News

Orangenschalen zum Anziehen

Aus einem nachwachsenden und leicht verfügbaren Abfallprodukt ein hochwertiges Endprodukt wie Polyester zu erzeugen, ist das Ziel eines neuen Syntheseverfahrens, das derzeit an der TU Wien entwickelt wird.

Anna Ressmann, Nikolin Oberleitner und Florian Rudroff (v.l.n.r.)

1 von 2 Bildern oder Videos

Anna Ressmann, Nikolin Oberleitner und Florian Rudroff (v.l.n.r.)

Anna Ressmann, Nikolin Oberleitner und Florian Rudroff (v.l.n.r.)

Illustration des Syntheseverfahrens

1 von 2 Bildern oder Videos

Illustration des Syntheseverfahrens

Illustration des Syntheseverfahrens

Polyester ist ein vielseitig einsetzbarer Ausgangsstoff in der Industrie, beispielsweise in der Erzeugung von Membranen oder Gewand. Derzeit wird es allerdings überwiegend aus Erdöl gewonnen, was einer nachhaltigen Herstellung nicht entgegen kommt. Dr. Florian Rudroff und sein Team – Dr. Nikolin Oberleitner und Dr. Anna Ressmann – vom Institut für Angewandte Synthesechemie der TU Wien (FG Prof. Mihovilovic) haben in einem Kooperationsprojekt mit der Forschungsgruppe Prof. Gärtner/Privatdoz. Schröder aufgezeigt, wie die nachhaltige Herstellung eines Polyestergrundbaustoffs funktionieren könnte.

Man nehme: Orangenschalen
Orangen schmecken nicht nur köstlich, sie verfügen auch über einen typischen Geruch. Für diesen Geruch ist der Aromastoff Limonen verantwortlich. Es ist ein flüchtiger Stoff in der Schale der Frucht, wobei die durchschnittliche Orangenschale etwa 4-7% Limonen enthält. Um Limonen für eine weitere Verwendung zu gewinnen, muss es aus der Schale gelöst werden. "Wir haben unterschiedlichste Varianten der Extraktion untersucht, um die effektivste für uns zu finden", erklärt Dr. Rudroff. "Limonen ist auch als Ausgangsstoff am Markt erhältlich, wir wollten aber ein ebenso hochwertiges Ausgangsmaterial direkt aus dem Abfallprodukt Orangenschale gewinnen." Um dann das Limonen schrittweise zum gewünschten Produkt umzusetzen, bedarf es spezieller Enzyme, die als Biokatalysatoren fungieren. Um die Enzyme zum Einsatz zu bringen, werden sie gentechnisch in zwei Bakterienarten eingebracht, nämlich in P. putida und E. coli und dort dann produziert. Als zielführende Extraktions- und direkt anschließende Umsetzungsmethode stellte sich heraus, die geschnittenen Orangenschalen in einer wässrigen Pufferlösung mit den Bakterien zu geben und bei Zimmertemperatur über 12 bis 14 Stunden zu schütteln. Die Bakterien setzen dabei schrittweise, in einer sogenannten Kaskadenreaktion, das Limonen in den Grundbaustein für Polyester um. Je nachdem welche Enzyme man verwendet, kann man unterschiedliche Eigenschaften in die nachfolgenden Polymere einbringen. Neben der nachhaltigen Möglichkeit der Synthese eines Polyesters war es auch wichtig zu zeigen, dass dies überhaupt möglich ist. Limonen kann chemisch nur sehr schwer modifiziert werden, was es als Ausgangsstoff für die Industrie kaum interessant macht. "Unser nächster Schritt ist, dass wir nur mehr ein Bakterium für die komplette Umsetzung brauchen. Damit wäre dieses Syntheseverfahren dann auch für eine etwaige industrielle Anwendung interessant", gibt sich Rudroff zuversichtlich.

Originalpublikation:
Nikolin Oberleitner, Anna K. Ressmann & Florian Rudroff et al.:
From waste to value – direct utilization of limonene from orange peel in a biocatalytic cascade reaction towards chiral carvolactone.
Green Chem. 2017, 19, 367-371 DOI: 10.1039/C6GC01138A.

 

Illustration des Syntheseverfahrens - Copyright: Reproduced from Green Chem. 2017,19 with permission from the Royal Society of Chemistry.