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Schimmelpilze detektieren mit künstlicher DNA

Künstliche DNA-Stränge lassen sich so maßschneidern, dass sie an ganz bestimmten Zielmolekülen andocken. So entwickeln acib und TU Wien Schnelltests für gefährliche Schimmelpilze.

zwei Personen im Labor

Valerie Ellena und Matthias Steiger

Unzureichendes Raumlüften, eine staubig-feuchte Umgebung oder verdorbenes Essen – schon machen sich Schimmelpilze breit. Besonders bei immungeschwächten Menschen besteht beim Einatmen von Aspergillus-Sporen das Risiko einer Aspergillose, einer Pilzinfektion der Lunge bzw. der oberen Atemwege, die durch Schlauchpilze der Gattung Aspergillus verursacht wird.

Die Diagnose von Aspergillose ist heute mit großem Aufwand verbunden. Dabei wäre es wichtig, die Krankheit schon frühzeitig zu erkennen. Eine Forschungsgruppe des Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) und der Technischen Universität Wien entwickelte nun ein neues Diagnostiktool auf Basis von DNA-Molekülen. Ziel ist es, Detektionskits herzustellen, die ähnlich wie SARS-CoV-2- Antigentests funktionieren. Neben therapeutischen Anwendungen wäre ebenso der Einsatz im Lebensmittelbereich gedacht, etwa um Lebensmittel auf von Schimmelpilzen produzierte Giftstoffe zu überprüfen.

Bisherige Diagnostiktests langwierig und teuer

„Zwar gibt es verschiedene Diagnostiken von Aspergillosen, darunter Lungen-Röntgen- und -CT-Scans, Gewebeprobenentnahme, Bluttests bis hin zur Probenentnahme und Anzüchtung von Pilzkulturen im Labor, jedoch sind diese Tests teuer und zeitintensiv.“, erklärt Matthias Steiger, Forscher am Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) und Associate Professor für Biochemie am Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften an der Technischen Universität Wien.

„Pneumologische Erkrankungen werden von unterschiedlichen Aspergillus Spezies verursacht. Um einen geeigneten Therapieansatz wählen zu können, ist es entscheidend, herauszufinden, welche der 40 gesundheitsschädlichen Stämme der insgesamt 450 Aspergillusarten eine Infektion ausgelöst haben“, erklärt die acib-Forscherin Valeria Ellena.

DNA-Aptamere als neue Plattformtechnologie

Gemeinsam mit Matthias Steiger forscht Ellena seit eineinhalb Jahren an einem neuen Diagnostiktool für Aspergillosen. „Unsere Plattformtechnologie fußt auf sogenannten DNA-Aptameren. Aptamere sind kurze, einzelsträngige und künstlich hergestellte DNA-Moleküle. Ihre Besonderheit ist, dass sie mittels ihrer 3D-Struktur an ein spezifisches Molekül binden können, zum Beispiel an Proteine wie z.B. bakterielle Gifte oder niedermolekulare Stoffe – darunter Aminosäuren, Antibiotika und Viruspartikel, oder wie in unserem Fall invasive Pilzstämme“, sagt Valeria Ellena.

Diese DNA-Aptamere sind chemisch stabil und rufen kaum eine Reaktion des Immunsystems hervor. Schon bisher wurden Aptamere eingesetzt, nicht nur in der Medizin, sondern etwa auch in der Umweltanalytik. Sie allerdings auch für die Detektion von Pilzinfektionen einzusetzen, ist ein neuer Ansatz.

Testsystem eignet sich für unterschiedliche Zielmoleküle

Damit die Aptamere spezifisch an Pilzmoleküle binden, erstellten die ForscherInnen in einem ersten Schritt große Zufallsbibliotheken von kurzen DNA-Strängen unterschiedlicher Basenabfolge. Aus diesen Sequenzen werden mithilfe moderner Sequenziermethoden jene mit der höchsten Affinität für das Zielmolekül herausgefiltert. Am Ende bleiben jene DNA-Stränge übrig, die exakt zum Zielmolekül passen, ähnlich wie ein Schlüssel zum Schloss. Erst diese genau passenden DNA-Stränge bezeichnet man dann als „Aptamere“.

„Wir konzentrierten uns in erster Linie auf die Detektion von Sporen des Schwarzschimmelstamms Aspergillus niger und konnten bereits spezifische Bindungsreaktionen beobachten“, sagt Valerie Ellena. Die Plattformtechnologie lässt sich allerdings auf weitere Aspergillusarten übertragen.

Neuer Aptamer-Schnelltest als Ziel

Die isolierten Aptamere sollen als Basis für die Entwicklung eines einfachen Schnelltests dienen, der ähnlich funktioniert wie beispielsweise ein SARS-CoV-2-Antigentest. „Mit dem Unterschied, dass anstatt Antikörper unsere Aptamere verwendet werden. Letztere haben den Vorteil, aus synthetisierter DNA zu bestehen. Diese ist stets schnell in großen Mengen lieferbar, ist wesentlich günstiger als Antikörper und detektiert die Zielmoleküle schneller“, sagt Matthias Steiger. Solche Aptamere-Test-Kits würden nur ein paar Euro kosten, im Gegensatz zum Preis von rund 30 Euro, der für PCR-Tests bezahlt werden muss. Durch Aptamer-Tests lässt sich auch ohne teures Laborequipment und ohne geschultes Fachpersonal in kurzer Zeit ein Testergebnis erzielen.

„Aktuell sind wir auf der Suche nach Herstellern, die auf Basis unserer charakterisierten DNA-Sequenzen einen Prototypen gemeinsam mit unseren Kooperationspartnern an der Karl Landsteiner Universität bauen würden, um weitere Tests durchführen zu können“, sagt Matthias Steiger.

Das Anwendungsgebiet der Technologie ist breit. „Prinzipiell kann man so gut wie jeden Organismus isolieren und analysieren“, sagt Valerie Ellena. Das macht die Technologie einerseits als Instrument für die Forschung interessant, andererseits könnten Detektionskits auch im Lebensmittelbereich eingesetzt werden, um Lebensmittel auf Schimmelpilzgifte zu überprüfen. Denkbar wäre auch, die Schimmelpilzsporen direkt in der Luft zu detektieren, um beispielsweise in Spitälern Infektionen frühzeitig vorbeugen zu können.

 

Rückfragehinweis

Prof. Matthias Steiger
Acib / Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften
Technische Universität Wien
+43 1 58801 166552
matthias.steiger@tuwien.ac.at

Text: acib/Florian Aigner