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Regionalbahnen statt Hochgeschwindigkeitszüge

In vielen Ländern wird die Errichtung von Hochgeschwindigkeits-Zugstrecken diskutiert. Eine Studie der TU Wien zeigt aber, dass Ausbau von Regionallinien oft mehr Nutzen bringt.

Der Ausbau von Langstreckenverbindungen ist nicht unbedingt die beste Methode, die Reisedauer zu minimieren. Berechnungen von Tadej Brezina und Prof. Hermann Knoflacher vom Institut für Verkehrswissenschaften der TU Wien zeigen, dass es für die überwiegende Mehrheit aller Wegstrecken sinnvoller wäre, die Geschwindigkeit der Zubringerlinien zu erhöhen und die Fahrpläne so abzustimmen, dass die Wartezeit an den Bahnhöfen möglichst kurz bleibt.

Flächendeckendes Netz statt einzelner Prestigeprojekte

„Der beste Hochgeschwindigkeitszug nützt nichts, wenn man zu lange braucht, um zu ihm zu gelangen“, sagt Tadej Brezina. Auf besonders gut ausgebauten Strecken (etwa zwischen Wien und St. Pölten) erreicht man heute eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 148 km/h, durch einen weiteren Ausbau wären theoretisch auch 220 km/h möglich. Regionalbahnen in Österreich hingegen fahren mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 40 km/h, andere Verkehrsmittel wie Busse, U-Bahn oder Straßenbahnen sind noch deutlich langsamer.

„In den öffentlichen Verkehr zu investieren ist eine gute Idee. Aber man muss sich genau ansehen, welche Maßnahmen am meisten Nutzen bringen“, meint Tadej Brezina. Ob sich die Fahrtdauer eher durch schnellere Fernzüge oder durch schnellere regionale Zubringer senken lässt, hängt davon ab, wie weit der Weg zum hochrangigen Schienennetz ist. Brezina und Knoflacher sammelten Daten über das österreichische Bahnnetz und berechneten daraus verschiedene Szenarien für mögliche Verbesserungen.

Wer nicht gleich beim Bahnhof wohnt, profitiert eher vom Regionalverkehr
Über 90% der Zugfahrten sind kürzer als 150 km, gerade Berufspendler legen oft recht kurze Strecken zurück. Bei Wegstrecken dieser Größenordnung hält sich der Nutzen eines Hochleistungsstrecken-Ausbaus in Grenzen: „Wenn man weiter als zehn Kilometer vom nächsten Hochgeschwindigkeits-Bahnhof entfernt wohnt, bringt eine Steigerung der Zubringergeschwindigkeit in den allermeisten Fällen mehr als ein Ausbau der Hochgeschwindigkeitsstrecke“, erklärt Tadej Brezina.

Zwar kann sich durch einen Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes auch die typische zurückgelegte Weglänge ändern – etwa, wenn manche Leute dann doch den Zug statt des Flugzeugs wählen. Doch unabhängig davon wird der Kurz- und Mittelstreckenverkehr immer den Großteil der Fahrten ausmachen. Und für diese Strecken kann die Aufwertung des Schienennetzes sogar kontraproduktiv sein – nämlich dann, wenn die schnelleren Züge an manchen Bahnhöfen gar nicht mehr halten und die Reisenden aus diesem Gebiet eine noch weitere Strecke mit langsameren Verkehrsmitteln zurücklegen müssen.

Eine weitere Möglichkeit, die Reisedauer spürbar zu verkürzen ist eine bessere Abstimmung der Fahrpläne. „Man könnte hier die Schweiz als Vorbild wählen: Dort fahren viele Züge genau aufeinander abgestimmt im Stunden- oder Halbstundentakt“, sagt Tadej Brezina. „Empfehlenswert wäre es auch den öffentlichen Verkehr in Österreich über die neun einzelnen Verkehrsverbünde hinweg noch weiter zu integrieren, etwa über eine schon oftmals andiskutierte, aber nie umgesetzte gesamtösterreichische Netzkarte.“


Rückfragehinweis:
Dipl.-Ing. Tadej Brezina
Institut für Verkehrswissenschaften
Technische Universität Wien
Gusshausstraße 28-30, 1040 Wien
T: +43-1-58801-23127
<link>tadej.brezina@tuwien.ac.at 

Aussender:
Dr. Florian Aigner
Büro für Öffentlichkeitsarbeit
Technische Universität Wien
Operngasse 11, 1040 Wien
T: +43-1-58801-41027
<link>florian.aigner@tuwien.ac.at