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Mobilität neu denken – Nachbericht zum 17. TU Forum

Elektrisch? Öffentlich? Oder weiterhin mit fossilen Brennstoffen? Beim 17. TU Forum wurde an der TU Wien diskutiert, wie sich unsere Mobilität in Zukunft entwickeln wird.

Wir holen Erdöl aus dem Boden und füllen fossile Brennstoffe in tonnenschwere Autos, um damit einzelne Menschen zu transportieren – technisch betrachtet ist das keine besonders effiziente Vorgehensweise. Im „TU-Forum“, einer Diskussionsveranstaltung der TU Wien, wurde am 11. Juni diskutiert, wie unsere Mobilität in Zukunft aussehen soll. Ändern wird sich jedenfalls vieles – darüber bestand Einigkeit.

Am Podium saßen Reinhard Haas, Harald Frey und Peter Hofmann (alle TU Wien), Anne-Katrin Ebert (Technisches Museum Wien) und Michael Lichtenegger (Neue Urbane Mobilität Wien GmbH). Moderiert wurde die Veranstaltung von Timo Völker (Die Presse).

Berücksichtigt man die Inflation, dann ist Treibstoff in den letzten Jahrzehnten immer billiger geworden, rechnet der Energieökonom Reinhard Haas vor. Aus seiner Sicht sind die Kosten der individuellen Mobilität einfach zu gering, um die Bevölkerung zum Umsteigen auf Alternativen zu bewegen. Eine CO2-basierte Steuer könnte hier ein Umdenken einleiten.

Auch der Verkehrsplaner Harald Frey sieht politischen Handlungsbedarf: Er weist darauf hin, dass individuelle Mobilität heute indirekt massiv subventioniert wird – beispielsweise indem man im öffentlichen Raum Parkplatzflächen zur Verfügung stellt: „Wenn ich ein Surfbrett auf die Straße lege, dann ist das illegal – parke ich ein Auto darunter, dann darf ich das.“ Der Individualverkehr beeinflusst auch die Stadtentwicklung, er führt dazu, dass die Wege immer länger werden. Arbeits- und Wohngebiete entfernen sich voneinander, die Reisegeschwindigkeiten steigen, doch die Fahrtzeiten werden länger. Die hohe Lebensqualität der Stadt Wien hat nicht zuletzt mit dem jahrelangen Bemühen zu tun, die Abhängigkeit vom Auto zu reduzieren, betont Frey.

Michael Lichtenegger (Neue Urbane Mobilität Wien GmbH) sieht die Entwicklung hin zu einer moderneren Mobilität als Mix verschiedener Maßnahmen: Es wird in Zukunft weniger Autos, weniger Parkplätze und mehr öffentlichen Nahverkehr geben. In großen Städten ist es einfacher, öffentliche Verkehrsmittel zu forcieren, in ländlichen Gebieten wird der Individualverkehr wohl weiterhin unverzichtbar bleiben.

Ist ein Umstieg auf Elektromobilität ein sinnvolles Ziel? Der Automobiltechniker Peter Hofmann gibt zu bedenken, dass Elektroautos nicht grundsätzlich umweltfreundlicher sind als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, zumindest so lange ein großer Teil des elektrischen Stroms durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe erzeugt wird. Außerdem hat es in den letzten Jahrzehnten drastische Verbesserungen beim Schadstoffausstoß und in der Effizienz von Verbrennungsmotoren gegeben.

Die Historikerin Anne-Katrin Ebert beschäftigt sich im Technischen Museum Wien mit der Entwicklung des Automobils. Der Verbrennungsmotor sei nicht immer so dominant gewesen wie heute, berichtet sie. Anfangs wurden Dampfmaschinen oder Elektrofahrzeuge durchaus als realistische Konkurrenz zum Benzin-Auto gesehen. Um zu verstehen, warum sich der Verbrennungsmotor durchgesetzt hat, muss man auch bedenken, dass Autofahren ein sinnliches Erlebnis ist, dass Fahrzeuge eine Art Spielzeug für Erwachsene sein können, dass kraftvolle, aufheulende Motoren die Sehnsucht nach dem Abenteuer vermitteln. Mit rein technisch-rationalen Argumenten kann man das Phänomen Auto nicht verstehen, meint Ebert.

Die Diskussionsveranstaltung fand an einem Ort statt, der selbst für moderne Technologie und Umweltbewusstsein gleichermaßen steht und ein bewohnbares Forschungsprojekt darstellt – im „TU The Sky“-Konferenzsaal, im elften Stock des Plus-Energie-Bürohochhauses der TU Wien. Es ist das weltweit erste Bürohochhaus, das mehr Energie ins Stromnetz speist als für Betrieb und Nutzung benötigt wird.


Das nächste TU Forum widmet sich der Frage, wie Roboter unseren Alltag in Zukunft verändern werden.
Ort & Zeit: 24. September 2015, 19h, 4., Gusshausstraße 25-27