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Straßenbelag aus Formeln und Asphalt

Der neue Dekan für Bauingenieurwesen: Prof. Ronald Blab im Portrait

Prof. Ronald Blab

Prof. Ronald Blab

Prof. Ronald Blab

Wenn tonnenschwere Lastwägen über unsere Straßen rollen, dann kommt es mit der Zeit zu Abnützungserscheinungen. Um die Haltbarkeit von Straßen zu verlängern und Baumaterialien zu verbessern, muss man ganz genau hinsehen und Schritt für Schritt bis auf die mikroskopische Skala vordringen. Das macht Prof. Ronald Blab seit vielen Jahren. Mit Belastung und Druck kennt er sich also aus – und vielleicht kommt ihm das auch in seiner neuen Aufgabe zugute: Seit 1. Oktober ist er Dekan der Fakultät für Bauingenieurwesen.

Wien-Berkeley und zurück

Studiert hat Ronald Blab an der Universität für Bodenkultur in Wien. Danach wechselte er an die TU Wien zu seinem Doktorvater Prof. Johann Litzka, bei dem er 1995 promovierte. Eine Zeit lang verschlug es ihn dann in die Privatwirtschaft, doch die Freude am Forschen und der Wunsch, die Dinge bis zu den fundamentalen Grundlagen durchzudenken, ließen ihn bald wieder in die Welt der Wissenschaft zurückkehren.

1998 ermöglichte ihm ein Max-Kade-Stipendium, in die USA an die UC Berkeley zu gehen. Dort erlebte er ein international aufgeschlossenes, interdisziplinäres Forschungsklima, das ihn stark prägte. Man hätte ihn in Berkeley gerne länger behalten – doch den bereits unterschriebenen Arbeitsvertrag löste Ronald Blab schließlich aus familiären Gründen auf. Gemeinsam mit seiner Frau entschloss er sich, die Kinder doch lieber nahe der Heimat aufzuziehen, die Familie Blab kehrte nach Wien zurück.

Bereits 2001 folgte die Habilitation an der TU Wien, 2002 wurde unter seiner Leitung das „Christian Doppler Labor  für gebrauchsverhaltensorientierte Optimierung flexibler Straßenbefestigungen“ eröffnet, das gleich von fünf verschiedenen Industriepartnern gefördert wurde und bis 2010 mit großem Erfolg lief. Trotz eines Rufes nach Deutschland blieb er der TU Wien treu und wurde hier 2005 im Alter von 40 Jahren als Professor für Straßen- und Flugbetriebsflächenbau berufen.

Asphalt und Apfelstrudel
Bei einer Bestellung im Kaffeehaus diktiert man kein detailliertes Rezept – man bestellt Apfelstrudel und hat gewisse Mindestbedingungen im Kopf, die dieses Produkt normalerweise erfüllen sollte. So ähnlich ist das heute im Straßenbau, doch das war nicht immer so. „In öffentlichen Ausschreibungen wurde früher die Rezeptur für den gewünschten Asphalt oder andere Baumaterialien genau vorgeschrieben“, sagt Ronald Blab. „Dadurch gab es für die Baufirmen sehr wenig Anreiz, ihre Produkte zu verbessern.“ In langjähriger Arbeit, unter anderem im Christian-Doppler-Labor, gelang es Blab und seinem Team, objektive Prüfmethoden zu entwickeln, mit denen man die Eigenschaften und die Haltbarkeit von Baumaterialien messen und vorhersagen kann. So kann man nun in einer Ausschreibung klar definierte Materialeigenschaften fordern, und Firmen können durch unterschiedliche neue Asphaltrezepturen versuchen, die Anforderungen möglichst gut zu erfüllen.

Bloß Erfahrungswerte zu sammeln und zu katalogisieren genügt dabei freilich nicht. Man braucht ein umfassendes physikalisches Verständnis der Vorgänge im Material. Asphalt besteht aus dem klebrigen, schwarzen Bitumen und körnigem Gestein. Das Gestein wiederum besteht aus verschiedenen Mineralien – und so weiter, bis zur mikroskopischen Ebene. Um die Materialeigenschaften verstehen und verbessern zu können, muss man das Material auf unterschiedlichen Größenskalen gleichzeitig betrachten. Nur wenn diese Ebenen mathematisch sauber miteinander verknüpft, kann man entscheidende Vorhersagen machen – etwa über die Belastbarkeit und Haltbarkeit des Endproduktes.

Mit einigen relativ einfachen und billigen Messungen kann man dann Daten erheben, aus denen man dann mit Hilfe von Computermodellen ableiten kann, ob das Material geeignet ist oder nicht. Und diese Frage ist von außerordentlich großer Bedeutung: Über 120.000 Kilometer misst das Straßennetz Österreichs insgesamt. Nicht nur der Bau kostet Geld, auch die Erhaltung ist teuer. Wenn man hier kleine Verbesserungen erreicht, lassen sich dadurch insgesamt rasch Millionensummen einsparen.

Ein Fuß im Dekanat, ein Fuß in der Forschung
Durch das neue Amt als Dekan bleibt Ronald Blab demnächst wohl weniger Zeit für die Forschung als bisher. „Zum Glück sind meine Arbeitsgruppen personell sehr gut aufgestellt“, sagt Blab. „Dort habe ich Leute, die erstklassige Wissenschaft machen werden, auch wenn ich nicht ständig da bin.“ Doch an einigen Forschungsfragen, die ihm besonders am Herzen liegen, möchte er auf jeden Fall persönlich weiterarbeiten. Gleich drei Forschungsteams leitete Blab bisher. Das größte davon ist die Laborgruppe, die auf den Aspanggründen Messungen durchführt. Ein zweites Team entwickelt mathematische Modelle und numerische Simulationen, ein drittes beschäftigt sich mit der Erhaltung und Planung von Straßen, einschließlich verschiedener Umweltaspekte.

Als Dekan möchte er den Kurs seines Vorgängers Prof. Josef Eberhardsteiner fortführen. „Unsere Fakultät macht anwendungsnahe Forschung – doch mir ist wichtig, dass sie sich trotzdem ganz eng an den Grundlagen orientiert und immer wieder neue Grundlagen erarbeitet“, sagt Blab. „Nur wenn man die Dinge bis zu den fundamentalen Grundlagen durchüberlegt hat, kann man frei und selbstständig denken und neue Ideen entwickeln.“

Blab ist überzeugt davon, dass diese Nähe zu den Grundlagen eine technische Universität auch im Vergleich zu anderen höheren Bildungseinrichtungen auszeichnet. „Es ist nicht schwer, jemanden so auszubilden, dass er in der Industrie fertige Lösungen anwenden kann. Doch selbstständig denkende Ingenieurinnen und Ingenieure bekommen wir nur durch forschungsgeleitete Lehre, in der wir von den Grundlagen bis zu sehr angewandten Fächern fundiertes Wissen vermitteln.“