News

Licht aus neuartigen Teilchenzuständen

Eine neue Art von Leuchtdiode wurde an der TU Wien entwickelt: In dünnen Schichten aus nur wenigen Atomlagen kann man mit Hilfe exotischer "Exzitonencluster" Licht erzeugen.

Das Exzitonen-Team: Aday Molina Mendoza, Matthias Paur, Thomas Müller (v.l.n.r.)

1 von 3 Bildern oder Videos

Das Exzitonen-Team

Aday Molina Mendoza, Matthias Paur, Thomas Müller (v.l.n.r.)

Die ultradünne Atomschicht wird zur Leuchtdiode

1 von 3 Bildern oder Videos

Leuchtdiode

Die ultradünne Atomschicht wird zur Leuchtdiode

Ein System aus atomar dünnen Materialschichten erzeugt Licht, wenn man es mit passenden Spannungspulsen versorgt.

1 von 3 Bildern oder Videos

Mit Spannungspulsen versorgt

Ein System aus atomar dünnen Materialschichten erzeugt Licht, wenn man es mit passenden Spannungspulsen versorgt.

Wenn Teilchen eine Bindung eingehen, entstehen normalerweise Atome oder Moleküle – zumindest wenn das im freien Raum passiert. Im Inneren eines Festkörpers lassen sich noch viel exotischere Bindungszustände herstellen.

Diesen Umstand konnte man nun an der TU Wien nutzbar machen: In extrem dünnen Materialschichten aus Wolfram und Selen oder Schwefel wurden durch das Anlegen elektrischer Pulse sogenannte "Exzitonencluster" erzeugt. Dabei handelt es sich um exotische Bindungszustände aus Elektronen und "Löchern" im Material. Diese Exzitonencluster können anschließend in Licht umgewandelt werden. So entsteht eine neuartige Form von Leuchtdiode, bei denen man die Wellenlänge des gewünschten Lichts sehr präzise steuern kann. Publiziert wurde dieses Ergebnis nun im Fachjournal "Nature Communications".

Elektronen und Löcher

In einem Halbleitermaterial kann elektrische Ladung auf zwei unterschiedliche Arten transportiert werden: Einerseits können Elektronen von Atom zu Atom quer durch das Material wandern – sie tragen negative Ladung mit sich. Andererseits kann es auch passieren, dass irgendwo ein Elektron fehlt – dann ist diese Stelle positiv geladen und man spricht man von einem "Loch". Wenn ein Elektron aus einem Nachbaratom nachrückt und das Loch füllt, hinterlässt es an seinem ehemaligen Platz gleich wieder ein Loch. So können Löcher ähnlich wie Elektronen durch das Material wandern, allerdings in umgekehrter Richtung.

"Unter bestimmten Umständen können sich Löcher und Elektronen aneinander binden", sagt Prof. Thomas Müller vom Institut für Photonik (Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik) an der TU Wien. "Ähnlich wie in einem Wasserstoffatom ein Elektron um den positiv geladenen Atomkern kreist, kann im Festkörper ein Elektron um das positiv geladene Loch kreisen."

Sogar kompliziertere Bindungszustände sind möglich – sogenannte Trionen, Biexzitonen oder Quintonen, an denen drei bis fünf Bindungspartner beteiligt sind. "Das Biexziton ist beispielsweise das Exziton-Äquivalent zum Wasserstoffmolekül H2", erklärt Thomas Müller.

Zweidimensionale Schichten

In den meisten Materialien sind solche Bindungszustände höchstens bei extrem tiefen Temperaturen knapp am absoluten Nullpunkt möglich. Doch in sogenannten "zweidimensionalen Materialien", die nur aus atomar dünnen Schichten bestehen, sieht die Sache anders aus. Das Team der TU Wien, an dem auch Matthias Paur und Aday Molina-Mendoza beteiligt waren, erzeugte eine ausgeklügelte Sandwich-Struktur, in der eine dünne Schicht aus Wolframdiselenid oder Wolframdisulfid zwischen zwei Bornitrid-Schichten eingesperrt wird. Mit Hilfe von Elektroden aus Graphen kann an dieses ultradünne Schichtsystem eine elektrische Spannung angelegt werden.

"In so einem Schichtsystem haben die Exzitonen eine viel höhere Bindundungsenergie als in herkömmlichen Festkörpern und sind daher deutlich stabiler. Sogar bei Zimmertemperatur lassen sich noch einfache Bindungszustände aus Elektronen und Löchern nachweisen. Bei tiefen Temperaturen kann man große, komplizierte Exzitonencluster messen", berichtet Thomas Müller. Je nachdem, wie man das System mit Hilfe kurzer Spannungspulse mit elektrischer Energie versorgt, kann man unterschiedliche Exzitonencluster erzeugen. Wenn diese Cluster dann wieder zerfallen, setzen sie Energie in Form von Licht frei, dadurch funktioniert das ausgeklügelte Schichtsystem als Leuchtdiode.

"Unser leuchtendes Schichtsystem ist nicht nur eine großartige Möglichkeit, Exzitonen zu studieren, sondern auch eine neuartige Lichtquelle", sagt Matthias Paur, Erstauthor der Studie. "Wir haben damit nun eine Leuchtdiode, deren Wellenlänge man gezielt beeinflussen kann – und zwar auf sehr simple Weise, einfach durch die Form des angelegten elektrischen Pulses."

 

Kontakt:

Prof. Thomas Müller
Institut für Photonik
Technische Universität Wien
T: +43-1-58801-38739
thomas.mueller@tuwien.ac.at

Aussender:

Dr. Florian Aigner
PR und Marketing
Technische Universität Wien
Resselgasse 3, 1040 Wien
T: +43-1-58801-41027
florian.aigner@tuwien.ac.at