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In-vivo-Chemie für die Krebstherapie

Dennis Svatunek kombiniert Computersimulationen und Chemie, um Krebstherapien zu verbessern. Ausgezeichnet wurde er dafür mit dem diesjährigen Theodor Körner Preis.

Dennis Svatunek, auf dem Bildschirm neben ihm ist eine Molekülstruktur zu sehen.

Dennis Svatunek im Labor

Modernste Technologien ermöglichen es, Moleküle durch In-vivo-Chemie am Ort des Geschehens zu verbinden oder freizusetzten, so auch in biologischen Umgebungen. Natürliche biochemische Prozesse, die in lebenden Systemen stattfinden, werden davon nicht beeinträchtig. Einsatz findet die Technologie, die auch als bioorthogonale Chemie bezeichnet wird, unter anderem in der Krebstherapie und -diagnostik.

Gezielte Behandlung von erkranktem Gewebe

Der Vorteil der In-vivo-Chemie ist, dass Wirkstoffe an das Zielgewebe, in diesem Fall Krebszellen, binden können, und erst dort ihre Wirkung entfalten. Die Reaktion erfolgt folglich lokal, wodurch die Wirksamkeit gesteigert und Nebenwirkungen verringert werden. Ebenfalls möglich ist, dass der Wirkstoff am Zielort freigesetzt oder auch direkt vor Ort aus zwei Komponenten zusammengesetzt wird.

Damit dies gelingt, müssen die chemischen Reaktionen sehr effizient sein, was heißt, dass sie hoch selektiv und schnell ablaufen müssen. Ebenfalls notwendig ist, dass die Ausgangsstoffe eine hohe Stabilität aufweisen. „Erhöht man nun die Reaktionsgeschwindigkeit, führt das meist zu einem Stabilitätsverlust der Reaktionspartner. Daher möchte ich Wege finden, die Reaktivität zu erhöhen, ohne die Stabilität zu verringern“, sagt Dennis Svatunek. Gelingen soll ihm dies mit Computersimulationen, die auf quantenmechanischen Methoden basieren. Durch Simulationen ist es möglich, die zugrundeliegenden chemischen Reaktionen besser zu verstehen und anschließend zu verbessern. Als Beispiel untersucht Svatunek die Reaktionen zwischen Tetrazinen und Trans-Cyclooctenen.

Neue Erkenntnisse durch Simulationen

Simuliert man chemische Reaktionen, so lassen sich Eigenschaften beobachten, die den Forschenden experimentell nicht zugänglich sind. Das durch Computerchemie gewonnene Wissen kann außerdem genutzt werden, um Reaktionen gezielt zu verbessern und schneller, umweltfreundlicher oder sicherer zu machen. Die Vorhersagen der Simulation können abschließend im Laborexperiment überprüft werden.

Dennis Svatunek fand so bereits heraus, dass, wenn die Elektronenverteilung in Molekülen manipuliert wird, die Moleküle reaktiver aber gleichzeitig instabiler werden. „Zugleich haben wir einen Weg gefunden, wie wir diesen Trade-off umgehen können. Nutzt man bestimmte strukturelle Elemente, kann man Tetrazine flexibler machen, sodass sie sich leichter verdrehen lassen. Denn damit sie eine Reaktion eingehen können, müssen sie in eine gewisse Form gebracht werden. Da bei flexibleren Molekülen hierzu weniger Energie aufgewendet werden muss, wird die Reaktion beschleunigt“, sagt Dennis Svatunek. Da die flexibleren Moleküle genau so stabil sind wie ihr natürliches Pendant, sind sie geeignete Kandidaten für den Einsatz in medizinischen Anwendungen wie der Krebstherapie.

Über den Theodor Körner Preis

Der vom Theodor Körner Fonds vergebene Preis fördert und unterstützt die österreichische Wissenschaft, Kunst und Forschung. Dennis Svatunek konnte mit Exzellenz und Originalität überzeugen, die nun auch mit einem Preis im Bereich Medizin, Naturwissenschaften und Technik anerkannt werden. Dotiert ist der Preis mit 5.000 Euro.

Kontakt

Dennis Svatunek
Forschungsgruppe Molekulare Chemie und Chemische Biologie
Technische Universität Wien
+43 1 58801 163 452
dennis.svatunek@tuwien.ac.at

Text: Sarah Link