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Heißer Sommer für das Quark-Gluon-Plasma in Wien

Um zu erkennen, was die Welt im Innersten zusammenhält: Eingeladen von theoretischen Physikern der Technischen Universität (TU) Wien versammeln sich international führende Forscherpersönlichkeiten der Teilchenphysik und Stringtheorie zu einem Symposium am Erwin-Schrödinger-Institut in Wien.

Prof. Anton Rebhan

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Quarks werden normalerweise durch Gluonen verbunden und ergeben gemeinsam Teilchen - etwa Protonen (links). Bei extremen Temperaturen können Quarks und Gluonen in einen Zustand übergehen, in dem sie nicht mehr fest aneinander gebunden sind (rechts).

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Quarks werden normalerweise durch Gluonen verbunden und ergeben gemeinsam Teilchen - etwa Protonen (links). Bei extremen Temperaturen können Quarks und Gluonen in einen Zustand übergehen, in dem sie nicht mehr fest aneinander gebunden sind (rechts).

Quarks werden normalerweise durch Gluonen verbunden und ergeben gemeinsam Teilchen - etwa Protonen (links). Bei extremen Temperaturen können Quarks und Gluonen in einen Zustand übergehen, in dem sie nicht mehr fest aneinander gebunden sind (rechts).

Wien (TU). – In der Teilchenphysik ereignen sich ungeahnte Umwälzungen. Erstaunliche Verbindungen zwischen Gravitationsphysik und Teilchenphysik entstehen. Forscherinnen und Forscher entschlüsseln nun mit neuentdeckten Methoden die seltsamen Eigenschaften extrem heißer Materiezustände, wie sie etwa am CERN in Genf erzeugt werden. An der TU Wien forscht Prof. Anton Rebhan mit seinem Team an diesen fundamentalen Fragen. Ihm ist es nun gelungen, einige der führenden Köpfe dieses Fachbereichs zu einem Symposium nach Wien zu holen.

Teilchen sind leicht, Gravitation ist schwer

Normalerweise wird die Physik der Elementarteilchen mit Quantenfeldtheorien beschrieben. In ihnen werden Teilchen als punktförmige Objekte behandelt, gleichzeitig aber auch als Schwingungsfelder dargestellt, die den gesamten Raum ausfüllen. „Diese Theorien beschreiben das Verhalten von Elementarteilchen mit ungeheurer Präzision – der Erfolg der Quantenfeldtheorien wird allerdings durch das Problem getrübt, dass es nie gelungen ist, sie mit der Gravitationstheorie von Einstein in Einklang zu bringen“, erklärt Prof. Rebhan. Seit den Siebzigerjahren wurden alternativ dazu Stringtheorien entwickelt, in der Hoffnung, eine allumfassende Theorie zu erhalten, die Teilchenphysik und Gravitation vollständig verknüpft. In den Stringtheorien sind Teilchen nicht mehr punktförmig, sie haben stattdessen Eigenschaften winziger schwingender Saiten (Strings) oder mehrdimensionaler Membranen (Branes). Stringtheorien erlauben die Berücksichtigung der Gravitation, allerdings müssen sie immer höherdimensional formuliert werden – mit mehr als den drei Raumdimensionen, die wir um uns erleben. Das ist nur einer der Gründe für ihre außerordentliche mathematische Komplexität.

Die Teilchenphysik als Hologramm

Die rechnerisch nur schwer beherrschbare Stringtheorie lässt sich (in speziellen Grenzfällen) auf eine Gravitationstheorie in fünf Raumzeit-Dimensionen zurückführen. Überraschenderweise stellte man fest, dass in den geometrischen Konstruktionen der fünfdimensionalen Gravitationstheorie Abbildungen auftreten,  die alle Eigenschaften von stark wechselwirkenden Quantenfeldtheorien in vier Dimensionen (drei Raumdimensionen und die Zeitdimension) wiedergeben. – Ähnlich wie ein Hologrammbild, das ein komplettes dreidimensionales Objekt zeigt, obwohl es eigentlich nur ein zweidimensionales Bild ist.

„Es stellt sich heraus, dass Theorien, die zur Beschreibung von Schwarzen Löchern und anderen Gravitationsphänomenen entwickelt wurden, Auskunft über die Theorie der Elementarteilchen geben können – und umgekehrt“ meint Prof. Rebhan. Die Theorien liefern Vorhersagen zu physikalischen Fragen, für die sie gar nicht gemacht wurden. Das ist zunächst ähnlich überraschend als würde man  ein Astronomielehrbuch erfolgreich dafür verwenden, einen DVD-Player zu reparieren – doch der Nutzen dieser Methode lässt sich nicht leugnen: Die Korrespondenz zwischen Stringtheorien und Quantenfeldtheorien bringt ständig neue Ergebnisse und Vorhersagen hervor, deren Richtigkeit sich im Experiment überprüfen lässt.

Die flüssigste Flüssigkeit der Welt


Prof. Rebhan beschäftigt sich mit Teilchen in einem besonders heißen Zustand, dem Quark-Gluon-Plasma, das Sekundenbruchteile nach dem Urknall das Universum ausgefüllt hat. Heute existiert es höchstens noch im Inneren von extrem dichten Sternen oder bei Atomkollisionen in Teilchenbeschleunigern, etwa am CERN (Genf) oder im Relativistic Heavy-Ion-Collider RHIC (Brookhaven, New York). Bei diesen Experimenten stellte sich heraus, dass sich das Quark-Gluon-Plasma wie eine Flüssigkeit verhält. Die Viskosität – ein Maß für die Zähflüssigkeit einer Substanz – ist dabei im Quark-Gluon-Plasma um Größenordnungen geringer als in allen Flüssigkeiten, die bisher beobachtet wurden. Das Quark-Gluon-Plasma ist gewissermaßen die mit Abstand „flüssigste“ Substanz der Welt. Mit herkömmlichen Methoden konnte dieses Phänomen bisher nicht erklärt werden. „Nun stellte sich aber heraus, dass Eigenschaften wie die Viskosität mit Fluktuationen eines Schwarzen Loches in Verbindung gebracht werden können“, erklärt Prof. Rebhan. Auch hier wird also Gravitationsphysik verwendet, um Berechnungen für die Teilchenphysik zu liefern – und tatsächlich: Die Ergebnisse stimmen verblüffend gut mit den Messungen überein. Nun hofft man, dass die Korrespondenz zwischen Stringtheorien und Quantenfeldtheorien auch in anderen Bereichen hilfreich sein kann – etwa für die Beschreibung von Hochtemperatur-Supraleitern oder ultrakalten Atomen, und auch hier gibt es in der Tat schon etliche bemerkenswerte Erfolge.

Führende Kern- und TeilchenphysikerInnen treffen sich mit StringtheoretikerInnen in Wien

Einige der offenen Fragen dieses boomenden Forschungsgebietes sollen nächste Woche vom 24. bis 28. August beim Workshop „Hot Matter“ am Internationalen Erwin-Schrödinger-Institut (ESI) in Wien diskutiert werden, das im Rahmen eines mehrwöchigen Programms zu „AdS-Holographie und das Quark-Gluon-Plasma“ dort stattfindet. Prof. Rebhan organisiert dieses Programm unter anderem gemeinsam mit zwei Spitzenforschern, die ihre Karriere an der TU Wien begonnen hatten: dem Stringtheoretiker Karl Landsteiner, der seit 2003 Professor an der Universität Madrid ist, und Paul Romatschke, einem Shooting-Star der Quark-Gluon-Plasma-Physik, der nach seiner Promotion unter Prof. Rebhan an der University of Washington in Seattle forschte, bevor er dieses Jahr an das Frankfurt Institute for Advanced Studies wechselte. (Romatschke war Autor einer der entscheidenden Untersuchungen zur Viskosität des Quark-Gluon-Plasma, die mittlerweile zur meistzitierten Publikation der theoretischen Kernphysik der letzten 5 Jahre wurde.) Für das auch von der deutschen Helmholtz-Stiftung finanziell unterstützte Symposium konnten  etliche der weltweit führenden Forscherinnen und Forscher gewonnen werden, sowie auch die Sprecher von zwei großen Experimenten zur Quark-Gluon-Plasmaphysik am RHIC und am CERN. Insgesamt werden 70-80 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erwartet – man darf gespannt sein, welche neuen Überraschungen die Teilchenphysik für sie bereithält.

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Rückfragehinweis:
Technische Universität Wien
E136 - Institut für Theoretische Physik
Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr.
Anton Rebhan
T +43-1-58801-13620
F +43-1-58801-13699
<link>rebhana@tph.tuwien.ac.at
<link http: www.itp.tuwien.ac.at rebhan _blank link_intern>

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