernobjekt zum Aufbau der elektronenoptischen Elemente eines Transmissionselektronenmikroskops.

USTEM
Die Jahrtausendwende brachte für die TU Wien die Gründung der Universitären Service-Einrichtung für Transmissionselektronenmikroskopie, kurz USTEM. Sie bietet Expertise und Infrastruktur für Forschungseinrichtungen, Unternehmen und private Kunden an, um Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, Qualitätskontrollen oder Schadensanalysen durchzuführen. Das neue Jahrtausend brachte auch Geräte eines anderen Herstellers an die TU Wien: die TECNAI Elektronenmikroskope von FEI (ehemals Philips). Das TECNAI G20 und das F20 ermöglichen Forschung auf Nano- und Subnanolevel, die sich in den aktuellen Forschungsthemen des USTEM widerspiegeln. "Unsere derzeitigen Forschungsthemen beschäftigen sich mit der chemischen Charakterisierung, der Charakterisierung der elektronischen Struktur, der optischen Eigenschaften oder der magnetischen Eigenschaften von Proben. Und wir führen auch Strukturuntersuchungen durch", fasst Dr. Michael Stöger-Pollach das Leistungsspektrum von USTEM zusammen. Neben Forschung und Service wird auch die nächste Generation an Expert_innen geformt. "In unseren Lehrveranstaltungen haben wir schon über 1.000 Studierende mit den Methoden und der Technik der Elektronenmikroskopie vertraut gemacht", zeigt sich Prof. Bernardi sichtlich stolz.

Weiterführende Informationen: http://www.ustem.tuwien.ac.at, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster