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Katalyse, die unter die Haut geht

ForscherInnen am Institut für Materialchemie haben gemeinsam mit KollegInnen der Universität Innsbruck und des Fritz-Haber-Instituts (Berlin) den Mechanismus der Wasserstoff-Erzeugung auf Palladium-Zink(PdZn)-Katalysatoren aufgeklärt.

“Subsurface-Chemie” bestimmt katalytische Selektivität: Die atomare und elektronische Struktur und Rauhigkeit (Korrugation) einer einzigen PdZn Atomlage ist deutlich verschieden von jener einer ca. 4 Lagen dicken PdZn Legierung, trotz identischer Oberflächenzusammensetzung (Pd:Zn=1:1). Dies beeinflusst entscheidend die bifunktionale katalytische Selektivität zu Wasserstoff und Kohlendioxid bzw. Kohlenmonoxid.

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“Subsurface-Chemie” bestimmt katalytische Selektivität: Die atomare und elektronische Struktur und Rauhigkeit (Korrugation) einer einzigen PdZn Atomlage ist d

“Subsurface-Chemie” bestimmt katalytische Selektivität: Die atomare und elektronische Struktur und Rauhigkeit (Korrugation) einer einzigen PdZn Atomlage ist deutlich verschieden von jener einer ca. 4 Lagen dicken PdZn Legierung, trotz identischer Oberflächenzusammensetzung (Pd:Zn=1:1). Dies beeinflusst entscheidend die bifunktionale katalytische Selektivität zu Wasserstoff und Kohlendioxid bzw. Kohlenmonoxid.

Oberflächenchemie und Katalyse im Ultrahochvakuum und bei Atmosphärendruck. Analytik mittels PM-IRAS, XPS und weiteren „Surface Science“ Methoden. Dr. Christian Weilach (links), Prof. Günther Rupprechter (rechts).

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Oberflächenchemie und Katalyse im Ultrahochvakuum und bei Atmosphärendruck. Analytik mittels PM-IRAS, XPS und weiteren „Surface Science“ Methoden. Dr. Christian Weilach (links), Prof. Günther Rupprechter (rechts).

Oberflächenchemie und Katalyse im Ultrahochvakuum und bei Atmosphärendruck. Analytik mittels PM-IRAS, XPS und weiteren „Surface Science“ Methoden. Dr. Christian Weilach (links), Prof. Günther Rupprechter (rechts).

Wasserstoff ist einer der zukunftsträchtigsten Energieträger. Um Probleme mit H2-Speicherung und Transport zu vermeiden, solle Wasserstoff am besten „on-site“ (vor Ort) oder „on-board“ von Fahrzeugen erzeugt werden, beispielsweise durch Dampfreformierung von (Bio-)Alkohol an geeigneten Katalysatoren (CH3OH + H2O → 3 H2 + CO2). Ein Schlüsselpunkt ist, dass die Reaktion mit hoher Selektivität zu Wasserstoff und Kohlendioxid verläuft, d.h. dass das unerwünschte Nebenprodukt Kohlenmonoxid (CO) nicht gebildet wird (CO ist ein Gift für Brennstoffzellen und umweltschädlich).

ForscherInnen am Institut für Materialchemie (Bereich Oberflächenchemie und Katalyse) ist es nun gemeinsam mit KollegInnen der Universität Innsbruck und des Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin gelungen, einen hochselektiven Katalysator auf der Basis von PdZn-Legierungen zu entwickeln und wichtige Struktur-Reaktivitäts-Beziehungen aufzuklären. Durch den Einsatz moderner oberflächenanalytischer „Surface Science“ Methoden konnte das komplexe konzertierte Wechselspiel zwischen der atomaren/elektronischen Struktur, der Zusammensetzung, und Oberflächenrauhigkeit (Korrugation) des Katalysators mit seiner katalytischen Selektivität entschlüsselt werden. Die Wiener Gruppe setzte v.a. polarisationsmodulierte Infrarotspektroskopie (PM-IRAS) und Röntgenphotoemissionsspektroskopie (XPS) ein.

Der selektivste Katalysator, der nur Wasserstoff und CO2 erzeugt (und kein CO), ist eine mehrere atomare Lagen dicke 1:1 PdZn Legierung, die noch dazu die richtige Korrugation aufweisen muss (mit Zn Atomen etwas „oberhalb“ der Pd Atome). Durch den Einfluss der darunter liegenden PdZn Schicht wird die elektronische Struktur der Oberfläche dann soweit verändert, dass Aktivierung von Wasser überhaupt erst möglich wird. Im Gegensatz dazu erzeugt eine einzige atomare Lage (Monolage) von PdZn (auf Palladium) trotz identischer Oberflächen-Zusammensetzung ausschließlich CO, was über die fehlenden PdZn Lagen „unter der Oberflächenhaut“ und die dadurch fehlende Korrugation und elektronische Modifikation erklärt werden kann. Besonders wichtig zur Analyse waren in situ XPS Messungen (d.h. während der laufenden Reaktion) am Synchrotron BESSY II in Berlin.

Mit dieser Arbeit gelang es wohl erstmals, die Selektivität einer anspruchsvollen technisch interessanten Reaktion auf einem komplexen bifunktionalen Katalysator auf molekularer Ebene anhand von Ensemble- und Ligandeneffekten zu verstehen, noch dazu in situ am aktiven Katalysator unter technisch relevanten Bedingungen.

Die Arbeit erscheint in der internationalen Ausgabe der renommierten Zeitschrift „Angewandte Chemie“ (Rameshan et al., Angew. Chem. Int. Ed. 49 (2010) 3224-3227 (“Subsurface-controlled CO2-selectivity of PdZn near-surface alloys in H2 generation by methanol steam reforming”) und ebenso in der deutschen Edition (122 (2010) 3292-3296).

Laufende Arbeiten am Institut für Materialchemie, u.a. im Rahmen eines EU FP7 Marie Curie Projektes, versuchen dieses Know-how auf industrielle Katalysatoren anzuwenden.

Nähere Informationen
Univ.-Prof. Dr. Günther Rupprechter
Institut für Materialchemie
Technische Universität Wien
Veterinärplatz 1, 1210 Wien
T: +43-1-25077-3801  
<link>grupp@imc.tuwien.ac.at
<link http: www.imc.tuwien.ac.at>

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