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Mein Covid-19-Semester: Programmieren, beraten, singen

Sebastian Steiner ist Student im Masterstudium "Software Engineering & Internet Computing" und studentischer Mitarbeiter im Fachbereich PR und Marketing. Eine Alltagsbeschreibung aus seinem Covid-19-Betrieb.

Sebastian Steiner vor dem Computer

© Lukas Nemeth

Als wir letztes Silvester auf das Jahr 2020 angestoßen haben, konnte wohl niemand ahnen, wie herausfordernd es für uns alle werden würde. Als Student habe ich das auch in meinen Lehrveranstaltungen gespürt. Der Umstieg auf Online-Formate hat nicht überall auf Anhieb geklappt. Für viele meiner Lehrveranstaltungen wurden aber gute Lösungen gefunden: So wurden Abgabegespräche von der Favoritenstraße in Zoom verlegt, Konzepte für Online-Prüfungen entwickelt und Fragen in TUWEL werden um einiges schneller beantwortet als bisher gewohnt. Worüber ich mich persönlich am meisten freue ist, dass die Onlinetermine in den meisten Fällen aufgenommen und zum Nachschauen angeboten werden. Das bringt mir mehr Flexibilität im Alltag.

Sollte trotz aller Bemühungen etwas nicht ganz so rund laufen, reagieren die meisten Vortragenden auf Feedback sehr konstruktiv und dankbar. Von einigen Kommiliton_innen und Bekannten höre ich leider immer wieder, dass sie Angst haben, etwas zu sagen oder zu melden, weil sie negative Konsequenzen befürchten. Dafür gibt es aber zum Glück seit einiger Zeit über den Briefkasten, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster Rückendeckung aus dem Vizerektorat Studium und Lehre, über die ich sehr froh bin.

Vom Distance Learning direkt ins Home Office

Neben meinem Studium bin ich studentischer Mitarbeiter im Fachbereich PR und Marketing der TU Wien und arbeite im Projekt Websiterelaunch. Alle meine Aufgaben kann ich von zu Hause aus erledigen und mein Dienstnotebook hatte ich beim ersten Lockdown durch einen glücklichen Zufall bei mir: Am Mittwoch, den 11. März 2020 kehrte ich von einer Weiterbildung aus Deutschland zurück nach Wien – und somit direkt ins Home Office. Ich persönlich empfinde es als sehr angenehm, von zu Hause aus arbeiten zu können. Der Austausch mit den Kolleg_innen kommt über Telefon, TUchat und regelmäßige Videokonferenzen dabei nicht zu kurz.

Mein Home Office Arbeitsplatz und mein Distance Learning Lernplatz befinden sich am selben Schreibtisch. Dadurch funktioniert der Wechsel zwischen diesen Lebensbereichen recht rasch. Es besteht jedoch immer wieder die Gefahr, dass die Grenzen verschwimmen. Da muss ich mich regelmäßig an der Nase nehmen.

Alltag neu

Anfangs war mir nicht bewusst, dass mir der Weg vom Büro in den Hörsaal oder nach Hause fehlen würde. Durch das viele Sitzen vor dem PC hat sich jedoch bald ein Bewegungsdefizit bemerkbar gemacht. Ich wurde durch das Home Office und das Distance Learning aus zwei meiner drei gewohnten Umfelder herausgerissen und im dritten eingesperrt. Psychisch war das sehr bald belastend, da ich dadurch den ganzen Tag nur denselben Reizen ausgesetzt war. Meine Großmutter hatte mich ja schon als Kind vor den "viereckerten Augen" gewarnt.

Gemeinsam mit Freund_innen, die dieselben Probleme hatten, habe ich deshalb eine Online-Yoga-Gruppe gegründet. Wir treffen uns zwei bis drei Mal wöchentlich und gönnen uns für etwa eine Stunde eine sportlicher Auszeit vom Alltag. Um auch an die frische Luft zu kommen, versuche ich fast täglich mindestens eine halbe Stunde spazieren zu gehen und nutze diese Zeit auch zum "digital detoxing".

Mein Lebensgefährte und ich halten uns sehr strikt an die Ausgangsbeschränkungen. Dadurch haben wir uns Ende März trotz Zweisamkeit ein wenig einsam gefühlt. Hier hat es uns sehr geholfen, sich regelmäßig online mit Freund_innen zu treffen, um ein bisschen das Gefühl der Normalität zu erhalten. Gleichzeitig war es gut, dadurch den Alltag zu strukturieren.

Distance Singing

Eine weitere wichtige Quelle, die mir Kraft gibt, ist der TU Wien Chor, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster. Als Mitglied des Vorstandes stand ich mit meinen Kolleg_innen im März vor einer gewaltigen organisatorischen und logistischen Aufgabe: Dem Umstieg auf "Distance Singing". Binnen kurzer Zeit haben wir unsere wöchentlichen Proben auf ein Online-Format umgestellt. Mit unserem Wohnzimmerkonzert im Juli, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster ist uns trotz aller Widrigkeiten ein erfolgreicher Semesterabschluss gelungen.

Im Distance Singing – wie auch im Distance Learning – geht die soziale Komponente leider zu einem großen Teil verloren. So haben wir seit März leider einige aktive Mitglieder verloren. Das zeigt für mich, dass Distanz-Formate einfach nichts für jede_n sind. Letzten Endes tröstet mich aber der Gedanke, dass wir alle gemeinsam durch diese Pandemie gehen und es auch gemeinsam schaffen werden.